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Zeitmanagement in der Pflege

Freistellung vom Beruf: 10 Tage Sonderurlaub für pflegende Angehörige mit Pflegeunterstützungsgeld

Wenn ein naher Angehöriger plötzlich pflegebedürftig wird, stehen Beschäftigte vor einer großen Herausforderung: Wie kann die vorläufige Betreuung trotz Job gewährleistet werden? Und wie lassen sich Pflege und Beruf langfristig vereinbaren? Erfahren Sie mehr darüber, wie die Leistungen der Kranken- und Pflegeversicherung Sie als Berufstätiger unterstützen können.

Freistellung vom Beruf

Ihre Optionen auf einen Blick

Kurzzeitige Arbeitsverhinderung: 10 Tage Sonderurlaub mit Pflegeunterstützungsgeld

Tritt eine akute Pflegesituation ein, können Sie bis zu 10 Arbeitstage von der Arbeit freigestellt werden und einen Sonderurlaub in Anspruch nehmen. Diese Regelung ist im Pflegezeitgesetz (PflegeZG) unter § 2 Absatz 1 festgeschrieben und gilt unabhängig von der jeweiligen Unternehmensgröße. Voraussetzung für eine Freistellung ist die Pflege eines nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung – unabhängig davon, ob bereits ein Pflegegrad festgestellt wurde oder nicht. Als nahe Angehörige gelten neben Eltern, Ehegatten, Kindern und Geschwistern zum Beispiel auch Partner aus einer lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft. Wenn Sie prüfen möchten, ob eine pflegebedürftige Person zu Ihren nahen Angehörigen gehört, gibt eine Auflistung im Pflegezeitgesetz unter § 7 PflegeZG Absatz 3 Aufschluss darüber. 

Die Freistellung ist dafür gedacht, vorübergehend eine Versorgung des Pflegebedürftigen zu gewährleisten und eine langfristige Betreuungsform bereitzustellen: Zum Beispiel durch einen Pflegedienst oder eine geeignete Pflegeperson. Der Gesetzgeber hat die Zeit also auch dafür vorgesehen, Ihnen die Anpassung an die neue Situation zu ermöglichen. So kann der 10-tägige Sonderurlaub für pflegende Angehörige dafür genutzt werden, eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren und einen Antrag auf Pflegegrad zu stellen oder wichtige Vollmachten in die Wege zu leiten. 

Im akuten Pflegefall können Beschäftigte unmittelbar von ihrer Tätigkeit fernbleiben, ohne lange Vorlaufzeiten einhalten zu müssen. Wichtig ist jedoch, den Arbeitgeber umgehend in Kenntnis zu setzen und ihm die voraussichtliche Dauer des Ausfalls mitzuteilen. Der Arbeitgeber darf außerdem die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung verlangen, in der Angaben zur pflegebedürftigen Person und die notwendigen Pflege- und Betreuungsmaßnahmen aufgeführt sind. 

Während der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung können Beschäftigte Pflegeunterstützungsgeld erhalten. Dieser Anspruch ist im Sozialgesetzbuch unter Paragraf 44a SGB XI festgelegt. Das bedeutet: Sofern keine Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber stattfindet, werden bis zu 90 Prozent des Nettogehalts von der Pflegekasse des Pflegebedürftigen übernommen und als Lohnersatzzahlung an Sie als pflegenden Angehörigen gezahlt. Eine Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber erfolgt nur auf freiwilliger Basis – beispielsweise auf Grund von individuellen Tarifvereinbarungen.

Wichtig zu beachten: Das Pflegeunterstützungsgeld wird nur nach Antragstellung bereitgestellt. Sie müssen sich also aktiv darum kümmern und unverzüglich einen Antrag bei der Pflegekasse Ihres Angehörigen stellen. Zum Antrag gehören eine ärztliche Bescheinigung zur Pflegesituation und Pflegebedürftigkeit sowie eine Entgeltbescheinigung des Arbeitgebers. Wird Ihr Antrag genehmigt, erhalten Sie wiederum eine Bescheinigung zur Leistungsbewilligung von der Pflegekasse, die Sie beim Arbeitgeber vorlegen.

Mittelfristige Freistellung: Pflegezeit mit zinslosem Darlehen

Sofern Sie sich dazu entscheiden, die häusliche Pflege Ihres Angehörigen auch mittelfristig zu übernehmen, kann Ihre Freistellung unter bestimmten Voraussetzungen ausgeweitet werden: Pflegende Angehörige haben einen Anspruch auf bis zu sechs Monate vollständige oder teilweise Freistellung von ihrer Tätigkeit – die sogenannte Pflegezeit. Auch hier gilt grundsätzlich, dass Sie einen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen müssen. Zusätzlich tritt die Pflegezeit aber auch dann in Kraft, wenn Sie einen minderjährigen Angehörigen in außerhäuslicher Umgebung pflegen – er oder sie also beispielsweise in einem Heim für betreutes Wohnen untergebracht ist. Auch im Fall von Sterbebegleitung sind bis zu drei Monate Freistellung vorgesehen.

Ihr Arbeitgeber ist jedoch nur dann dazu verpflichtet, Ihnen Pflegezeit zu gewähren, wenn die Betriebsgröße mehr als 15 Mitarbeitende umfasst. Außerdem ist die geplante Freistellung dem Arbeitgeber mindestens zehn Arbeitstage vor Beginn zu melden: Dazu gehört in diesem Fall auch die Vorlage einer Bescheinigung, die entweder durch die Pflegekasse oder den Medizinischen Dienst ausgestellt wird. Für eine Bescheinigung muss bei Ihrem Angehörigen mindestens Pflegegrad 1 festgestellt worden sein.

Sofern Sie nur teilweise beruflich aussetzen möchten, wird Ihr Arbeitgeber darüber eine schriftliche Vereinbarung mit Ihnen treffen. Dabei haben Ihre Wünsche Vorrang, sofern keine betrieblichen Gründe maßgeblich dagegen sprechen. Während der Pflegezeit genießen Sie außerdem Kündigungsschutz.

Zinsloses Darlehen beantragen

Ob eine Pflegezeit für Sie in Frage kommt, hängt jedoch auch von Ihrer finanziellen Situation ab: Denn grundsätzlich sind für diese Zeit keine Lohnfortzahlungen oder Ersatzzahlungen vorgesehen. Auch das Pflegeunterstützungsgeld wird nur bei kurzzeitiger Arbeitsverhinderung ausgezahlt. Um die Dauer der Freistellung finanziell abzusichern, können Angehörige stattdessen ein zinsloses Darlehen beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) beantragen. Diese zinslose Förderung wird in monatlichen Raten ausgezahlt und hilft dabei, die Zeit der Freistellung planbar zu finanzieren. Der Betrag richtet sich nach Ihrem Einkommen und umfasst maximal die Hälfte des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts .

Langfristige Freistellung: Familienpflegezeit für pflegende Angehörige

Um die Pflege langfristig mit dem Beruf zu vereinbaren, stellt die Familienpflegezeit ein weiteres, wichtiges Instrument dar: Sie ermöglicht eine teilweise Freistellung von der Arbeit und umfasst maximal 24 Monate. Im Gegensatz zur Pflegezeit sieht die Familienpflegezeit also eine Mindestarbeitszeit von 15 Stunden vor. Regelungen zur Familienpflegezeit sind im Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) enthalten und wurden zuletzt durch das "Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf" ergänzt und aktualisiert.

Die Familienpflegezeit kann ab einer Betriebsgröße von mehr als 25 Beschäftigten genutzt werden. Arbeitgeber müssen spätestens acht Wochen vor Beginn der Familienpflegezeit informiert werden, damit eine Vertretungen rechtzeitig sichergestellt werden kann. Im Schreiben an den Arbeitgeber sollte unbedingt enthalten sein, welche Form der Freistellung Sie beantragen möchten – Pflegezeit oder Familienpflegezeit. Auch die Dauer des Ausfalls ist mit anzugeben und eine Bescheinigung durch Pflegekasse oder Medizinischen Dienst beizufügen.

Grundsätzlich sind beide Modelle kombinierbar: In Absprache mit dem Arbeitgeber können Sie aus einer Pflegezeit heraus in die Familienpflegezeit übergehen. In diesem Fall ist die maximale Dauer der Freistellung ebenfalls auf insgesamt 24 Monate je pflegebedürftigem Angehörigen gedeckelt. Für die Finanzierung der Familienpflegezeit gelten zudem keine Sonderregelungen: Auch sie sieht keine Lohnersatzzahlungen vor, sondern kann durch ein zinsloses Darlehen finanziell unterstützt werden.

Der Pflegegrad: Finanzielle Bedeutung in der Pflegesituation

Um die pflegerische Versorgung eines nahen Angehörigen zu finanzieren, sollten Familien schnellstmöglich einen Pflegegrad beantragen. Denn erst mit einem festgestellten Pflegegrad stehen Pflegebedürftigen wichtige Leistungen der Pflegeversicherung zu – dazu zählen Hilfsmittel und Pflegegeld, mit dem zum Beispiel auch die Betreuung durch einen Angehörigen finanziert werden kann. Hinzu kommen Pflegesachleistungen für die Unterstützung durch Pflegekräfte. So kann auch nach dem Ausbleiben von Pflegeunterstützungsgeld die Pflege Ihres Angehörigen weiter finanziell bezuschusst werden.

FAQS

Häufige Fragen zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf

Sie haben Anspruch in einer akuten Pflegesituation, wenn Sie kurzfristig Pflege und Betreuung eines nahen Angehörigen organisieren müssen. Die Freistellung beträgt bis zu zehn Arbeitstage und beruht auf § 2 des Pflegezeitgesetzes. Der Anspruch besteht unabhängig von der Unternehmensgröße Ihres Arbeitgebers.

Nahe Angehörige im Sinne des Pflegezeitgesetzes (§ 7 PflegeZG Begriffsbestimmungen) sind:

  1. Großeltern, Eltern, Schwiegereltern
  2. Ehegatten, Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft, Geschwister
  3. Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder, die Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder des Ehegatten oder Lebenspartners, Schwiegerkinder und Enkelkinder. 

Sie müssen beschäftigter Arbeitnehmer sein, dürfen keine Lohnfortzahlung erhalten und es muss eine akute Pflegesituation vorliegen. Außerdem sind eine ärztliche Bescheinigung zum Pflegebedürftigen und eine Entgeltbescheinigung nötig, die Sie bei der Pflegekasse einreichen.

Sie erhalten 90 % des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts – in manchen Fällen auch 100 % als Einmalzahlung. Das Pflegeunterstützungsgeld wird ausschließlich bei einer kurzzeitigen Arbeitsverhinderung ausgezahlt, sofern Sie übergangsweise die Organisation der Pflege eines nahen Angehörigen übernehmen. Pro Kalenderjahr besteht ein Anspruch auf bis zu zehn Arbeitstage, die für die Zahlung geltend gemacht werden können.

Sie können eine Pflegezeit von bis zu sechs Monaten (voll oder teilweise) beantragen, sofern Ihr Arbeitgeber mehr als 15 Beschäftigte hat. Außerdem gibt es in Betrieben mit mehr als 25 Beschäftigten die Möglichkeit der Familienpflegezeit mit maximal 24 Monaten teilweiser Freistellung. Beide Modelle verlangen in der Regel eine form- und fristgerechte Ankündigung beim Arbeitgeber inklusive Bescheinigung zum Pflegegrad und zur Pflegebedürftigkeit Ihres Angehörigen.

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Zuletzt aktualisiert: Oktober 2025