Alleinerziehende, die sich gegenseitig unterstützen, Senioren-WGs oder alternative Wohnprojekte für junge Menschen – es gibt immer mehr Lebensmodelle jenseits der traditionellen Ehe, bei denen Personen, die nicht verwandt oder verheiratet sind, zusammenwohnen und füreinander Verantwortung übernehmen. Genau für solche „Wahlverwandtschaften“ sollte die sogenannte Verantwortungsgemeinschaft einen rechtlichen Rahmen schaffen. Das Konzept der Verantwortungsgemeinschaft war Teil eines Vorschlags der Ampelkoalition unter Scholz. Zwar hat die aktuelle Regierung das Vorhaben auf Eis gelegt, die Idee einer Verantwortungsgemeinschaft ist dennoch ein innovativer Ansatz, um die Vielfalt der Lebensformen zu würdigen. Wir geben Ihnen einen Überblick über Merkmale sowie Potenziale der Verantwortungsgemeinschaft und beantworten häufige Fragen.
Die Verantwortungsgemeinschaft als Idee: Füreinander sorgen und da sein
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Das ist eine Verantwortungsgemeinschaft
Die Verantwortungsgemeinschaft ist ein Konzept für Partnerschaften außerhalb von traditionellen Ehe- und Familienstrukturen. Sie bietet bis zu 6 Menschen, z. B. in einer Wohngemeinschaft, die Möglichkeit, sich umeinander zu kümmern.
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So könnte eine Verantwortungsgemeinschaft geschlossen werden
2 bis 6 volljährige Erwachsene könnten eine Verantwortungsgemeinschaft bilden. Eine notarielle Vereinbarung würde dabei für alle Beteiligten die persönlichen und rechtlichen Voraussetzungen schaffen.
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Formen der Verantwortungsgemeinschaft
Die Formen der Verantwortungsgemeinschaft sind vielfältig. Die Mitglieder könnten z. B. aus alleinerziehenden Müttern oder Vätern, Senioren, queeren Personen, Menschen verschiedenen Alters oder auch Menschen mit Behinderung bestehen.
Die Gesellschaft befindet sich im stetigen Wandel. Mit der Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaft im August 2001 wurde eine rechtliche Grundlage für gleichgeschlechtliche Beziehungen geschaffen, und seit Oktober 2017 gibt es die „Ehe für alle.“
In Deutschland leben jedoch immer weniger Ehepaare zusammen, wie Zahlen des Statistischen Bundesamts zeigen. Während 1993 noch rund 60 % der Erwachsenen als Ehepaare zusammenlebten, ware es 2023 nur noch 50 %: das sind etwa 35 Millionen Menschen. Gleichzeitig steigt der Anteil an Single-Haushalten immer weiter an.
1993
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2023
2023
Der Wunsch, in einer Verantwortungsgemeinschaft zu leben, wird auch von äußeren Faktoren beeinflusst. Denn besonders in Großstädten ist Wohnraum knapp und teuer. Die Mietkosten für Wohnungen variieren regional stark. Das Leben in ländlichen Gebieten ist meistens günstiger als in Großstädten. Alleinstehende müssen im Durchschnitt knapp ein Drittel ihres Einkommens für die Miete aufbringen. Da ist eine Wohngemeinschaft eine sinnvolle Alternative.
Zudem ist für Singles oder Senioren der Gedanke „Was ist, wenn mal was ist?“ mit dem Wunsch verknüpft, eine Person zu haben, die für einen da ist. Dieser Wunsch könnte durch eine Verantwortungsgemeinschaft erfüllt werden, die außerhalb von Familie und Ehe gelebt wird.
Diese Form der Lebensgemeinschaft ist besonders für Menschen geeignet, die neue Wege suchen, ihr Leben abseits traditioneller Beziehungsmodelle zu gestalten. Das könnten z. B. enge Freundschaften, queere Beziehungen, generationsübergreifende Wohnprojekte oder gemeinsames Leben in einer WG sein. Die Gemeinschaft könnte selbstbestimmt gestaltet werden.
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Gemeinsame Ressourcen nutzen
Eine Verantwortungsgemeinschaft würde die Basis für das Teilen und Koordinieren von Ressourcen bieten, wie Wohnraum, Finanzen, Pflegeleistungen oder Alltagsaufgaben. Dadurch könnten die Mitglieder wirtschaftliche und organisatorische Vorteile erzielen und nachhaltiger leben.
Auch kostspielige Anschaffungen wie ein Auto könnten geteilt und als Gemeinschaft genutzt werden. In Form einer Wohngemeinschaft würde sie daher Menschen mit begrenzten finanziellen Ressourcen mehr Spielraum in ihrer Lebensgestaltung bieten.
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Soziale Sicherheit und emotionale Unterstützung
Menschen, die nicht durch Ehe oder Verwandtschaft verbunden sind, hätten durch diese Form der Lebensgemeinschaft die Möglichkeit, füreinander da zu sein und sich gleichzeitig rechtlich abzusichern. Das könnte in bestimmten Lebenssituationen besonders wertvoll sein, etwa bei Krankheit, im Alter oder in Krisenzeiten.
Gesetzentwurf zur Verantwortungsgemeinschaft: Status quo
Der Gesetzentwurf zur Verantwortungsgemeinschaft wurde von der Ampelregierung unter Olaf Scholz 2023 im Koalitionsvertrag festgehalten. Das Ende der Koalition hat dazu geführt, dass der Gesetzesentwurf nicht mehr vorgesehen ist. Die Hauptintention der Idee war die rechtliche Absicherung für eine Gruppe von bis zu 6 erwachsenen Personen, die außerhalb von Ehe oder Familie füreinander sorgen wollen.
Das Konzept der Verantwortungsgemeinschaft sah ursprünglich vor, dass Vereinbarungen in verschiedenen Stufen erfolgen könnten. Diese Regeln, Rechte und Pflichten sollten bei einem Notartermin gemeinsam vertraglich festgelegt werden.
- In der Grundstufe sollten die Bewohner nur wenige Pflichten übernehmen, die durch die Aufbaustufe ergänzt werden könnten. Die Pflichten würden notwendige Regelungen umfassen, die an das „Bestehen der sogenannten persönlichen Nähebeziehung“ geknüpft sind. Ein Partner könnte als rechtlicher Betreuer ernannt werden, z. B. im Falle einer schweren Erkrankung. Geplant war außerdem, die Möglichkeit einer Organspende zwischen den Partnern zu erleichtern.
- Erweitert werden könnten diese Pflichten durch verschiedene Module, etwa für medizinische Notfälle, Besorgungen und finanzielle Regelungen, Pflege und Fürsorge sowie Zugewinngemeinschaften.
- Ergänzend zu dem notariellen Vertrag könnte jeder Einzelne seine persönlichen Belange rund um das eigene Vermögen in einem Testament regeln.
Eine Verantwortungsgemeinschaft hätte nicht die rechtlichen Vorteile von Ehe und Familie nutzen können. So wären für die beteiligten Personen keine automatischen steuerlichen oder erbrechtlichen Vorteile vorgesehen gewesen. Auch im Pflegefall hätten nicht automatisch Regelungen für eine Betreuung oder Vormundschaft gegolten. Diese Punkte müssten einzeln notariell geklärt und beantragt werden.
Die Grundstufe der Verantwortungsgemeinschaft
Die Aufbaustufe der Verantwortungsgemeinschaft
Verträge und Vereinbarungen schriftlich festhalten
Kommunikation und regelmäßiger Austausch
Finanzen, Pflege, Erbregelungen klären
Folgende Schwachstellen könnte es geben:
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Für die Partner einer Verantwortungsgemeinschaft bestünde keine Schutzwirkung durch das bestehende Familienrecht.
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Es gäbe keine steuerlichen Vorteile, wie zum Beispiel durch eine gemeinsame steuerliche Veranlagung.
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Die Verantwortungsgemeinschaft würde nicht vom Erbrecht profitieren. Es wäre notwendig, für die Erbregelungen ein Testament aufzusetzen. Pflichtteile von Kindern oder anderen nahen Verwandten könnten testamentarische Regelungen gefährden.
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Es könnte einen hohen Verwaltungsaufwand geben, denn jede Pflicht oder Regel müsste einzeln vertraglich festgelegt werden.
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Es könnte zu Konflikten kommen, z. B. in Beziehungen untereinander oder bezogen auf die Pflege oder das Eigentum.
Die Verantwortungsgemeinschaft ist in Deutschland derzeit lediglich eine theoretische Lebensform außerhalb von Ehe und Familie. Sie bietet die Möglichkeit, nicht nur miteinander zu leben, sondern darüber hinaus auch Verantwortung füreinander zu übernehmen.
Als Rechtsform gibt es die Verantwortungsgemeinschaft in Deutschland aktuell (noch) nicht.
Der Gesetzentwurf zur Verantwortungsgemeinschaft wurde nicht umgesetzt.
Die ursprüngliche Idee war, dass Maximal 6 erwachsene Personen ab 18 Jahren eine Verantwortungsgemeinschaft eingehen können. Das könnten z. B. Singles, Alleinerziehende, Senioren, Menschen mit Handicap oder queere Personen sein.
Die Personen, die eine Verantwortungsgemeinschaft schließen möchten, würden sich über die gewünschten Rahmenbedingungen besprechen und diese bei einem Notartermin schriftlich festlegen.
Das ist derzeit unklar. Der Gesetzentwurf befindet sich im Entwurfsstadium und wurde noch nicht verabschiedet. Nach dem Regierungswechsel ist das Konzept im Koalitionsvertrag nicht mehr vorgesehen.
Die Zahl der Senioren nimmt zu, die Lebensformen in unserer Gesellschaft verändern sich. Es könnte daher wichtig sein, bürokratische Hürden zu verringern, damit sich Menschen, die nicht familiär miteinander verbunden sind, aber gemeinsam leben möchten, besser umeinander kümmern können.
Die Verantwortungsgemeinschaft könnte bei einem Notartermin alle notwendigen Vollmachten ausstellen, darunter auch eine Vorsorgevollmacht, oder Zugangsvoraussetzungen zu privaten Vermögen schaffen, z. B. eine Kontovollmacht.
Anders als bei Familien oder Ehen gäbe es keine automatischen Vollmachten oder Vorteile. Diese müssten jeweils notariell festgelegt werden.
Die Verantwortungsgemeinschaft stünde nicht in Konkurrenz zur Ehe. Das Zusammenleben und die gegenseitige Fürsorge außerhalb von Familie und Ehe stünden im Vordergrund. Sie hätte keine Auswirkungen auf steuer-, aufenthalts- oder erbrechtliche Belange oder in Bezug auf das Sorge- und Namensrecht.
Für Freunde oder solche, die es werden wollen: maximal 6 Personen, die eine Mehrgenerationen-Wohngemeinschaft gründen wollen. Das könnten z. B. Alleinerziehende, Senioren, Menschen mit Handicap oder Singles sein. Die Verantwortungsgemeinschaft könnte zu Menschen passen, die nicht nur zusammenleben, sondern füreinander da sein möchten
Die Gründer einer Verantwortungsgemeinschaft würden selbst festlegen, welche Pflichten sie füreinander übernehmen wollen. Diese Pflichten würden bei dem Notartermin gemeinsam vertraglich festgelegt werden.
Es gäbe die Grundstufe und die Aufbaustufe – mit verschiedenen Modulen, die verschiedene Lebensbereiche betreffen: medizinische Notfälle, Besorgungen, finanzielle Regelungen, Pflege und Fürsorge sowie Zugewinngemeinschaft.
Der Gesetzentwurf wurde bisher nicht verabschiedet. Daher sind derzeit auch keine steuerlichen oder erbrechtlichen Vorteile geplant.
Der Ablauf und die Möglichkeiten einer möglichen Auflösung würden bei einem Notartermin besprochen und schriftlich festgehalten. Es könnten Regeln festgelegt werden für den Fall, dass eine einzelne Person austritt und die anderen als Verantwortungsgemeinschaft bestehen bleiben. Eine Auflösung der Gruppe oder der Austritt eines Einzelnen wäre jederzeit möglich.
Im Vergleich zur Ehe oder zu traditionellen Familienformen gäbe es einige Nachteile, da bei einer Verantwortungsgemeinschaft alles einzeln vertraglich geregelt werden müsste. Es gäbe keinen automatischen Zugang zu einer gemeinsamen Steuerveranlagung, einem gemeinsamen Sorgerecht oder Rentenansprüchen. Auch erbrechtliche Aspekte müssten einzeln geklärt werden und könnten durch Pflichtteile gefährdet werden.
Zuletzt aktualisiert: Oktober 2025
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