Die Klasse der Kompakt-SUV scheint überlaufen von VW Tiguan, Skoda Yeti, Opel Mokka-X und anderen. Warum eigentlich? Muss es zwingend ein deutsches Produkt sein? Wer den Blick über den Tellerrand wagt, der kann mit dem Kia Sportage einen richtigen Volltreffer landen. Kia galt zwar lange als Billigmarke und hatte nur wenig Prestige. Und genau dieser Gedanke ist in vielen Köpfen verankert. Doch das B-SUV der Koreaner hat es faustdick hinter den Ohren. Unser Kia-Sportage-Gebrauchtwagen-Test und Fahrbericht.
Test: Der Kia Sportage im Gebrauchtwagen-Check
Ein Billigheimer? Die Zeiten sind bei Kia lange vorbei und das sieht man den Fahrzeugen durchaus an. An billig erinnert hier nichts mehr. Zumal der Kia Sportage als stattliche Erscheinung durchgeht. Mit 4,48 m Außenlänge ist er letztlich ebenso lang, wie sein Wolfsburger Widersacher. Mit 1,86 m ist der Sportage zudem gut zwei Zentimeter breiter als der Tiguan. Es wirkt allerdings so, als wäre der Koreaner wesentlich größer.
Das hat der Kia Sportage zum einen seinem hohen, steilen Vorderwagen zu verdanken, der das typische Erkennungsmerkmal eines jeden Kias trägt, die Tigernase. Der Markengrill prangt selbstbewusst an der Front und drängt die beiden Scheinwerfer fast horizontal auf die Motorhaube. Prägnant außerdem: Das Tagfahrlicht im „Ice Cube“-Design, das sich aus vier kleinen „Würfeln“ pro Fahrzeugseite zusammensetzt. Zum anderen zeigt sich an der Seite ein kleines Greenhouse und die Wucht der massiven Tür-Partie. Vollendet wird der voluminöse Charakter von der breiten C-Säule, während das seicht nach hinten abfallende Dach für einen dynamischen Eindruck sorgt. Die maximal 19 Zoll großen Leichtmetallfelgen unterstützen diesen Eindruck.
Die Schokoladenseite des Kia Sportage ist sein Heck. Oben geht es mit einem mittlerweile standesgemäßen Dachspoiler los, der die Schießscharten-artige Heckscheibe von Dach abgrenzt. Eine Rückfahrkamera ist beim Kia Sportage also eher eine Pflichtbestellung. Zumindest eine Einparkhilfe sollte es sein. Geradlinig, breit und hübsch anzusehen zeigen sich die Rückleuchten, die mit einem angedeuteten Leuchtenband miteinander verbunden sind. Hier lässt Porsche grüßen – ein Kompliment!
Wie es das Äußere des Kia Sportage vermuten lässt, geht es im Innenraum sehr geräumig zu. Vier erwachsene Passagiere reisen hier sehr bequem. Zu fünft wird es etwas eng im Fond, aber in welchem Fahrzeug ist das nicht der Fall? In Reihe eins gibt es ohnehin keinen Grund zu Beanstandungen: Die Sitze bieten nicht nur einen angenehmen Halt, sondern lassen sich großzügig verstellen. Alles richtig gemacht Kia.
Und auch an der Material-Qualität gibt es nichts auszusetzen. Natürlich finden sich hier wie dort Hartplastik-Teile. Na und? Selbst deutsche Premium-Hersteller kommen nicht um diese Bauteile herum. Zumal man Kia zugutehalten muss, dass man immer noch eine gute Ecke günstiger ist, als die Wettbewerber. Umso mehr beeindrucken die Klavierlack-Leisten und das saubere Finish.
Überzeugen kann auch die Bedienung des Kia Sportage im Gebrauchtwagen-Test. Das 8-Zoll-Display lässt sich einfach über Streich- und Wischgesten bedienen und zeigt eine logische Auswahl an Menütasten. Leider sind diese nicht in unmittelbarer Nähe des Bildschirms angebracht, sondern mit der Klimaautomatik verbunden. Doch diese kleine Eigenheit hat man schnell durchdrungen. Überraschender ist, wie modern der Kia Sportage ist: Induktives Laden des Smartphones? Kein Problem. Connected Services, um etwa das Wetter am Zielort abzufragen? Mit nur einem Fingerzeig erledigt.
Und damit man auch gut am Ziel ankommt, steht eine Vielzahl an Assistenten bereit. Neben einem intelligenten Einparkassistenten gibt es proaktive Fahrhilfen, wie etwa eine Verkehrszeichenerkennung oder einen Spurhalteassistenten. Die Koreaner sind also auf der Höhe der Zeit. Schade nur, dass das Ladeabteil mit 491 Litern etwas kleiner ausfällt, als das der Mitstreiter. Allen voran bei umgelegten Rücksitzen, da hier mit 1.480 Litern nur Durchschnitt geboten wird. Der Wolfsburger Musterknabe bietet hier gut 150 Liter mehr im Kofferraum.
Die Motorenpalette des Kia Sportage startet bei 97 kW bzw. 132 PS. Das klingt zunächst ordentlich. Schaut man aber auf den Motor, spürt man, wie man seine Augenbrauen hebt. Die Rede ist hier von einem 1.6 Liter Sauger, der im Sportage alles ist, nur nicht dynamisch. Der ausschließlich frontangetriebene Benziner gibt sich im Mix zwar mit 6,3 bis 6,7 Litern auf 100 km recht zurückhaltend, das kann man aber auch über die Fahrleistungen sagen. Für den Spurt auf 100 km/h benötigt der Koreaner 11,5 Sekunden und ist mit viel Anlauf 182 km/h schnell.
Der einzige Benziner, der neben dem Basis-Aggregat erhältlich ist, ist der 1.6 T-GDI. Der turboaufgeladene 1.6er generiert 177 PS und ist damit weitaus munterer, als sein Hubraum-Bruder. Je nach Getriebe ist der Turbomotor optional mit einem Automatikgetriebe erhältlich. Man sprintet in 9,1 oder 9,5 Sekunden auf 100 km/h. Das Ende des Vorwärtsdrangs liegt bei 205 km/h. Akzeptable Fahrleistungen, zumal der Verbrauch mit 7,5 bzw. 7,6 Litern im Durchschnitt im Rahmen bleibt. Bringen wir es aber auf den Punkt: Ein SUV muss alles sein, aber nicht unbedingt sportlich. Sparsam wäre da doch auch mal ein Highlight!
Sparsamer sind natürlich die Diesel, die mit 1.7 Litern Hubraum starten. Der kleine Selbstzünder generiert 115 PS, soll aber nur 5,4 bzw. 5,7 Liter auf 100 km konsumieren. Doch passt auch dieses Aggregat wenig zum dynamischen Äußeren. Eher schon der kräftige 2.0 CRDi mit 136 PS. Je nach Getriebe und Antriebsart (Allradantrieb optional) bleibt der Verbrauch auf dem Niveau des Einstiegsdiesels, während die Fahrleistungen durchaus zügig anmuten. Sportlich meint es der 2.0 CRDi mit 185 PS bzw. 136 kW. Mit der optionalen Sechs-Stufen-Automatik stehen satte 400 Nm bereit und sorgen für Fahrspaß. Die reinen Werte liegen auf dem Niveau des Turbo-Benziners. Der kombinierte Verbrauch ist mit 6,3 Litern im Schnitt aber verträglicher.
Gefahren bin ich den großen Diesel und ich habe weder am Antritt noch an den Fahrleistungen etwas zu meckern. Das Fahrwerk ist eher komfortabel abgestimmt, die Lenkung für einen SUV ansatzweise direkt und das Doppelkupplungsgetriebe wechselte unauffällig durch die Gangstufen. Bei der Rundumsicht ist mir, wie beim jedem SUV, die breitere C-Säule negativ aufgefallen. Die Bremsen lassen sich gut dosieren, es gibt eine Bergabfahrhilfe und (leider) eine elektronische Parkbremse. Ich bin ja ein großer Freund von dem klassischen Handbremshebel. Dank Sitz- und Lenkradheizung ist der Sportage auch für die kalte Jahreszeit gewappnet.
Preislich startet der Kia Sportage bei 19.990 Euro. Dafür bekommt man ein vollwertiges SUV, bei dem man nicht leiden muss. Hier stehen sowohl 16-Zoll-Leichtmetallräder auf der Haben-Seite, wie eine manuelle Klimaanlage, ein MP3-fähriges Audiosystem mit CD-Player, sowie UBS- und AUX-Anschluss und ein Lederlenkrad. Eine volle Airbag-Armada versteht sich von selbst.
Wer etwas mehr möchte, sollte zur Ausstattung Vision 7 greifen, die bereits ein 7-Zoll-Navigationssystem, einen Spurhalteassistenten, sowie eine Rückfahrkamera mitbringt. Hinzu kommen allerlei nützliche Gimmicks. Je nach Motorisierung und Ausstattung kann der Preis von 25.190 Euro für die Ausstattungslinie aber auch auf 42.390 Euro gehoben werden. Dann ist allerdings alles inbegriffen – inklusives des 185 PS starken Dieselmotors. Ein Billigheimer ist der Kia Sportage damit aber bei weitem nicht mehr.
Wer wird also mit dem Kia Sportage glücklich? Zum einen sind es Familien, die gerne zu viert in den Urlaub fahren. Hier bietet der Koreaner reichlich Platz für die Insassen und gefällt mit seinem Langstrecken-Komfort. Aufgrund seiner Abmessungen passt der Sportage sogar in Innenstädte, schließlich ist er nicht größer, als ein durchschnittlicher Kompakt-SUV. Und für diejenigen, die gerne höher sitzen und eine gelungene Material-Qualität erwarten, ist der Kia Sportage auch ein guter Fang.
Zuletzt aktualisiert: November 2021
Jens Stratmann
Automobil-Journalist
Baujahr 1979, technisch im einwandfreien Zustand! Nach einer Ausbildung und über elf Jahren Erfahrung im KFZ-Bereich, machte Jens seine Passion zu seinem Beruf. Jens schreibt Beiträge über Neu- und Gebrauchtwagen, die auf persönlichen Erfahrungen und Fahrtests zu dem jeweiligen Auto basieren.
R+V-Newsletter abonnieren
So bleiben Sie auf dem Laufenden zu aktuellen Versicherungsthemen rund um Gesundheit, Mobilität, Geld, Vorsorge und vielem mehr. Freuen Sie sich auf attraktive Gewinnspiele und Aktionen.