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Der medizinische Dienst füllt auf einem Klemmbrett ein Formular der Pflegebegutachtung aus, während die pflegebedürftige Person mit gefalteten Händen daneben sitzt.
Plötzlich Pflegefall

Die Pflegebegutachtung: Vorbereitung auf den Medizinischen Dienst

Die Pflegebegutachtung ist notwendig, um den Pflegegrad und die Leistungsansprüche Ihres Angehörigen zu bestimmen: Diese findet meist persönlich im gewohnten Umfeld des Pflegebedürftigen statt. Was Sie im Begutachtungstermin erwartet und wie Sie sich optimal darauf vorbereiten können, erfahren Sie im folgenden Artikel.

Die Begutachtung findet bei Ihnen Zuhause statt

Sobald der Antrag auf einen Pflegegrad eingegangen ist, beauftragt die Pflegekasse den Medizinischen Dienst, mit Ihnen einen Termin zur Pflegebegutachtung zu vereinbaren. Bei Privatversicherten ist der unabhängige Dienst Medicproof für die Begutachtung zuständig. 

Bei diesem Hausbesuch sollten Sie oder eine andere Person anwesend sein. Planen Sie sich ausreichend Zeit ein: Der Termin selbst dauert meist zwischen 20-60 Minuten und besteht unter anderem aus einem Fragebogen mit 64 Fragen aus sechs Lebensbereichen.

Ziel des Besuches ist es, die Beeinträchtigung der Selbstständigkeit zu erfassen und zu prüfen, ob Pflegebedürftigkeit vorliegt. Nur durch Festlegung eines Pflegegrades ist man berechtigt Leistungen der Pflegeversicherung zu beziehen. Sie sollten auf alle Fragen ehrlich antworten und nichts herunterspielen: Denn im Zweifel fehlen Ihrem Angehörigen wichtige pflegerische Unterstützungsmöglichkeiten.

Die optimale Vorbereitung für den Termin zur Pflegebegutachtung

Es ist entscheidend, sich auf den Termin gut vorzubereiten. Dazu gehört auch, dass Sie ein offenes Gespräch mit Ihrem Angehörigen suchen, das vor allem die Bedeutung des Termins umfasst: Viele Menschen, die im Alltag nicht mehr so gut allein zurechtkommen, möchten diese Tatsache vor Fremden verbergen. Ein offizieller, von der Pflegekasse gestellter Termin, wird schnell zu einer Art Prüfungssituation, in der man sein Bestes geben möchte.

Bei der Pflegebegutachtung bringt dieses Verhalten jedoch Nachteile. Begutachtet wird nur ein kurzer Ausschnitt des Alltages. Versteckt der Pflegebedürftige vor den Gutachterinnen und Gutachtern seinen Hilfebedarf, hat das Auswirkungen auf seinen Pflegegrad. Leistungen aus der Pflegeversicherung entsprechen dann nicht dem tatsächlich benötigten Hilfebedarf. Sprechen Sie daher vor dem Termin mit der betroffenen Person und bereiten Sie sie auf diese außerordentliche Situation vor. Verdeutlichen Sie, dass die Feststellung der Pflegebedürftigkeit wichtig ist, und daher der tatsächliche Pflegebedarf nicht vertuscht oder heruntergespielt werden darf.

Ihre Checkliste für den Besuch des Medizinischen Dienstes:

Planen Sie den Termin sorgfältig und machen Sie sich mit dem gesamten Ablauf im Vorfeld vertraut. Die Checkliste gibt Ihnen hierfür eine strukturierte Orientierung.

Der von der Pflegekasse beauftragte Termin dauert ca. eine Stunde. Planen Sie einen ausreichenden Puffer ein, falls der Gutachter oder die Gutachterin nicht pünktlich erscheinen sollte. Sollte der Termin zeitlich nicht passen, dann melden Sie sich telefonisch mit der Bitte um eine Alternative.

Wenn Sie sich im Vorfeld mit den Fragen vertraut gemacht haben, können Sie besser einschätzen, ob der Gutachter des Medizinischen Dienstes alle Kriterien ausreichend betrachtet hat. Wenn Sie den Eindruck haben, dass ein Bereich nicht intensiv genug thematisiert wurde, können Sie das Gespräch aktiv lenken. Dieser Tipp Hilft, die Fähigkeiten und Selbstständigkeit der pflegebedürftigen Person sehr genau zu erfassen.

Schreiben Sie genau auf, welche Schwierigkeiten im Alltag bestehen und welche Unterstützung benötigt wird. Wo kann sich der Pflegebedürftige im Alltag selbst versorgen? Wie viel Zeit werden für einzelne Aufgaben benötigt? Kann er noch die Treppen steigen? Findet er sich im Alltag örtlich und zeitlich zurecht? Ein Pflegetagebuch kann Ihnen dabei helfen, den tatsächlichen Pflegebedarf darzustellen.

Listen Sie auch genau auf, welche Pflegehilfsmittel benötigt werden. Dazu gehören z. B. ein Rollator oder Inkontinenzartikel. Je genauer Sie zeigen, wie gepflegt wird, desto besser treffen die Gutachter eine Entscheidung.

Um den Pflegeaufwand und die Pflegesituation ausführlich zu schildern, können auch ergänzende Unterlagen nützlich sein. Dazu gehören beispielsweise Arztberichte oder ein Entlassungsbericht aus dem Krankenhaus sowie aktuelle Medikamenten- und Therapiepläne. Falls bereits ein Pflegedienst unterstützt, so legen Sie auch den Vertrag und die Pflegedokumentation bereit. Sammeln Sie alles, was aus Ihrer Sicht für eine Einteilung in die passende Pflegestufe hilfreich sein kann.

Beim medizinischen Dienst für Privatversicherte Medicproof, gibt es das Pflegeprotokoll. In diesem Pflegeprotokoll können Medikamente, vorhandene Hilfsmittel und auch Arzt- und Therapiebesuche außerhalb der Wohnung dokumentiert werden. Am Tag der Begutachtung kann dieses Dokument der Gutachterin oder dem Gutachter vorgelegt werden.

Mache Sie der pflegebedürftigen Person einfühlsam klar, dass ein Herunterspielen von Problemen bei der Begutachtung die Aktenlage negativ beeinflussen kann. Es ist wichtig, dass Fragen bei der Pflegebegutachtung durch den medizinischen Dienst ehrlich beantwortet werden. Nur so kann das richtige Maß an Unterstützung bereitgestellt werden. Sie können Themen, die für das pflegebedürftigen Familienangehörigen unangenehm sind, auch alleine mit dem Gutachter oder der Gutachterin tiefergehend besprechen.

So läuft die Pflegebegutachtung ab

Der Ablauf der Pflegebegutachtung folgt einem vorgegebenem Schema aus sechs Modulen mit zugehörigen Fragen. Die Fragen spiegeln unterschiedliche Lebensbereiche wider und sind an ein Punktesystem geknüpft, mit dem schlussendlich der Pflegegrad bestimmt wird. Dabei werden die Lebensbereiche unterschiedlich gewichtet. Lediglich die Module “Psychische Probleme” und “Kognitive Fähigkeiten” werden gegeneinander abgewogen. Das bedeutet, dass das Modul gezählt, wird das eine höhere Punktzahl erreicht.

So wird die Selbstständigkeit des Pflegebedürftigen im Pflegegutachten erfasst

Mobilität (Gewichtung 10%)
Wie selbstständig kann sich Ihr Angehöriger bewegen? Ist zum Beispiel allein aufstehen und vom Bett ins Badezimmer gehen oder auch Treppensteigen möglich?

Kognitive und kommunikative Fähigkeiten (Gewichtung max. 15%)
Können Gespräche geführt und Bedürfnisse mitgeteilt werden? Kann man sich räumlich und zeitlich orientieren? Werden Risiken richtig eingeschätzt? Und können Entscheidungen selbstständig getroffen werden?

Psychische Probleme (Gewichtung max. 15%)
Benötigt der betroffene Mensch Hilfe aufgrund von psychischen Problemen, beispielsweise aufgrund von aggressiven oder ängstlichem Verhalten? Wie oft ist dies der Fall? Gibt es Abwehrreaktionen beim Umgang mit der Krankheit?

Selbstversorgung (Gewichtung 40%)
Funktioniert die Körperpflege eigenständig, z.B. das Anziehen und der Toilettengang? Wie selbstständig ist die betroffene Person beim Essen und Trinken?

Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen (Gewichtung 20%)
Ist Unterstützung im Umgang mit einer Krankheit und bei Behandlungen nötig? Wenn ja, welche? Und wie oft wird Hilfe, beispielsweise bei Verbandswechseln, der Medikamenteneinnahme oder bei Arztbesuchen benötigt?

Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte (Gewichtung 15%)
Kann die hilfsbedürftige Person soziale Kontakte pflegen und kann sie ihren Tagesablauf selbstständig gestalten?

Wann erhält man das Ergebnis der Pflegebegutachtung?

Nach dem Begutachtungstermin wird das Gutachten erstellt und an die Pflegekasse bzw. die Pflegeversicherung versendet. Dort wird die Akte überprüft. Das Ergebnis wird schriftlich mitgeteilt und muss spätestens innerhalb von 25 Werktagen vorliegen.

Wenn sich dabei herausstellt, dass Ihr Familienangehöriger „anerkannt pflegebedürftig“ ist, also ein Pflegegrad vorliegt, dann besteht ein rückwirkender Leistungsanspruch. Das bedeutet, das Leistungen nachträglich ausgezahlt werden, die seit dem formlosen Pflegeantrag hätten bezogen werden können. Daher sollten Sie unbedingt das Datum vermerken, an dem der Antrag auf Pflegeleistungen gestellt wurde. 

Was tun, wenn man mit der Entscheidung der Pflegekasse nicht einverstanden ist?

Manchmal kann es passieren, dass der erteilte Pflegegrad nicht dem tatsächlichen Bedarf der hilfsbedürftige Person entspricht. Vielleicht war sie ausgerechnet zum Begutachtungstermin in einer außergewöhnlich guten Verfassung, oder es sind tatsächlich Fehler bei der Erstellung des Gutachtens passiert. In diesem Fall sollten Sie unbedingt Widerspruch einlegen, um einen höheren Pflegegrad zu erwirken. Nach dem Erhalt des Bescheids der Pflegekasse bleiben hierfür vier Wochen Zeit.

FAQs

Häufig gestellte Fragen zur Pflegebegutachtung

Ein Gutachter oder eine Gutachterin des Medizinischen Dienstes (bei Privatversicherten: Medicproof) besucht Sie zu Hause, um den tatsächlichen Pflegebedarf festzustellen. Dabei wird anhand eines Fragebogens geprüft, wie selbstständig Ihr Angehöriger in verschiedenen Lebensbereichen ist. Der Termin dauert in der Regel 60 Minuten.

Planen Sie den Termin fest ein und halten Sie sich ca. eine Stunde Zeit frei.
Bereiten Sie sich vor, indem Sie:

  1. die täglichen Pflegetätigkeiten notieren (z. B. mit einem Pflegetagebuch),
  2. alle relevanten Unterlagen (Arztberichte, Medikamentenplan, Pflegedokumentation) bereitlegen, und
  3. sich mit den Fragen des Begutachtungsbogens vertraut machen.

 

Das Ergebnis wird in einem schriftlichen Bescheid mitgeteilt – in der Regel innerhalb von 25 Werktagen nach dem Termin. Wird Pflegebedürftigkeit festgestellt, gilt der Leistungsanspruch rückwirkend ab dem Antragsdatum.

Wenn der festgestellte Pflegegrad zu niedrig erscheint, können Sie innerhalb von vier Wochen nach Erhalt des Bescheids Widerspruch einlegen. Begründen Sie den Widerspruch am besten mit konkreten Beispielen oder einem ergänzenden Pflegetagebuch.

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Zuletzt aktualisiert: September 2025