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Pflege Demenz

Beschuldigungen bei Demenz: Tipps für Angehörige im Umgang mit falschen Anschuldigungen

Falsche Anschuldigungen bei Demenz sind häufig und für Angehörige belastend. Sie entstehen meist aus Unsicherheit, Angst oder Überforderung und sind kein bewusster Vorwurf. Wichtig ist, ruhig zu bleiben, Beschuldigungen nicht persönlich zu nehmen und durch verständnisvolle Kommunikation Sicherheit zu vermitteln. Der Text gibt praktische Tipps für Angehörige, erläutert den Umgang mit dem Verhalten und zeigt Entlastungs- und Hilfsangebote auf.

Demenz verstehen

Demenzkranke erleben kognitive Veränderungen: Gedächtnisschwäche, Orientierungsprobleme, verlangsamtes Denken, Wahrnehmungsstörungen, Wahnvorstellungen und Halluzinationen. Dadurch ordnet die erkrankte Person Situationen falsch ein. Wenn etwa ein Gegenstand verlegt wurde, kann daraus die falsche Beschuldigung entstehen, jemand habe ihn genommen.

Hinter der Beschuldigung stehen oft das Bedürfnis nach Sicherheit, der Verlust von Kontrolle und die Tatsache, dass die Person sich nicht mehr daran erinnern kann, was zuvor passiert ist. Im Verlauf einer Demenz – insbesondere bei fortgeschrittener Demenz – nehmen solche Anschuldigungen zu.

Wichtig: Es handelt sich nicht um böse Absicht, sondern um ein Symptom der Erkrankung. Alzheimer ist die häufigste Form der Demenz; nicht jede Demenz beginnt mit Vergesslichkeit. Gerade zu Beginn können demenzerkrankte Menschen Veränderungen in Persönlichkeit und Verhalten zeigen. Ein respektvoller Umgang mit Demenz erkrankten Menschen hilft, Überforderung zu vermeiden.

Beschuldigungen bei Demenz: "Du hast mich bestohlen"

Typische Szenarien sind Diebstahlvorwürfe wie "Du hast mich bestohlen" oder Behauptungen, dass jemand absichtlich Dinge versteckt. Solche falschen Anschuldigungen treffen häufig nahe stehende Angehörige oder Pflegekräfte, weil sie am meisten präsent sind. Für die erkrankte Person fühlt sich die Anschuldigung real an, insbesondere wenn Wahnvorstellungen oder Halluzinationen vorliegen. Nehmen Sie die Anschuldigung deshalb nicht persönlich. Die betroffene Person reagiert aus ihrer erlebten Realität; Ihr Ziel ist, die Situation zu beruhigen und Verwirrung zu vermeiden.

Tipps für Angehörige: Umgang und Kommunikation im Alltag für mehr Verständnis

  • Bestätigen Sie Gefühle ("Ich sehe, das macht dir Angst") und signalisieren Sie, dass die Person ernst zu nehmen ist. Das reduziert herausforderndes Verhalten.
  • Anschuldigungen nicht persönlich nehmen: Versuchen Sie, Vorwurf und Beschuldigung als Symptom zu sehen, nicht als Angriff. Wahren Sie emotionalen Abstand, um Überforderung zu vermeiden.
  • Ruhig bleiben, neben die Person setzen: Nähe ohne Druck. Eine angepasste Kommunikation auf Augenhöhe wirkt deeskalierend.
  • Kurz, klar und freundlich sprechen: Einfache Sätze, langsames Tempo, Blickkontakt. Kurze Anweisungen zu geben hilft, kognitiv nicht zu überfordern.
  • Ablenken und Sicherheit geben: Wechseln Sie sanft das Thema. Nutzen Sie bekannte Routinen, um gemeinsam nach dem "verlorenen" Gegenstand zu suchen. Das Bedürfnis nach Sicherheit ansprechen.
  • Fakten prüfen, ohne zu konfrontieren: Unauffällig nachsehen, ob ein Gegenstand verlegt wurde. Keine langen Diskussionen über "richtig/falsch" – das kann die Situation verschlimmern.
  • Rituale schaffen: Feste Plätze für Schlüssel, Geldbörse, Brille; beschriftete Schubladen; kleine Checklisten. So sinkt das Risiko für Diebstahlverdacht.
  • Umgebung strukturieren: Gute Beleuchtung, Kontraste, einfache Ordnungssysteme, weitere Ablagen (z. B. für einen Zweitschlüssel). Das hilft demenzerkrankten Personen im Alltag.
  • Positives bestärken: Häufig loben und ermutigen. Das stärkt Selbstwert und reduziert herausforderndes Verhalten.
  • Grenzen und Selbstschutz: Bei massiver Aggression körperliche Distanz wahren und Hilfe in Anspruch zu nehmen (z. B. weitere pflegende Angehörige, Pflegekräfte) – Ihre Entlastung ist wichtig.

Was Angehörige beachten sollten

Versuchen Sie herauszufinden, welches Bedürfnis hinter der Anschuldigung steckt: Angst, Scham, Kontrollverlust oder das Bedürfnis nach Sicherheit? Reagieren Sie auf das Gefühl und nicht auf die wörtliche Behauptung. Hilfreiche Formulierungen sind zum Beispiel "Lass uns zusammen schauen" oder "Ich bin da, wir kümmern uns darum".

Vermeiden Sie Vorwürfe, Kritisieren, Bloßstellen und das logische "Beweisen". Das kann die Situation verschlimmern und zu weiterem herausfordernden Verhalten führen. Ziel ist es, die Bedürfnisse des Betroffenen wahrzunehmen und deeskalierend darauf zu reagieren.

Pflegend handeln: Sicherheit, Entlastung und Hilfe organisieren

Pflege und Betreuung eines Angehörigen mit Demenz sind herausfordernd. Es ist ratsam, frühzeitig Beratung in Anspruch zu nehmen – etwa in der Hausarztpraxis, in einer Demenz-Sprechstunde oder bei der Deutschen Alzheimer Gesellschaft. Diese Stellen bieten Tipps zum Umgang, Schulungen, Material für den Alltag und Hinweise auf regionale Unterstützungsangebote.

Entlastung bieten z.B. Pflegekräfte, Tagespflege, Kurzzeitpflege und Demenzcafés. Bei akuter Selbst- oder Fremdgefährdung fordern Sie professionelle Hilfe an (ärztlicher Bereitschaftsdienst oder Notruf 112). Entlastung für Angehörige ist kein Luxus, sondern schützt vor Überforderung.

Alzheimer und Demenz: kurz erklärt

Alzheimer gehört zu den Demenzerkrankungen und verläuft fortschreitend. Je nach Stadium der Demenz variieren Symptome und Belastungen. Viele setzen Demenz zunächst mit Vergesslichkeit gleich; tatsächlich zählen auch Wahrnehmungsstörungen, Wahnvorstellungen, Halluzinationen und herausforderndes Verhalten zu den möglichen Symptomen.

Menschen mit beginnender Demenz profitieren häufig von strukturierter Aktivierung, angepasster Kommunikation und einer sicheren Umgebung.

Tools und Prävention: kognitiv aktiv bleiben

Kognitiv anregende Aktivitäten, Bewegung, soziale Kontakte und ausgewogene Ernährung können das Wohlbefinden steigern. Eine App zur Demenzprävention oder strukturierte Trainingsangebote können demenzkranken Menschen im frühen Verlauf Hilfestellung geben. Solche Angebote ersetzen keine ärztliche Diagnostik, können aber als Ergänzung sinnvoll sein. Verlässliche Informationen und Tipps zum Umgang finden Sie bei der Deutschen Alzheimer Gesellschaft.

Tipps für den Alltag bei Demenz

Klare Tagesstruktur, wiederkehrende Routinen

Visuelle Hilfen (Piktogramme, Beschriftungen) zur Orientierung

Reize reduzieren (Lärm, Hektik), um Überforderung zu vermeiden

Gemeinsam Tätigkeiten durchführen, statt Anweisungen zu geben – Schritt für Schritt begleiten.

Medizinisch klären lassen, ob Schmerzen, Infekte, Nebenwirkungen oder Sensorik-Probleme (Hören/Sehen) das Verhalten beeinflussen.

FAQs

Häufig gestellte Fragen zum Thema Demenz und falschen Anschuldigungen

Anstatt zu diskutieren, vermitteln Sie Sicherheit.

Erste Hilfe: Tief durchatmen, nicht persönlich nehmen. Setzen Sie sich auf Augenhöhe.

Kommunikation: Spiegeln Sie die Emotion ("Ich sehe, dass dich das beunruhigt") statt logisch zu argumentieren. Beweise funktionieren bei Demenz nicht.

Lösung: Bieten Sie Hilfe an ("Lass uns gemeinsam suchen") oder lenken Sie sanft ab.

Prävention: Nutzen Sie Zweitschlüssel oder Attrappen für Geldbörsen, um die Situation schnell aufzulösen.

Widersprechen Sie nicht frontal ("Da ist nichts"), sondern reagieren Sie auf die Angst.

Sicherheit geben: Sagen Sie zum Beispiel "Ich bin bei dir, du bist sicher."

Umgebung checken: Oft sind Schatten, Spiegelbilder oder schlechtes Licht die Ursache. Schalten Sie Licht an und entfernen Sie störende Reize.

Gesundheit prüfen: Stellen Sie sicher, dass Brille und Hörgerät funktionieren (schlechtes Sehen/Hören begünstigt Halluzinationen).

Achtung: Treten Halluzinationen plötzlich auf, kann ein Infekt oder Flüssigkeitsmangel dahinterstecken. Dann ist ärztliche Abklärung zwingend nötig.

Holen Sie sich Unterstützung, bevor Sie selbst ausbrennen.

Sofort zum Arzt: Bei plötzlicher Verschlechterung, neuer Aggression oder starker Verwirrtheit (Verdacht auf Delir oder Schmerzen).

Notruf (112): Bei akuter Selbst- oder Fremdgefährdung.

Beratung: Kontaktieren Sie frühzeitig Pflegestützpunkte oder die Deutsche Alzheimer Gesellschaft, wenn Sie sich überfordert fühlen. Entlastung ist kein Luxus, sondern Notwendigkeit.

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Zuletzt aktualisiert: September 2025