Viel zu oft werden Altersdepressionen nicht erkannt und diagnostiziert. Dabei lassen sich die Symptome der Erkrankung mit Medikamenten und Psychotherapie häufig gut behandeln. Als Angehöriger spielen Sie eine zentrale Rolle, um Veränderungen frühzeitig zu erkennen und Hilfe anzustoßen. Erfahren Sie in diesem Beitrag mehr über Depression im Alter und ihre Behandlungsmöglichkeiten.
Depression im Alter: Symptome von Altersdepression erkennen und Betroffenen helfen
Depression im Alter – weit verbreitet, doch selten erkannt
Nach ärztlichen Schätzungen sind etwa 17 Prozent der älteren Menschen von einer Depression betroffen. Damit gehört die Krankheit neben Demenz zu den häufigsten psychischen Erkrankungen bei Menschen über 65 Jahren. Frauen sind durchschnittlich doppelt so häufig von der Krankheit betroffen wie Männer. Bei ihnen zeigen sich vermehrt emotionale Symptome, wohingegen bei Männern häufig zuerst die körperlichen Beschwerden erkannt werden. In beiden Fällen ist jedoch mit einer hohen Dunkelziffer zu rechnen: Denn weit mehr als die Hälfte der Altersdepressionen werden gar nicht erst untersucht oder erkannt. Dabei sind die Symptome einer Depression medikamentös oder durch Psychotherapie und kognitive Verhaltenstherapie oftmals gut behandelbar.
Warum sind Depressionen im Alter so schwer zu erkennen?
Dass Depressionen ausgerechnet bei älteren Betroffenen häufig nicht diagnostiziert werden, liegt auch an den typischen Symptomen der Erkrankung: Meist äußert sich die Depression nicht nur durch eine trübe Stimmung und Antriebslosigkeit. Bei älteren Erkrankten kommen im Vergleich zu jüngeren Depressiven häufiger auch körperliche Beschwerden hinzu. Eine Differenzierung zu Symptomen die durch das Alter oder körperliche Erkrankungen auftreten, fällt mitunter auch dem medizinischen Personal schwer: Häufig werden Schmerzen als vorrangiges Problem behandelt, ohne eine Depression als Ursache zu vermuten. Auch das direkte Umfeld des Betroffenen kommt meist nicht auf die Idee, dass die betroffene Person depressiv sein könnte. Die Depression tarnt sich als “typische Altersschwäche” und eine Therapie bleibt aus. Umso wichtiger ist es für Betroffene und Angehörige, die typischen Symptome für eine depressive Erkrankung zu kennen und richtig zu deuten.
Mögliche Symptome einer Altersdepression
- Interessenverlust an Tätigkeiten, die früher Freude bereitet haben
- Rückzug in die eigenen vier Wände, Vermeiden von sozialen Kontakten
- Niedergeschlagenheit, Energielosigkeit oder Schlafstörungen
- Vermeidung von anstehenden Aufgaben und Entscheidungen
- Vernachlässigung des Haushalts, der Körperhygiene oder der Ernährung
- Gefühl der Wertlosigkeit oder des „Zur-Last-Fallens“
- Häufige Grübeleien über den Tod, eventuell sogar Suizidgedanken
- Schmerzen, für die sich keine körperliche Ursache finden lässt
Depression oder Demenz – Krankheitsbilder richtig unterscheiden
Hinzu kommt, dass sich die beiden Erkrankungen Depression und Demenz sehr ähnlich sind: Im Anfangsstadium einer Demenz treten häufig depressive Symptome wie Gereiztheit, Traurigkeit oder Interessenlosigkeit auf. Betroffene zeigen eine stärkere Ausprägung von Orientierungslosigkeit und beantworten Fragen häufig mit “ich weiß nicht”. Es ist typisch für Demenzerkrankte, ihre Krankheit zu leugnen und sich nicht aktiv darüber zu beklagen.
Depressive hingegen antworten auf Fragen eher mit „ich kann nicht“ und beklagen sich stärker darüber, dass sie „nichts mehr wissen“. Das Denken fühlt sich oftmals gehemmt, aber nicht verwirrt an. Eine korrekte Diagnose ist für Laien nicht einfach. In beiden Fällen ist daher unbedingt ärztlicher Rat einzuholen.
Tipps für Angehörige im Umgang mit Betroffenen
Als Angehöriger können Sie den Betroffenen nicht heilen, aber Sie können im Umgang damit helfen. Wichtig ist, eine Depression als Erkrankung wie jede andere auch anzusehen und Ihren Angehörigen bei der Behandlung zu unterstützen. Suchen Sie aktiv das Gespräch und unterstützen Sie ihn dabei, die Krankheit selbst als solche anzusehen.
Experten der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention empfehlen, das Gespräch mit einer Ich-Botschaft zu beginnen. Erklären Sie zum Beispiel, dass Sie bemerkt haben, dass es Ihrem Angehörigen nicht gut geht und dass Sie sich Sorgen um ihn machen. Schlagen Sie konkret vor, die Bedenken einmal mit einem Arzt abklären zu lassen.
Der erste Ansprechpartner bei Depression kann der Hausarzt sein, der bei Bedarf an einen Psychiater überweist. Unterstützen Sie Ihren Angehörigen bei der Organisation des Termins, begleiten Sie ihn auf Wunsch in die Praxis und stehen Sie ihm auch danach mit Geduld und Verständnis zur Seite: So können Sie helfen, die Behandlung konsequent durchzuführen.
Hilfe zur Selbsthilfe: Wann halten sich pflegende Angehörige und Freunde besser zurück?
In manchen Fällen sollten Sie abwägen, welche Tätigkeiten Sie Ihrem depressiven Angehörigen abnehmen sollten und welche nicht: Denn manchmal könnte es besser sein, ihn stattdessen selbst zum Aktivwerden anzuregen. Einerseits möchten Sie ihn so gut wie möglich unterstützen. Doch hilft man zu viel, kann es passieren, dass der Betroffene buchstäblich aus der Übung kommt. Er traut sich dann immer weniger zu und die Lebensqualität wird zunehmend eingeschränkt. Diese Abwärtsspirale nennen Psychologen „erlernte Hilflosigkeit“. Sie kann dazu führen, die Symptome einer Depression noch weiter zu verschlimmern. Betroffenen fällt es meist schwer, alleine den Weg hinaus zu finden.
Einsamkeit im Alter als Risikofaktor für Altersdepressionen
Langzeitstudien vermuten hinter chronischer Einsamkeit und sozialer Isolation einen Risikofaktor für Depression und andere psychische Erkrankungen. Auch das Risiko für alte Menschen, an einer Depression zu erkranken, steigt durch Einsamkeit im Alter. Deshalb ist gerade für ältere Patienten ein soziales Umfeld besonders wichtig. Doch was macht den Kontakt zu anderen Menschen eigentlich so wertvoll? Wertschätzung, Bestätigung und Zuneigung sind äußere Faktoren, die für das eigene Selbstwertgefühl von hoher Bedeutung sind und die wir nur im Kontakt mit anderen erhalten können. Gerade für Menschen, die an einer Depression erkranken, ist die Stärkung des eigenen Selbstwertgefühls ein wichtiger Bestandteil der Therapie.
Pflegende Angehörige können auf unterschiedliche Angebote zurückgreifen, um Pflegebedürftige beim sozialen Austausch zu unterstützen und damit der Entstehung einer Depression entgegenzuwirken. Beispielsweise bieten regionale Träger, darunter auch Stellen der Caritas, einen "offenen Mittagstisch" an: Senioren und Pflegebedürftige kommen in geselliger Runde zusammen. Häufig werden die Treffen von jüngeren, freiwilligen Helfern begleitet. Auch die Hilfe durch einen Alltagshelfer bietet Möglichkeiten für ein soziales Miteinander: Alltagshelfer unterstützen Pflegebedürftige bei alltäglichen Aufgaben, begleiten sie bei Ausflügen oder verbringen die Freizeit mit ihnen.
Wenn Sie das Gefühl haben, dass ein Angehöriger von einer Altersdepression betroffen sein könnte, zögern Sie nicht, einen Arzt aufzusuchen und Hilfe anzunehmen. Die erste Anlaufstelle sind in der Regel der Hausarzt oder die Hausärztin. Der Betroffene wird daraufhin an einen Facharzt überwiesen. Bei der Suche nach einem geeigneten Therapeuten können folgende Quellen hilfreich sein:
- Die Website der Psychotherapeutenkammer des jeweiligen Bundeslandes
- Internetseiten der Kassenärztlichen Vereinigungen
- Listen mit lokalen Psychotherapeuten, die von den Krankenkassen herausgegeben werden
- Die Beratung durch den Psychotherapie-Informationsdienst (PID)
Bei akuten Notfällen oder gar Suizidgedanken können ebenfalls die Ambulanzen psychiatrischer Kliniken aufgesucht werden. Auch der ärztliche Bereitschaftsdienst steht in akuten Notfallsituationen zur Verfügung.
Eine Altersdepression kann zwar eine große Herausforderung darstellen. Doch Sie sind in dieser Situation nicht alleine. Es gibt eine Vielzahl medizinischer Angebote und Unterstützungen, die Ihnen helfen werden, mit der Erkrankung besser zurechtzukommen.
Zuletzt aktualisiert: September 2025