Er ist ein People-Mover. Ein Fahrzeug für Familien. Der Transporter für jegliches Sportgerät – vom Mountainbike bis hin zum Kite. Dieses Gefährt nimmt es mit Kind, Kegel, Hund und vor allem mit dem Alltag auf. Er ist ein Hochdach-Kombi! Und ER ist einer von vier Kandidaten, die weitestgehend die gleiche Basis teilen. Die Rede ist vom Toyota Proace City Verso, der als mehreiiger Vierling die Gleichteilepolitik mit dem Citroen Berlingo, Opel Combo und Peugeot Rifter nutzt. Was kann der japanische Hochdach-Kombi?
Toyota Proace City Verso Fahrbericht | Test | Review
Man erkennt es auf den ersten Blick: Der City Verso ist ein praktisches Auto. Wer große Platzansprüche hat, kann aus zwei Karosserielängen wählen. Die XL-Variante ist 34 cm länger und streckt sich damit auf 4,75 m. Beide sind aber 1,85 m breit und rund 1,88 m hoch. Diese Maße teilt sich der Hochdach-Kombi mit seinen Plattform-Kollegen Citroen Berlingo, Peugeot Rifter und Opel Combo. Und wenn man genau hinsieht, ähneln sich die Derivate auch, wie ein Ei dem anderen. „Badge-Engineering“ – also die Entwicklung eines eigenen Fahrzeugs durch Aufkleben des eigenen Logos – sagt man gehässigerweise dazu.
Allen Modellen dieser Plattform gemein ist auch die „Combo-Kerbe“, wie wir sie getauft haben. Damit ist der Anstieg der Fensterlinie auf der Fahrer- und Beifahrer-Fenster gemeint. Öffnet man das Fenster, stört diese „Kerbe“ beim Drive-In genauso, wie beim bequemen Ellbogen-Auf-Der-Fensterbank-Parken – macht man natürlich nicht, macht man aber trotzdem manchmal…
Ansonsten zeigt sich der Toyota Proace City Verso mit einem glattflächigen Front-Design und ohne große Auffälligkeiten. Gerade seitlich zeigt er die typische Form eines Kastenwagens. Passend dazu fallen die eckigen Radhäuser auf. Praktisch – und das ist die Domäne eines Hochdach-Kombis – nehmen wir die beiden Schiebetüren wahr. In der Basis ist der Toyota Proace City Verso jedoch nur mit einer Schiebetür ausgerüstet. Weitere Auffälligkeiten? Nicht wirklich.
Raum und Platz sind doch der wahre Luxus, oder? Also ist der Toyota Proace City Verso ein echter Luxusschlitten – egal in welcher Variante. Beide Varianten sind obendrein als Siebensitzer erhältlich, sodass man auch mal seine Volleyball-Mannschaft einpacken kann. Zugegeben: Auf den hintersten Plätzen sitzen nur Kinder gut, aber es hat ja auch keiner von einer Erwachsenen-Volleyball-Mannschaft gesprochen, richtig?
Bleiben wir bei den Platzverhältnissen. Die zweite Sitzreihe lässt sich – dank zweier Schiebetüren – leicht entern und bietet selbst Sitzriesen reichlich Bewegungsfreiheit. Isofix ist auf den äußeren der drei Einzelsitzen installiert, für den Beifahrersitz aber leider nicht erhältlich. Schade! Schön aber, dass der Kofferraum Platz für alles bietet, was man gebrauchen könnte.
Mit knapp 600 bis maximal 2.693 Litern Stauvolumen muss er sich nicht verstecken. Besonders, da das separat zu öffnende Heckfenster das Beladen in engen Parklücken erleichtert. Möchte man die Heckklappe öffnen, lässt sich das dank ihrer Leichtgängigkeit ganz easy erledigen. Besonders einfach wird das Beladen dank der niedrigen Ladekante.
Ein echter Lademeister ist der Toyota Proace City Verso aber nicht nur wegen seines Laderaums, sondern vor allem aufgrund seiner zahlreichen Ablagen. Neben einer Vielzahl an Staufächern gibt es Getränkehalter, zwei Handschuhfächer, Fächer im Dachhimmel und, und, und! Damit steckt der Japaner den Klassenprimus, den Volkswagen Caddy, in die sprichwörtliche Tasche.
Wo so viel Licht ist, da muss auch etwas Schatten sein. Der zweite Innenspiegel zählt noch zu den sehr positiven Aspekten. Ebenso die insgesamt geglückte Bedienung des Infotainments und des Multifunktionslenkrads. Geht es um die praktischen Schiebetüren, fängt der Schatten aber schon an zu wachsen, da sie sehr schwergängig funktionieren. Außerdem herrscht im gesamten Fahrzeug Nutzfahrzeug-Charme mit harten Kunststoffen. Andererseits ist das Meckern, auf falschem Niveau, schließlich ist das hier ein Nutzfahrzeug.
Und für ein solches ist das Infotainment mit acht Zoll großem Touchscreen schon nicht schlecht. Besonders, da es eine Android Auto- und Apple CarPlay-Vernetzung bietet. Diese lief allerdings nicht immer störungsfrei und nervte mit Unterbrechungen, Fiepen, und Piepen. Zudem glänzte die Freisprecheinrichtung nicht gerade mit guter Verständlichkeit beim Angerufenen.
Wie schlägt sich der Toyota Proace City Verso im Motoren-Check? Ganz ordentlich, wenn man den reinen, technischen Daten traut. So werkelte im Testwagen ein 1.5 Liter Vierzylinder-Diesel mit 96kW/130 PS. Die Fahrleistungen zeigen aber bereits: Wirklich munter ist das Aggregat nicht. So geht es in 11,5 Sekunden auf 100 km/h und weiter bis maximal 186 km/h. Dabei wirkt der Japaner stets zugeschnürt. Andererseits: Der Toyota Proace City Verso ist ein Nutzfahrzeug und kein Rennwagen – also alles gut.
Das gilt auch für den Verbrauch: Auf über 1.000 abgespulten Kilometern genehmigte sich der Hochdach-Kombi im Schnitt 6,2 Liter/100 km. Das liegt zwar deutlich über der Werksangabe von 4,3 Litern/100 km, ist für echten Alltagsgebrauch aber ein guter Wert! Außerdem erfüllt der Toyota Proace City Verso natürlich die Euro 6d-temp Abgasnorm, sodass man an Einfahrverboten in Städten einfach vorbei fährt.
Was wirklich etwas störte, war die hakelige 6-Gang-Handschaltung, die, für sich betrachtet, gut mit dem Antrieb harmoniert. Wie gesagt: Der City Verso ist ein gemütlicher Alltagsfreund und kein Sportwagen, sodass man darüber hinwegsehen kann. Dazu passt auch das komfortable Fahrwerk. Bemerkenswert leise ist der Hochdach-Kombi obendrein – nicht gerade eine Domäne dieser Fahrzeug-Gattung. Auf der gemütlichen Seite ist zudem die leichtgängige Lenkung einzusortieren. Wie zu erwarten, glänzt sie nicht gerade mit präziser Rückmeldung, aber das ist auch in Ordnung.
Überzeugt hat das Aufgebot an Assistenten. Namentlich wären das die Verkehrszeichenerkennung, der Spurhalte-Assistent und Totwinkel-Warner. Sogar ein kleines Head-Up Display, einen Fernlichtassistenten und eine Anhänger-Stabilisierung gibt es – alle Achtung! Etwas irritiert hat hingegen die 360-Grad-Kamera, da sie ihr Bild erst beim Fahren aufbaut. Sprich: Das Bild steht nicht von vorn herein bereit.
Ein teures Vergnügen ist es nicht. Zumindest, wenn man ihn mit dem Klassenprimus vergleicht. Andererseits startet der Japaner bei 20.193,16 Euro und durchbricht damit die kritische 20.000 Euro-Marke. Als Topmodell „Executive“ werden sogar über 31.000 Euro daraus. Lässt man aber Vernunft walten und greift zum empfehlenswerten „Team Deutschland“, kommen rund 25.500 Euro zusammen. Und das geht in Ordnung, wenn man die Ausstattung in Verhältnis zu dem setzt, was einige Mitstreiter bieten. Überlegen sollte man, ob man die zwei Zusatzsitze im Fond benötigt, da diese nochmal mit knapp 900 Euro zu Buche schlagen.
Rennfahrer, Nordschleifen-Fans und sogenannte „Petrol-Heads“ kommen beim Toyota Proace City Verso sicherlich nicht auf ihre Kosten. Nein, für jene Kunden ist der Japaner nicht geeignet. Dafür ist der Hochdach-Kombi ein tolles Auto für Familien. Störend wirkt einzig die etwas breite Mittelkonsole – ein Umstand, an den sich das Fahrerknie aber irgendwann gewöhnt.
Überzeugen kann der Japaner mit seiner Vielzahl an Ablagen, dem großen Raumangebot und der Variabilität, der guten Sitzposition und den bequemen Sitzen. Und wer sich an der hakeligen Schaltung stört, kann getrost zur Automatik greifen. So schluckt der Toyota Proace City Verso noch mehr Alltagsstress einfach weg.
Tipp
Tarif berechnenZuletzt aktualisiert: September 2020
Jens Stratmann
Automobil-Journalist
Baujahr 1979, technisch im einwandfreien Zustand! Nach einer Ausbildung und über elf Jahren Erfahrung im KFZ-Bereich, machte Jens seine Passion zu seinem Beruf. Jens schreibt Beiträge über Neu- und Gebrauchtwagen, die auf persönlichen Erfahrungen und Fahrtests zu dem jeweiligen Auto basieren.
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