Kopfschmerzen, gereizte Schleimhäute oder Atembeschwerden: Treten solche Beschwerden plötzlich in der eigenen Wohnung auf, können Schadstoffe oder Allergene die Auslöser sein. Wir geben Tipps, wie Sie die Gefahrenherde erkennen und was Sie vorbeugend in der Wohnung dagegen tun können.
Plötzliche Allergie in der Wohnung
Allergene oder Schadstoffe in der Wohnung: Ursachen finden
Wenn Sie vermuten, dass Sie in Ihrer Wohnung Schadstoffen oder allergieauslösenden Substanzen (Allergenen) ausgesetzt sind, sollten Sie schnell handeln. Das Wichtigste ist herauszufinden, welche Auslöser für die Beschwerden verantwortlich sind. Doch das ist nicht so einfach, denn die Beschwerden können ganz unterschiedliche Ursachen haben und die Symptome sind dabei oft ähnlich.
Etwa 30 Prozent der Deutschen leiden an Allergien. Eine der häufigsten Formen ist dabei laut Robert-Koch-Institut der Heuschnupfen, den etwa knapp 15 Prozent der Deutschen haben. Bei einer Sensibilisierung bildet das Immunsystem beim Erstkontakt bereits ein Antigen, bei einem erneuten Kontakt kann es zu einer allergischen Reaktion kommen. Dabei handelt es sich um eine Überreaktion des Immunsystems auf eine bestimmte Substanz.
Das sagt der Experte
„Die Symptome aufgrund von Belastungen in Innenräumen sind ausgesprochen vielfältig. Sie können sich sowohl auf der Haut mit Juckreiz und Ekzemen, Schleimhautreizungen der Augen, der Nase und des Rachens oder in den Atemwegen mit Husten, verstopfter Nase, Niesreiz, Schnupfen bis hin zur akuten Atemnot manifestieren“, erläutert Dr. Mario Bauer vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig. „Bei Kindern treten noch häufiger Mittelohrentzündungen, eine Bronchitis oder sogar Asthma auf, wenn die Eltern in der Wohnung rauchen“, so der Spezialist für Toxikologie und Umweltgesundheit.
Die häufigsten Beschwerden in der Wohnung gehen nicht vom Baumaterial oder von Einrichtungsgegenständen aus. Umweltexperte Bauer sagt: „Sie werden von ‚Mitbewohnern‘ verursacht, die wir durch die Bausubstanz oder unser Wohnverhalten ungewollt einziehen lassen. Das sind zum einen Hausstaubmilben, die sich hauptsächlich von unseren Hautschuppen ernähren, zum anderen Schimmelpilze, die sich an feuchten Stellen mit organischer Substanz, wie etwa Tapeten, prächtig vermehren können.“
Hausstaubmilben sind nicht zu sehen, aber trotzdem da. Sie sind vor allem dort, wo es warm und feucht ist. Besonders wohl fühlen sie sich ab Temperaturen von 25 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von 70 Prozent. Obwohl es in Schlafzimmern meist kühl ist, schafft der schlafende Mensch unter der Bettdecke ein ideales Klima für Hausstaubmilben – dort ist es warm und feucht. Ihre Nahrung in Form von Hautschuppen finden sie etwa in Matratzen, Kissen, Polstermöbeln, aber auch in Teppichen, Vorhängen, Plüschtieren und Büchern. Die allergischen Reaktionen werden von den zerfallenden und aufgewirbelten Exkrementen der Hausstaubmilben ausgelöst. Die Hausstaubmilbenallergie kann sich durch Neurodermitis oder auch Heuschnupfen äußern – im schlimmsten Fall sogar durch Asthma.
- Pflanzen erhöhen die Luftfeuchtigkeit im Zimmer und fördern damit günstige Bedingungen für Hausstaubmilben. Pflanzen gehören daher nicht ins Schlafzimmer.
- Nicht mit nassen Haaren ins Bett gehen, da auch dies die Luftfeuchtigkeit erhöht. Denn Milben lieben es feucht und warm.
- Nutzen Sie Encasing-Sets. Das sind spezielle Kopfkissen- und Bettdeckenbezüge für Allergiker, die den Kontakt zu Hausstaubmilben vermindern. Die Kosten werden von vielen Krankenkassen anteilig übernommen.
- Wechseln Sie regelmäßig die Bettwäsche (alle zwei Wochen) und waschen Sie die Bettwäsche bei mind. 60 Grad.
- Glatte Böden, z. B. Parkett oder Laminat, lassen sich besser reinigen und enthalten daher weniger Allergene als Teppichböden. Deshalb sind glatte Böden zu bevorzugen.
Pollen sind durch die Klimaveränderung mittlerweile fast ganzjährig unterwegs. Das verleidet Pollenallergikern nicht nur den Sonntagsspaziergang in der Natur. Durch offene Fenster und Türen sowie durch Anhaftung an Kleidung, Schuhen und Haaren gelangen sie auch in Haus und Wohnung. Neben Niesanfällen, lästigem Schnupfen und Augenreizungen kann eine Pollenallergie bis zu allergischem Asthma führen. Eine Hyposensibilisierung kann die Beschwerden deutlich lindern. Um Pollen im Schlafzimmer zu vermeiden, ist z. B. in Stadtgebieten das Lüften frühmorgens oder nach einem Regenguss sinnvoll. Auch Pollenflug-Karten des Deutschen Wetterdienstes geben Auskunft über die optimalen Lüftungszeiten.
- Bringen Sie Pollenschutzgitter am Schlafzimmerfenster an.
- Achten Sie auf eine gute Betthygiene, d. h. nicht mit benutzter Straßenkleidung aufs Bett legen.
- Abends duschen und Haare waschen – damit spülen Sie Staub und Pollen von der Haut und den Haaren und vermeiden einen langen Kontakt mit den Allergenen.
- Bettwäsche regelmäßig wechseln (alle zwei Wochen) und bei mindestens 60 Grad waschen.
- Glatte Böden wie Parkett und Laminat lassen sich besser reinigen und Allergene verfangen sich nicht darin wie bei Teppichböden. Daher sind glatte Böden zu bevorzugen.
- Benutzte Kleidung, die draußen getragen wurde, nicht im Schlafzimmer ablegen, sondern im Nebenraum.
- Stellen Sie ein Luftreinigungsgerät im Schlafzimmer auf, um Pollen aus der Luft zu filtern.
Schimmelpilze gedeihen auf allen organischen Stoffen im Haus. Dazu gehören Holz und Wände genauso wie Kunststoffe. Sie entwickeln sich am besten bei einer hohen Luftfeuchtigkeit (über 70 Prozent). Ursache für die allergischen Reaktionen sind die vom Schimmel in die Wohnräume abgegebenen Schimmelpilzsporen. Es können Hautreizungen, grippeähnliche Symptome, Erschöpfungszustände, Schwindel oder Gedächtnis- und Sprachstörungen auftreten. Schimmelpilze können auch Atemwegserkrankungen wie Reizhusten und allergisches Asthma verursachen. Am besten vermeiden Sie Schimmel, indem Sie regelmäßig und richtig lüften. Richtig lüften bedeutet, dass das Fenster für mindestens fünf Minuten weit geöffnet wird. Wenn möglich: Querlüften mit zwei gegenüberliegenden Fenstern.
Gut zu wissen: Ein gekipptes Fenster ist nicht optimal für den Luftaustausch im Raum. Im Gegenteil: Der Luftaustausch ist eher gering und bei einem dauerhaft gekippten Fenster kühlt die Wand um das Fenster herum aus. Es kann zur Bildung von Kondenswasser kommen. Das ist wiederum die ideale Grundlage für eine mögliche Schimmelbildung.
Wenn der Freund auf vier Pfoten zum Allergieauslöser wird, ist das besonders tragisch. Am weitesten verbreitet sind Allergien gegen Katzen, Hunde und Nagetiere. Auslöser sind nicht die Tierhaare selbst, sondern Proteine in Hautschuppen oder Reste von Schweiß, Speichel, Kot oder Urin, die an den Haaren haften. Einzige Lösung ist die Kontaktvermeidung. Das bedeutete bisher bei einer Katzenallergie leider: ein neues Zuhause für die Katze finden. Eine neue Therapieform macht jedoch Hoffnung. Sie ermöglicht es, das Katzenallergen durch eine Impfung der Katze drastisch zu reduzieren und das Tier somit im Haushalt belassen zu können. Eine weitere Möglichkeit ist die Hyposensibilisierung. Dabei erhalten Betroffene etwa alle vier bis sechs Wochen eine Tablette, Spritze oder Tropfen, in denen das Allergen in abgeschwächter Form enthalten ist. Die Therapie ist wie eine Art Training, bei dem sich der Körper an das Allergen gewöhnt.
In unserer modernen Welt sind wir manchmal von Schadstoffen umgeben, sogar in unserer eigenen Wohnung. Von der Luft, die wir atmen, bis hin zu den Oberflächen, die wir berühren – überall können Schadstoffe in verschiedenen Formen und Quellen auftreten. Wenn eine plötzliche Allergie in der Wohnung mit ungeklärten Gesundheitsstörungen auftritt, gehen Sie den Ursachen schnellstmöglich auf den Grund. Wenn die Beschwerden bei einem längeren Aufenthalt außerhalb der Wohnung abnehmen, zum Beispiel im Urlaub, ist dies ein Indiz für eine Belastung durch Allergene oder Schadstoffe in der Wohnung.
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Asbest: Oftmals gut versteckt
Asbest wurde etwa in der Zeit von 1950 bis 1993 häufig im Hausbau eingesetzt. Als Deckenverkleidung, in Zement, Platten und in Fugenmasse war es im Einsatz. Das Material ist krebserregend und kann Asbestose hervorrufen, eine Lungenerkrankung, die durch Asbeststaub hervorgerufen wird. Seit 1993 ist daher die Herstellung und Verwendung von Asbest in Deutschland verboten.
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PCB im Baumaterial
PCB (Polychlorierte Biphenyle) kann in Fugenmasse, Deckenplatten, Wandfarben, besonderen Bodenklebern und Holzschutzmitteln enthalten sein. Es wurde bis 1978 verwendet. Dann wurde bekannt, dass der Stoff krebserregend und gesundheitsschädigend ist und wird seitdem nicht mehr in Baumaterialien verwendet.
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Formaldehyd in der Wohnung vermeiden
Formaldehyd wird zum Binden von Holzwerkstoffen in Spanplatten und Möbeln eingesetzt, aber auch in Farben, Lacken, Fußbodenbelägen oder Textilien. Eine Belastung durch Formaldehyd äußert sich meist durch Reizung der Augen und Atemwege und kann irreversible Schäden an inneren Organen verursachen. Formaldehyd sollte in Innenräumen einen Höchstwert von hundert Mikrogramm pro Kubikmeter (100 µg/m3) nicht überschreiten, empfehlen die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und das Umweltbundesamt.
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Lack und Kleber ohne Lösungsmittel verwenden
Lösungsmittel sind zum Beispiel in Farben, Lacken, Verdünnern und Klebern enthalten. So geben etwa Kunstharzlacke Lösungsmittel an die Raumluft ab. Lösungsmittel sind häufig Verursacher von Schadstoffbelastungen in Innenräumen. Sie können das Zentralnervensystem angreifen, Leber und Nieren schädigen, krebserregend oder erbgutschädigend sein und Allergien auslösen. Nach einem Kontakt können Symptome wie Kopfschmerzen, Atemwegs- und Schleimhautreizungen, Sehstörungen, Schwächezustände oder Schwindel auftreten.
Nicht jeder Kontakt mit einem Schadstoff führt sofort zu einer Erkrankung. Hier muss unterschieden werden, ob es zu einem direkten Hautkontakt gekommen ist oder die Schadstoffe über die Raumluft aufgenommen wurden. Auch die Konzentration des Schadstoffs und die Dauer des Kontakts bestimmen die Auswirkungen auf den Körper. Dazu kommt, dass jeder Mensch unterschiedlich auf Schadstoffe reagiert. Eine Analyse der Raumluft oder von Materialproben kann Aufschluss über Schadstoffe im Raum geben.
Im Fall einer plötzlichen Allergie in der Wohnung kann ein Mediziner den Patienten bei der Suche nach der Ursache für die Beschwerden unterstützen. „Der behandelnde Arzt benötigt eine möglichst detaillierte Aufstellung, wann und wo die Beschwerden auftreten oder abklingen. Hilfreich in einem solchen Protokoll sind auch begleitende Informationen zu eigenen Aktivitäten, Mahlzeiten oder Veränderungen wie Umzügen, Renovierungen oder neuen Gegenständen in der Wohnung“, empfiehlt Dr. Mario Bauer. Der Ärzteverband Deutscher Allergologen (AEDA) bietet auf seiner Internetseite eine Allergologen-Suche nach Postleitzahl an.
Ein Allergietest kann dann Aufschluss darüber geben, ob es sich bei den Beschwerden um eine bislang unbekannte Allergie handelt. „Wenn ich unter Haut- und Schleimhautreizungen leide, könnte eine Schimmelpilzbelastung vorliegen, die es aufzuspüren und zu beseitigen gilt“, sagt Bauer. Häufigkeit und Heftigkeit der Symptome einer Allergie unterlägen oft größeren Schwankungen oder träten nur saisonal auf. Giftstoffe verursachten eher chronische, kontinuierliche Beschwerden.
In einem Allergietagebuch, zum Beispiel einem Taschenkalender oder Zeitplaner, können Sie genau notieren, wann und unter welchen Bedingungen Symptome auftreten. Ihrem Arzt hilft das, mögliche Ursachen einzugrenzen. Folgende Informationen sollte das Allergietagebuch enthalten:
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Welche Beschwerden treten auf?
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Grenzen Sie die Symptome zeitlich und räumlich ein.
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Treten die Beschwerden vornehmlich in bestimmten Räumen auf? Prüfen Sie vor allem sensible Bereiche wie Schlafzimmer oder Kinderzimmer.
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Sind andere Personen, Tiere oder Pflanzen von Schädigungen betroffen?
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Treten offensichtliche Gefahrenträger auf (z. B. Schimmelpilz, stechende Gerüche)?
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Wurden in der Wohnung oder in Möbeln problematische Baustoffe oder Materialien verwendet (z. B. Spanplatten, Holzschutzmittel, Bleirohre)?
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Gab es einen Wasserschaden?
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Befinden sich in der Nähe Ihrer Wohnung mögliche Verursacher von Schadstoffausstößen (z. B. Fabrik, chemische Reinigung)?
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Haben Sie die Beschwerden erst, seitdem Sie in die Wohnung eingezogen sind, seit einer Renovierung oder seit einer bestimmten Neuanschaffung?
Am besten sorgen Sie dafür, dass gefährliche und potenziell für Sie gefährliche Stoffe erst gar nicht in die Wohnung gelangen. So müssen Farben und Putze für den Innenbereich geeignet sein. Produkte für den Außenbereich haben in der Wohnung nichts zu suchen. Farben, Lacke oder Kleber sollten nicht in der Wohnung gelagert werden. Bei der Wahl emissionsarmer Produkte helfen verschiedene Gütesiegel und Umweltzeichen. Finden Verbraucher diese auf einem Produkt, können sie davon ausgehen, dass bestimmte Schadstoffgrenzwerte nicht überschritten werden. Das Umweltbundesamt gibt einen Überblick über die wichtigsten Umweltsiegel.
Schadstoffmessung in der Wohnung durchführen
Zwar kann der Mieter eine Schadstoffmessung durchführen lassen, aber wenn er diese selbst beauftragt, muss er das Gutachten auch bezahlen. Deshalb ist es ratsam, sich zunächst an die Kommune, zum Beispiel das Gesundheitsamt oder die Verbraucherzentralen zu wenden, die teilweise ebenfalls solche Untersuchungen anbieten. Eine weitere Möglichkeit ist nach Absprache mit dem Vermieter, die Kosten für den Gutachter zu teilen.
Zuletzt aktualisiert: Mai 2024
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