Klein, wendig, clever – Attribute, die einen heutigen Kleinstwagen auszeichnen. Auch auf den Hyundai i10, jüngst als neues Modell vorgestellt, treffen diese Merkmale zu. Aber damit unterscheidet sich der Koreaner nicht vom weitläufigen Mitbewerberfeld. Als Klassenprimus kommt da natürlich der Volkswagen Up! in Frage, als Mitbewerber auf Augenhöhe wohl der Ford Ka+ und als Wettstreiter im eigenen Haus der aktuelle Kia Picanto. Wir machen es uns zur Aufgabe, die besonderen Talente und vielleicht sogar Alleinstellungsmerkmale des Hyundai i10 herauszufahren!
Hyundai i10 Fahrbericht | Test | Probefahrt
In der Kürze liegt die Würze, wie ein deutsches Sprichwort wissen will. Doch mit 3,67 m ist der Hyundai i10 gar nicht so kurz. Er ist sogar ganze sieben Zentimeter länger, als sein Top-Konkurrent, der Volkswagen Up!. Mit einer Breite von 1,68 m und einer Höhe 1,48 m liegen die beiden aber ungefähr gleichauf. Dennoch macht die gestreckte Länge den Hyundai i10 zu einer stattlichen Erscheinung im Segment der Kleinstwagen.
Kleinstwagen – was ist das überhaupt für ein Begriff? Früher gab es Kleinwagen, die Golf-, Mittel- und Oberklasse. Und heute? Da gibt es viel mehr, zig Klasse und Nischen. Und wenn ein Fahrzeug mehrere Klassen überspannt und kombiniert, spricht man von einem Crossover. Klingt kompliziert. Und deshalb sortieren wir den Hyundai i10 für Sie ein: Der Koreaner ist das kleinste Fahrzeuge, das man aus dem Hause Hyundai kaufen kann. Um aber nicht an Praktikabilität einzubüßen, kommt der i10 stets fünftürig vorgefahren.
Was auffällt, ist der verhältnismäßig lange Radstand von 2,43 m, der es bewirkt, dass die vier Räder quasi an den vier Ecken des Kleinstwagens angebracht sind. Heißt: Überhänge glänzen durch Abwesenheit. Dafür ziert den Kleinen ein grimmiger Gesichtsausdruck, hochgesetzte, runde Tagfahrleuchten im großen Kühlergrill und eine Motorhaube mit Sicken und Pfalzen. Seitlich stechen die großen Radhäuser sowie die deutliche Lichtkante im unteren Bereich der Türen hervor. Und noch etwas – einen sich durchzusetzenden Trend – erspäht man: Ein farblich kontrastierendes Dach. Am Heck verließ die Designer ein wenig der Mut: Kleine Rückleuchten, ein Dachspoiler – das war´s.
Bevor wir den Innenraum entern, stellen wir uns die Frage, ob der gestreckte Radstand nur von außen als solcher wahrgenommen wird, oder ob man auch wirklich ein Plus an Bewegungsfreiheit spürt. Man mag es anhand der knappen Gesamtlänge kaum glauben, aber der Hyundai i10 ist im Fond erstaunlich geräumig. Die Beinfreiheit im Fond sucht in dieser Klasse ihresgleichen – selbst, wenn vorn Großgewachsene logieren. Vorn herrschen ebenfalls recht großzügige Verhältnisse. Einzig die Sitzposition ist etwas gewöhnungsbedürftig, was sicherlich auf das Konto des in der Höhe, nicht aber in der Tiefe verstellbaren Lenkrads geht.
Vor dem Kauf sollte man sich überdies entscheiden, ob man zur Not auch mal vier Passagiere befördern möchte, oder es maximal deren drei sind. Warum? Ganz einfach: Die unteren beiden Ausstattungen sind ausschließlich als Viersitzer zu bekommen. Erst Trend, Prime und N-Line kommen als Fünfsitzer. Allen gemein ist aber das Kofferraumvolumen von ordentlichen 252 bis 1.050 Litern. Die Rückenlehnen können zum Vergrößern des Laderaums einzeln vorgeklappt werden, ergeben dann aber eine deutliche Stufe. Wirklich variabel ist der Kofferraum obendrein nicht. Etwas mehr Variabilität – etwa durch eine verschiebbare Rückbank – wäre wünschenswert.
Womit der Hyundai i10 indes glänzt, ist seine Übersichtlichkeit. Das liegt vor allem daran, dass man die Fensterunterkante beim Modellwechsel tiefer setzte und die C-Säule schmaler gestaltete. Fazit: funktioniert! Und das ist gerade beim Rangieren im Stadtverkehr wirklich nützlich.
Schön auch, dass sich alles nahezu blind bedienen lässt. Jeder Schalter, jede Taste dort, wo man sie erwartet. Und es gibt sogar noch Drehregler! Das ist – vor allem im Volkwagen-Konzern – mittlerweile eine Seltenheit. Und so verfügt auch das Lenkrad verfügt über echte Tasten, ist jedoch nicht damit überfrachtet. Die Bedienung ist logisch. Selbst die Instrumente sind klar und gut ablesbar und werden analog dargestellt. Ein cooles Extra wären digitale Instrumente, die gut zur jungen Zielgruppe passen würden. Gibt es aber nicht – schade!
Was es aber gibt, ist ein 8-Zoll-Display für das Infotainment, das ab der Ausstattung Trend sogar serienmäßig ist. Darüber hat man per Apple CarPlay und Android Auto Zugriff auf sein Smartphone und kann sich damit den Aufpreis des Navigationssystems sparen. Das kommt im Paket und macht die Sache etwas teuer. Dennoch ist das Navi-Paket sinnvoll, da es eine Rückfahrkamera, eine Verkehrszeichenerkennung und Telematik-Dienste beinhaltet. Gerade die Verkehrszeichenerkennung ist wirklich sinnvoll. Dasselbe lässt sich über das Komfort-Paket sagen, das eine Klimaautomatik, eine induktive Ladefunktion für das Smartphone, eine Mittelarmlehne und einen höhenverstellbaren Kofferraumboden mitbringt. Und für unter 500 Euro ist das eine wirklich empfehlenswerte Option.
Was beeindruckt, sind der Luxus und die Selbstverständlichkeit für Assistenten. So bietet bereits Trend eine Sitzheizung vorn, die außerdem eine Lenkradheizung umfasst und einen Hauch Oberklasse ins Interieur bringt. Außerdem sind viele Assistenten bereits Serie. Ein Spurhalteassistent, ein Tempomat mit Geschwindigkeitsbegrenzer sowie ein Fernlichtassistent und Front-Kollisionswarner mit Fußgängererkennung sind bei allen Varianten dabei. Selbst auf einen Aufmerksamkeitsassistenten muss man nicht verzichten!
Verzicht ist bei den Antrieben gefragt. Diesel? Gibt es nicht. E-Antriebe? Fehlanzeige. Dafür kommen die drei erhältlichen Benziner mit dem Leergewicht von rund einer Tonne – je nach Motorisierung – aber gut zurecht. Los geht es mit einem Dreizylinder mit 49 kW/67 PS, der es in etwas über 14 Sekunden auf 100 und dann mit Anlauf auf 156 km/h schafft. Sein Konsum wird mit 5,4 Litern auf 100 km angegeben.
Darüber rangiert ein 1,2 Liter Vierzylinder mit 62kW/84 PS, der serienmäßige über eine Start-Stopp-Funktion verfügt. Wie so oft, reicht diese goldene Mitte in den allermeisten Situationen aus. So spurtet der kleine Koreaner in 12,6 Sekunden auf 100 und ist bei bedarf 171 km/h schnell. Sein Verbrauch soll bei 5,8 Liter im Drittelmix liegen. Beide genannten Motoren sind mit einem automatisierten Getriebe erhältlich, das aber jede Form der Dynamik raubt. Zudem nervt es mit recht unharmonischen Schaltpunkten.
Richtig spritzig wird es mit dem 1.0 Liter Dreizylinder mit Turbolader, der automatisch an die N-Line gekoppelt ist. Das ist die dynamischste Ausstattungslinie, die auch optisch eine ganze Schippe drauflegt. Mit 74 kW/100 PS ist der Hyundai i10 zügig unterwegs, schafft es in 10,5 Sekunden auf 100 km/h und auf 185 km/h Topspeed. Angegeben wird er mit 5,4 Litern auf 100 km. Nutzt man sein Potenzial, werden in der Realität eher 6-6,5 Liter daraus. Und das ist immer noch in Ordnung.
Natürlich: Der Hyundai i10 ist keine Luxuslimousine – auch nicht mit seinem gestreckten Radstand. Hat aber hoffentlich auch niemand erwartet! Dafür wirkt der Knirps sportlich, gibt sich mit seiner präzisen Lenkung behände. Dazu passt die leichtgängige Fünfgang-Handschaltung, die ausreichend präzise geführt ist. Für den Ausflug auf die Autobahn würde ein sechster Gang guttun, aber das ist ohnehin nicht das Metier des Hyundai i10.
Gefallen hat uns das straffe Fahrwerk, das in der Stadt und auf Landstraßen hohe Kurvengeschwindigkeiten erlaubt und Fahrspaß aufkommen lässt. Damit wirkt der Hyundai i10 nicht nur sehr wendig, er ist es auch. Einzug Querfugen lassen den Hyundai i10 hoppeln, wie einen Golden Retriever beim Erblicken eines Tennisballs. Je nach Querfuge bekommen die Passagiere recht herbe Stöße verabreicht. Wenn man sparsam fährt, dann kann man sogar richtig gute Werte erfahren. 4,7 Liter im Durchschnitt ist kein Problem, wir hatten nach einer Distanz von etwas über 950 Kilometer einen Durchschnittsverbrauch von 4,9 Liter. Das soll uns erst mal einer nachmachen.
Das Kleinwagensegment ist für gewöhnlich die Fahrzeugklasse, in der eher preissensitive Käufer unterwegs sind. Gut, dass der ausgereifte Hyundai i10 bei knapp 11.000 Euro startet. Dafür bekommt man ein wirklich ausgereiftes Fahrzeug, das sogar das Zeug zum Vollwert-Auto hat. Für den Top-Benziner muss man rund 18.000 Euro investieren, für die mittlere Motorisierung etwas über 15.000 Euro. Dafür bekommt man aber schon die Trend-Ausstattung und die ist bereits gut ausgestattet.
Wer häufig rot sieht, kommt mit der einzigen Serienfarbe gut zurecht. Alle anderen müssen 250 bis 550 Euro Aufpreis zahlen – je nachdem, ob man eine einheitliche oder die Zweifarblackierung mit abgesetztem Dach haben möchte. Das ist aber recht fair kalkuliert. Mehr als fair sind die fünf Jahre Garantie, die jeder Hyundai mitbringt. Kilometer-unabhängig!
Wir stellten die Frage nach den Talenten des Hyundai i10. Nun, es gibt wohl keinen anderen Kleinstwagen, der so vernünftig bepreist ist, fünf Jahre Garantie mitbringt und dabei auch noch echten Fahrspaß bereitet. Sein Alleinstellungsmerkmal ist der lange Radstand, der dem Hyundai i10 eine Raumausnutzung beschert, die das Reisen für vier Passagiere mehr als bequem macht. Auf der Soll-Seite stehen ein etwas eingeschränkter Federungskomfort bei Querfugen. Dafür ist der Einstiegs-Hyundai aber fahrsicher und bringt allerhand Assistenten sogar in der Basis mit – das soll ihm mal einer nachmachen. Und so empfiehlt sich der Hyundai i10 als Stadt- und Landstraßenflitzer für junge Leute, als Zweit- oder sogar als Erstwagen. Prädikat: Den sollte man auf dem Schirm haben!
Tipp
Tarif berechnenZuletzt aktualisiert: März 2021
Jens Stratmann
Automobil-Journalist
Baujahr 1979, technisch im einwandfreien Zustand! Nach einer Ausbildung und über elf Jahren Erfahrung im KFZ-Bereich, machte Jens seine Passion zu seinem Beruf. Jens schreibt Beiträge über Neu- und Gebrauchtwagen, die auf persönlichen Erfahrungen und Fahrtests zu dem jeweiligen Auto basieren.
R+V-Newsletter abonnieren
So bleiben Sie auf dem Laufenden zu aktuellen Versicherungsthemen rund um Gesundheit, Mobilität, Geld, Vorsorge und vielem mehr. Freuen Sie sich auf attraktive Gewinnspiele und Aktionen.