Wir geben Gas – und zwar wortwörtlich! Mit dem Seat Leon ST TGI entgeht man nämlich jeglicher Diesel-Debatte, da der Spanier mit einem 1.5 TSI-Motor ausgerüstet ist, der neben Benzin am liebsten Erdgas verbrennt. Wie sich der kompakte Kombi fährt – vor allem im Erdgasbetrieb – zeigt der Drive Check!
Seat Leon ST TGI Fahrbericht Test Review
Er ist ein wenig der Schönling der Kompaktklasse, der Seat Leon. Das gilt ebenfalls für den Kombi – ST genannt. Man muss fast zweimal hinsehen, um ihn als ST auszumachen. Natürlich, manch einer wird sagen, dass Alfa Romeo schönere Autos baut – und da scheiden sich die Geister. Wenn man sich aber anstatt des Seat-Logos das Alfa-Cuore am Bug vorstellt, würde man ihm diese Identität doch auch abnehmen, oder?
Wie dem auch sei, erfreuen wir uns doch einfach am schnittigen Design. Das beginnt vorn mit den fast dreieckigen Scheinwerfern, die aggressiv dreinschauen, dass man fast automatisch die linke Spur räumt, sobald ein Seat Leon ST im Rückspiegel erscheint. Optional, und der Aufpreis hält sich mit 1.020 Euro in Grenzen, sind sie in Voll-LED-Technik ausgeführt. Ein echter Gewinn, denn mehr Licht = mehr Sicht = mehr Sicherheit. Große Lufteinlässe, deren äußere Pendants sich nach unten hin verjüngen, erwecken obendrein den Eindruck, dass der Spanier die Zähne fletschen wolle, um hungrig zuzubeißen.
Überhaupt: Der Seat Leon ST TGI wirkt geradlinig und kantig. Gerade so, als würde er keine Kompromisse eingehen wollen. Scharfe Sicken und Kanten ziehen sich über die Motorhaube, die Flanken und bis hin zum hübschen Heck. Hier mündet eine harte Sicke in die Alfaesquen Rückleuchten, die natürlich auch in LED ausgeführt sind. Die Unterschiede zu einem Seat Leon ST mit Benzin- oder Dieselantrieb? Keine, wenn man die Schriftzüge weglässt – und die lassen sich bekanntermaßen kostenlos abbestellen.
Die Unterschiede zu jedem anderen Seat Leon ST halten sich auch im Innenraum in Grenzen – sprich: es gibt keine. Jeder, der schon einmal im Spanier Platz genommen hat, wird die Vor- und Nachteile kennen. Grundsätzlich lebt es sich aber durchaus angenehm im Kompakt-Kombi. Vier durchschnittlich große Erwachsene finden angenehme Verhältnisse vor. Sind vorn Sitzriesen untergebracht, wird es hinten natürlich etwas enger. In einem BMW 5er ist das aber nicht besser.
Vorn nimmt man auf straff gepolsterten Sitzen Platz, die sportlich, aber nicht unbequem ausgeformt sind. Wenn man sich etwas wünschen dürfte, wären dies ausziehbare Schenkelauflagen, wie sie beispielsweise Opel für den Astra ST anbietet. Der Bezug im gefahrenen Seat Leon ST in der FR-Ausstattung, die eher die Dynamik des Spaniers in den Fokus rückt, ist eine Mischung aus Stoff und Kunstleder. Das sieht angenehm aus, wirkt strapazierfähig und lässt sich nett anfassen. Abstriche muss man ein wenig beim Kofferraum hinnehmen. Bieten die Seat Leon ST mit Benzin- oder Dieselantrieb noch mehr als ausreichende 587 Liter Basisvolumen, sind es beim TGI über 100 Liter weniger. Die Erdgas-Variante kommt auf gerade einmal 487 Liter – aber irgendwo muss der Gastank ja seinen Platz finden.
Und da wir gerade beim Nörgeln sind: Auf den ersten Blick wirkt das Cockpit des Seat Leon ST TGI nicht super hochwertig. Die Mittelkonsole aus Hartplastik findet man allerdings auch in anderen Fahrzeugen, die jedoch unter dem „Premium“-Stern stehen. Soweit kein Drama also. Wahrscheinlich trügt der Eindruck auch nur, immerhin ist die Oberseite des Armaturenträgers mit weichem Kunststoff versehen. Vermutlich ist es einfach der reduzierte Look des fahrerorientierten Cockpits, der dieses Gefühl aufkommen lässt. Schade auch, dass man für den Seat Leon keine digitalen Instrumente bekommt.
Ansonsten lässt sich nicht am Seat Leon ST TGI aussetzen. Das bekannte 8-Zoll-Infotainment verrichtet einen guten Job und ist angenehm hoch angebracht. Das Smartphone lädt induktiv, sofern man das entsprechende Kreuz auf der Aufpreisliste gesetzt hat und die Geschwindigkeitsregelanlage hält auf Wunsch Abstand zum Vordermann. Überhaupt ist so ziemlich alles an Assistenten erhältlich, das gerade en vogue ist – gut so! Und die Vernetzung ist danke Android Auto und Apple CarPlay ebenfalls bestens.
Kommen wir zum Highlight des Seat Leon ST TGI – dem Motor. Unter der kantigen Haube werkelt ein 1.5 TGI Antrieb, der mit einer 6-Gang-Handschaltung oder einem 7-Gang-DSG verbunden werden kann. Der Turbo-“Benziner” entwickelt 200 Nm, die bei 1.400 bis 4.000 U/min anliegen und ist damit einigermaßen dynamisch zu bewegen. Bei Bedarf ist eine Höchstgeschwindigkeit von 206 km/h erreichbar. Den Spurt auf 100 km/h legt der Spanier in 10,1 (Handschaltung) bzw. exakt 10 Sekunden (7-Gang-DSG) aufs Parkett.
Interessant wird es beim Verbrauch – vor allem, da die Angaben nicht eindeutig sind. So liest man im Prospekt nur vom Verbrauch mit CNG, also Erdgas. Demnach soll sich der Konsum auf 100 km, je nach Radgröße, bei 3,6 bis 3,7 kg einpendeln, während das DSG etwa 0,1 kg/km einspart. In der Realität ist man mit rund 4,5 kg/100 km dabei. Zum Verbrauch bei reinem Benzin-Betrieb machen die Spanier hingegen keine Angaben. Dieser wird aber auf dem Niveau des 1.5 TSI, der sich laut Werksangabe zwischen 4,9 bis 5,1 Liter genehmigt. Benötigt wird Benzin lediglich zum Starten. Und der Rede wert ist der Benzintank ohnehin nicht, da er für etwa 100 km reicht.
Wir haben hier das Sportfahrwerk verbaut, damit kann man das Fahrzeug sportiv durch die Kurven scheuchen. Leider vermisse ich in dem Fall bei der leichtgängigen Lenkung etwas die Rückmeldung, aber dafür kann der TGI ja nichts. Die 18″ haben kein Problem die Leistung auf die Straße zu bringen, die verbaute Bremsanlage lässt sich fein dosieren und besticht über einen angenehmen Druckpunkt. Der aktive Spurhalteassistent hilft mir auf der Autobahn die Spur zu halten, der adaptive Tempomat entspannt mich beim cruisen und hält auch den Abstand zum Vordermann. Bei Dunkelheit machen die LED-Scheinwerfer (damals gehört SEAT hier echt zu den Trendsettern) immer noch ein helles Bild. Leider gibt es keine adaptiven Scheinwerfer, dafür aber ein Kurvenlicht.
Das Fahrzeug an sich ist einfach und intuitiv zu bedienen. Alle Schalter, Hebel und Bedienelemente sind selbsterklärend. Sprich auch Umsteiger kommen schnell zurecht mit einem SEAT LEON. In der Kombianzeige kann ich die gefahrene Geschwindigkeit gut ablesen, bekomme auch immer einen Hinweis auf die Gesamtreichweite bzw. auf die Reichweite mit dem CNG-Tank und auf die Reichweite mit dem Benzin-Tank.
Los geht es für den Seat Leon ST TGI bei 24.850 Euro. Für die CNG-Variante mit 7-Gang-DSG muss man mindestens 26.550 Euro auf der hohen Kante liegen haben. Als Top-Ausstattung “FR” werden daraus 26.600 bzw. 28.300 Euro. Nicht eben wenig Geld, zumal man einen Aufpreis von rund 1.500 Euro gegenüber dem gleichstarken Benziner zahlt. Für ein Kilogramm CNG zahlt man aktuell (Stand 20. April 2019) 1,049 Euro. Ein Unterschied von 0,20 Euro zum Liter Diesel bzw. 0,37 Euro zum Liter Super E5. Legt man Verbräuche von 4,5 kg CNG je 100 km bzw. 5,0 Liter je 100 km zugrunde, hat man den Aufpreis von 1.500 Euro bei über 60.000 km wieder eingefahren. Bei einer durchschnittlichen Laufleistung von 20.000 km/a braucht man also rund drei Jahre für den Break Even bzw. die Amortisation. Das ist natürlich eine einseitige Rechnung, die nur auf den jeweiligen Kraftstoffen basiert und Steuer- bzw. Versicherungskosten nicht einbezieht. Die entsprechende Volatilität bei Benzin bzw. Diesel, das in den kommenden Jahren wohl entscheidend teurer werden dürfte, spricht hier für den CNG-Antrieb.
Man muss kein ausgesprochener Vielfahrer sein, um auf rund 20.000 Kilometer im Jahr zu kommen, damit sich der Seat Leon ST TGI rechnet. Nachteile zum reinen Benziner sind nicht auszumachen, außer im reduzierten Kofferraumvolumen. Knapp 500 Liter Volumen sind dennoch alles andere als hinderlich oder spärlich. Ein Seat Ateca mit Allradantrieb bietet 485 Liter in der Basis und darüber dürften sich ebenfalls die wenigsten Käufer beschweren. Ansonsten gefällt der Seat Leon ST TGI mit den typischen Tugenden des spanischen Kompakten: Chic, ausreichend Platz für vier Personen und ein dynamisches Äußeres. Ein gutes Gesamtpaket.
Zuletzt aktualisiert: Mai 2019
Jens Stratmann
Automobil-Journalist
Baujahr 1979, technisch im einwandfreien Zustand! Nach einer Ausbildung und über elf Jahren Erfahrung im KFZ-Bereich, machte Jens seine Passion zu seinem Beruf. Jens schreibt Beiträge über Neu- und Gebrauchtwagen, die auf persönlichen Erfahrungen und Fahrtests zu dem jeweiligen Auto basieren.
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