Bei Unfällen auf der Straße ist nicht immer eindeutig, wer die Schuld trägt. Oft steht Aussage gegen Aussage und es gibt keine Beweise. Um das zu verhindern und im Falle des Falles etwas in der Hand zu haben, gibt es immer mehr Autofahrerinnen und Autofahrer, die mit sogenannten Dashcams den Verkehr filmen. Woher kommt dieser Trend? Sind Dashcams eigentlich erlaubt und kann das Videomaterial im Ernstfall vor Gericht entscheidend sein?
Filmen beim Fahren: Sind Dashcams erlaubt in Deutschland?
In anderen Ländern sind die Mini-Cams wesentlich weiter verbreitet als in Deutschland. Russland liegt hier ganz weit vorn.
Fast alle Autos sind dort mit einer Dashcam ausgestattet, um den Verkehr zu filmen. So sichern sich Fahrer und Fahrerinnen ab, falls es zu Zusammenstößen kommt. Gerade in Russland sind Unfallflucht und vorgetäuschte Unfälle keine Seltenheit. Dabei landen auch immer wieder witzige Situationen und ungewöhnliche Ereignisse vor der Linse, die dann im Internet um die Welt gehen. So gibt es zum Beispiel zahlreiche Dashcam-Aufnahmen des Meteors von Tscheljabinsk, der im Februar 2013 in die Erdatmosphäre eintrat und spektakulär explodierte.
Die kleinen Kameras werden meist am Armaturenbrett befestigt und filmen den Verkehr aus dem Auto heraus. Falls es zu einem Unfall kommt, erhoffen sich die Fahrerinnen und Fahrer, im Zweifelsfall ihre Unschuld beweisen oder zumindest den Unfallhergang beschreiben zu können. Allerdings hatte das bislang in den meisten Fällen keinen Erfolg: Das Filmen anderer Personen ohne deren Einverständnis verstößt in Deutschland gegen das Bundesdatenschutzgesetz.
Selbst die Polizei darf im Rahmen einer Strafverfolgung nur sehr begrenzt Videos machen, denn sie stellen einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht dar.
Trotzdem gab es in der Vergangenheit auch Gerichtsentscheidungen, die Dashcamvideos berücksichtigt haben. So entschied das Amtsgericht Nienburg 2015, ein Video ins Urteil mit einzubeziehen. Das Gericht begründete die Entscheidung damit, dass die Kamera nur sehr kurz und ausschließlich während der Straftat eingeschaltet worden sei. Außerdem standen keine anderen Beweise zur Verfügung, die die Situation hätten aufklären können.
Das Amtsgericht München hingegen sah die Sache anders. Ohne einen bestimmten Anlass sei es nicht erlaubt, den Verkehr zu filmen. Schließlich könne dann jeder seinen Alltag mitfilmen, um gegebenenfalls Anzeige gegen jemanden zu erstatten.
Die Frage, ob Dashcams in Deutschland erlaubt sind, ließ sich also nicht zuverlässig beantworten.
Das BGH-Urteil vom 15.05.2018
Am 15.05.2018 hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun aber die Verwendung von Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel vor Gericht zur Klärung von Verkehrsunfällen für zulässig erklärt.
Die Aufnahmen verstießen zwar gegen das Datenschutzrecht. Da aber Unfallbeteiligte ohnehin Angaben zu Person, Versicherung und Führerschein machen müssten, sei dies nachrangig (VI ZR 233/17). Die Aufnahmen dürfen demnach bei Unfall-Prozessen genutzt werden, was aber nicht bedeutet, dass man automatisch immer filmen darf.
Die Richter verwiesen auf das Datenschutzgesetz. Das permanente Aufzeichnen bleibt nach wie vor unzulässig. Diese Unzulässigkeit führt aber nicht dazu, dass Bilder in Zivilprozessen nicht verwertet werden dürfen. Ob Dashcams erlaubt sind, ist also immer eine Frage der Abwägung im Einzelfall.
In Deutschland sind bisher noch wenige Autos mit den kleinen Kameras an Windschutzscheibe oder Armaturenbrett unterwegs. Doch Dashcams werden auch hierzulande immer beliebter (insbesondere aufgrund des neuen BGH-Urteils): Einer Umfrage des IT-Branchenverbands Bitkom zufolge nutzen Dashcams derzeit acht Prozent von 1.000 befragten Autofahrern und Autofahrerinnen.
Weitere 13 Prozent wollen in Zukunft auf jeden Fall eine Kamera installieren, 25 Prozent können es sich vorstellen. Für ein hilfreiches Beweismittel halten sie fast drei Viertel der Befragten.
Um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass die Dashcam-Aufnahmen erlaubt sind und Sie vor Gericht entlasten können, gilt es einige Punkte zu beachten. Mit einer modernen Dashcam umgehen Sie die Hürden des Datenschutzgesetzes, indem die Mini-Kamera nur den unmittelbaren Unfallhergang aufnimmt. Dafür ist kein manuelles Einschalten der Dashcam notwendig, da die aktuellen Modelle bereits über die notwendigen Features verfügen:
- Loop-Funktion: Verhindert dauerhafte Speicherung auf der SD-Karte.
- G-Sensor: Beschleunigungssensor, der Gefahrensituationen wahrnimmt.
- GPS: Zeigt Unfallort an.
- Datum- und Uhrzeiterfassung: Zeigt Unfallzeitpunkt an.
Je mehr der genannten Features die Dashcam besitzt, desto besser werden die Persönlichkeitsrechte Dritter geschützt und desto höher ist die Chance, dass die Einzelfallentscheidung des Gerichts zur Verwertbarkeit der Videoaufnahmen zu Ihren Gunsten ausfällt.
Gut zu wissen
Im Ausland kann ein Unfall besonders unangenehme Folgen haben. Für Ihren nächsten Urlaub hilft Ihnen die folgende Auflistung einzuordnen, wo in Europa Sie den Straßenverkehr problemlos filmen dürfen.
Unproblematisch sind Dashcams in folgenden Ländern: Bosnien-Herzegowina, Dänemark, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Malta, Niederlande, Norwegen (lediglich für den privaten Gebrauch, Polen, Schweden, Serbien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn.
Nicht erlaubt sind Dashcams in Belgien, Luxemburg, Portugal und der Schweiz.
Nur mit Genehmigung darf man Dashcams in Österreich benutzen.
Ob die Dashcam erlaubt ist und vor Gericht als Beweismittel dienen kann, lässt sich für Deutschland nur mit einem „es kommt darauf an“ beantworten. Immer hängt es von der Einzelfallentscheidung des Gerichts ab. Umso wichtiger ist eine zuverlässige Kfz-Versicherung, die Ihnen im Schadenfall zur Seite steht und sowohl materielle als auch personenbezogene Schäden abdeckt. Informieren Sie sich jetzt über die individuellen Autoversicherungen der R+V!
Zuletzt aktualisiert: Oktober 2022
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