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Der medizinische Dienst füllt auf einem Klemmbrett ein Formular der Pflegebegutachtung aus, während die pflegebedürftige Person mit gefalteten Händen daneben sitzt.
Pflegerecht

Pflegegrad erhöhen: Antrag auf Höherstufung des Pflegegrades richtig stellen 

Wenn sich der gesundheitliche Zustand Ihres Angehörigen verschlechtert und der Pflegebedarf steigt, ist es wichtig, schnell zu handeln. Oft genügt der bisherige Pflegegrad nicht mehr, um die notwendige Unterstützung im Alltag abzudecken. In diesem Fall können Sie den Pflegegrad erhöhen lassen, indem Sie einen Antrag auf Höherstufung des Pflegegrades bei der Pflegekasse stellen. Ein höherer Pflegegrad bedeutet auch höhere Pflegeleistungen aus der Pflegeversicherung – also mehr finanzielle und organisatorische Entlastung für Sie als pflegende Angehörige.

Pflegefachkraft bespricht mit älterer Frau den aktuellen Pflegegrad

Wie stelle ich einen Antrag auf Höherstufung des Pflegegrades?

Bevor Sie den Antrag auf Höherstufung einreichen, sollten Sie prüfen, ob ein höherer Pflegegrad tatsächlich gerechtfertigt ist. Nutzen Sie dafür z. B. einen Pflegegradrechner, um die aktuelle Pflegebedürftigkeit realistisch einzuschätzen. Eine solche Ersteinschätzung hilft Ihnen, gut vorbereitet in den Prozess der Höherstufung zu gehen.

Zusätzlich können Sie eine Beratung durch Pflegesachverständige, Pflegedienste oder behandelnde Ärztinnen und Ärzte in Anspruch nehmen. Diese Fachpersonen können eine pflegefachliche Dokumentation oder ein erstes Gutachten erstellen, das beim Antrag auf Pflegegrad-Höherstufung unterstützt. Pflicht ist das nicht – der Höherstufungsantrag (auch Verschlimmerungsantrag) kann jederzeit formlos gestellt werden.

Wer kann den Höherstufungsantrag für einen höheren Pflegegrad stellen?

Der Höherstufungsantrag kann von der pflegebedürftigen Person selbst, einer bevollmächtigten Person oder einer gesetzlichen Vertretung gestellt werden. So können Sie den höheren Pflegegrad beantragen:

  • telefonisch bei der Pflegekasse
  • per E-Mail
  • schriftlich mit einem formlosen Antrag
  • über das Formular der Pflegekasse (AOK, Barmer, DAK, TK, IKK, KKH usw.)

 

Höherstufungsantrag gestellt: So läuft die Pflegegrad-Begutachtung ab

Nach Eingang des Antrags beauftragt die Pflegekasse den Medizinischen Dienst (MD/MDK) bzw. Medicproof (bei Privatversicherten) mit einer Begutachtung. Die erneute Begutachtung läuft ähnlich ab wie die Einstufung in den ersten Pflegegrad. Sie sollten sich gut vorbereiten, um die Pflegesituation bestmöglich darzustellen:

  • medizinische Unterlagen bereitlegen
  • ein Pflegetagebuch führen
  • den Pflegealltag realistisch schildern
  • besondere Belastungen und Einschränkungen offen ansprechen

Der Gutachter des Medizinischen Dienstes verschafft sich ein Bild von der aktuellen Pflegesituation, dem alltäglichen Unterstützungsbedarf und eventuellen Verschlechterungen des Gesundheitszustands. Anschließend erstellt der MD ein Gutachten, das die Empfehlung für den neuen Pflegegrad enthält.

Die Pflegekasse muss spätestens 25 Arbeitstage nach Antragseingang mitteilen, ob und in welchem Umfang Pflegeleistungen gewährt werden.​ Diese Frist beginnt mit dem Tag des Eingangs Ihres Antrags bei der Pflegekasse.​ In Ausnahmefällen, wie z.B. bei Krankenhausentlassung, kann die Bearbeitungsfrist deutlich kürzer sein. Bei Nichteinhaltung dieser Frist haben Sie Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe von 70 € (Pauschale) je angefangene Woche der Verzögerung. Die Verzögerung muss der Pflegekasse angezeigt und dokumentiert werden (schriftlich nachfragen und Erstattung beantragen).

Weitere Informationen: Zur Artikelseite Pflegegradbegutachtung

Wichtig

Die Leistungen der Pflegeversicherung werden rückwirkend ab dem Tag gezahlt, an dem der Antrag gestellt wurde. Verlieren Sie also keine Zeit!

Viele Angehörige nutzen inzwischen digitale Lösungen, wie einen onlinebasierten Antrag, der direkt an die Pflegekasse übermittelt wird und als Nachweis dient, dass der Antrag gestellt wurde.

Fuersorgliche Untersuchung einer pflegebeduerftigen Person für die Einstufung des Pflegegrads

Ablehnung der Pflegegrad-Höherstufung: Was tun?

Wird Ihr Antrag auf Höherstufung des Pflegegrades abgelehnt, sollten Sie die Entscheidung genau prüfen. Vielleicht entspricht der aktuell vergebene Pflegegrad nicht mehr dem tatsächlichen Pflegebedarf.

Sie können:

  • Widerspruch einlegen
  • eine Überprüfung der Pflegesituation beantragen
  • Einschätzungen vom Pflegedienst oder behandelnden Ärzten einholen

Gerade bei einer rapiden Verschlechterung des Gesundheitszustands ist es ratsam, zeitnah erneut die Höherstufung bei der Pflegekasse zu beantragen. Ein erfolgreicher Antrag kann Ihnen deutlich mehr Unterstützung im Alltag bringen.

 

Tipp

Die Entscheidung über die Höhe des Pflegegrades ist oftmals nicht korrekt. Ein Widerspruch lohnt sich insbesondere, wenn der Höherstufungsantrag mit Hilfe von externen Anbietern vorgenommen wurde. Hier gibt es auch rechtlich begleitete digitale Lösungen. Machen Sie davon Gebrauch. Es geht schließlich um monatliche Zuschüsse, die Ihren Angehörigen entgehen würden.

Prüfen Sie regelmäßig, ob der festgelegte Pflegegrad noch ausreicht

Prüfen Sie regelmäßig, ob der festgelegte Pflegegrad noch ausreicht.
Fragen Sie sich dabei:

  • Entspricht der aktuelle Pflegegrad wirklich dem gesundheitlichen Zustand Ihres Angehörigen?
  • Decken die Pflegeleistungen des bestehenden Pflegegrades den tatsächlichen Pflegebedarf und finanziellen Aufwand noch ab?

Beziehen Sie unbedingt behandelnde Ärztinnen und Ärzte, weitere Familienangehörige, Freundinnen und Freunde sowie – falls vorhanden – Mitarbeitende eines Pflegedienstes ein. Diese Personen erleben den Pflegealltag oft aus einer anderen Perspektive und können besser erkennen, ob sich der Pflegezustand oder die Pflegebedürftigkeit verändert hat.

Sehr hilfreich ist außerdem das Führen eines Pflegetagebuchs, um den täglichen Unterstützungsbedarf strukturiert festzuhalten. Ein solches Pflegetagebuch unterstützt Sie später dabei, eine Höherstufung des Pflegegrades oder eine erneute Begutachtung durch den Medizinischen Dienst fundiert zu begründen.

FAQs

Häufig gestellte Fragen zum Thema Höherstufungsantrag

Ja, in seltenen Fällen ist eine Herabstufung möglich. Wenn Sie unsicher sind, ob Sie eine Höherstufung des Pflegegrades beantragen sollten, lassen Sie sich vorher von Pflegeexpertinnen und Pflegeexperten beraten.

Ja. Steigt der Pflegebedarf, sollten Sie die Höherstufung des Pflegegrades beantragen – auch im Pflegeheim. Ein höherer Pflegegrad führt zwar zu höheren Kosten, aber auch zu höheren Pflegeleistungen, sodass die Versorgung dem tatsächlichen Gesundheitszustand entspricht.

 

Die Pflegekasse nimmt den Antrag entgegen, prüft das Anliegen, beauftragt den Medizinischen Dienst mit der Begutachtung, bewertet das Gutachten des Medizinischen Dienstes und entscheidet über die Einstufung.

Eine erneute Einstufung ist sinnvoll, wenn:

  • die Pflegebedürftigkeit zunimmt
  • die bisherigen Leistungen nicht mehr ausreichen
  • die alltägliche Unterstützung deutlich aufwendiger wird
  • Sie häufiger Unterstützung im Alltag benötigen
  • seit mindestens sechs Monaten eine Verschlechterung besteht

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Zuletzt aktualisiert: September 2025