Liegt es am Klimawandel, städtebaulichen Veränderungen oder ist es nur Zufall? Immer häufiger sorgen sintflutartige Regenfälle für überschwemmte Straßen und Häuser und verursachen hohe Schäden. Lesen Sie, wie Sie sich im Vorfeld schützen, mit einfachen Mitteln Schlimmeres verhindern und Schäden richtig melden.
Naturereignisse
Starkregen: Schutz vor Wasserschäden und Sachverlusten
Was versteht man unter Starkregen?
Regenfälle werden dann als Starkregen bezeichnet, wenn die Niederschlagsmenge in einem bestimmten Zeitraum eine gewisse Grenze überschreitet. Starkregen kann prinzipiell überall auftreten und zu schnell ansteigenden Wasserständen und Überschwemmungen führen. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnt von Starkregen in drei Stufen:
- Stufe 1 – Markante Wetterwarnung: 15 bis 25 l/m² Regen innerhalb einer Stunde oder 20 bis 35 l/m² innerhalb von sechs Stunden
- Stufe 2 – Unwetterwarnung: 25 bis 40 l/m² Regen innerhalb einer Stunde oder 35 bis 60 l/m² innerhalb von sechs Stunden
- Stufe 3 – Warnung vor extremen Unwetter: mehr als 40 l/m² Regen innerhalb einer Stunde oder 35 bis 60 l/m² innerhalb von sechs Stunden
Das Phänomen tritt vorwiegend in den Sommermonaten und häufig in Verbindung mit Gewittern auf.
Die Flutkatastrophe an Ahr, Rur und Wupper im Jahr 2021 war wohl die schlimmste, die wir je erlebt haben. Aber auch vorher schon gab es extreme Hochwasser (meist nach Starkregen) in Deutschland und – und sie kommen immer häufiger.
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Juli 1997
Anfang Juli 1997 kommt es in den tschechischen und polnischen Gebirgsregionen zu sintflutartige Regengüssen. Weite Teile Polens und Tschechiens werden überflutet. Die Wassermassen erreichen am 14. Juli Frankfurt/Oder. Bis Anfang August bemühen sich 45.000 Helfer, die Deiche mit Millionen von Sandsäcken zu sichern. Das Oderhochwasser 1997 geht als Jahrhundertflut in die Geschichtsbücher ein.
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August 2002
Nach extremen Regenfällen rollt eine Elbe-Flutwelle von Tschechien nach Norddeutschland. In Dresden erreicht das Hochwasser einen Rekordstand. Allein in Sachsen sterben mindestens 20 Menschen. In Bayern sind besonders Regensburg und Passau von einer Flutwelle der Donau betroffen.
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März/April 2006
Wegen eines erneuten Elbe-Hochwassers wird in Teilen Sachsens Katastrophenalarm ausgerufen. Auch in anderen ostdeutschen Ländern gilt die höchste Alarmstufe. In Norddeutschland erreichen die Elbe-Fluten an mehreren Orten neue Höchststände.
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August 2010
Im Dreiländereck von Deutschland, Tschechien und Polen führt Starkregen zu Hochwasser und Überschwemmungen. Am polnischen Witka-Stausee bricht ein Damm, sodass zusätzliche Wassermassen in die Neiße gelangen. Mindestens zehn Menschen ertrinken. Von den Schäden ist erneut besonders Sachsen betroffen.
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Juni 2013
Überflutungen in ganz Mitteleuropa: Langanhaltende Niederschläge führen zu einem großräumigen Hochwasser. Die Schwerpunkte der Flut liegen an Donau und Elbe und ihren großen Nebenflüssen. In Deutschland, Österreich, Schweiz, Tschechien, Polen Slowakei, Ungarn, Kroatien und Serbien sterben 25 Menschen.
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Juni 2016
Nach heftigem Starkregen versinken am 1. Juni 2016 Teile der Stadt Simbach am Inn, Niederbayern, im Hochwasser. Die überflutete Fläche ist doppelt so groß wie der Chiemsee. Sieben Menschen kommen in den Fluten ums Leben, Autos werden weggeschwemmt, Häuser werden zersört. Mehr als 5.000 Haushalte sind von der Flut betroffen.
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Juli 2017
Nach tagelangem Dauerregen wird in Teilen Niedersachsens Katastrophenalarm ausgerufen. Die stärksten Niederschläge gibt es im Harz mit stellenweise über 300 l/m². Laut Deutschem Wetterdienst fällt hier an wenigen Tagen so viel Regen wie sonst im ganzen Monat Juli. Es kommt zu erheblichen Schäden an privaten Gebäuden, der öffentlichen Infrastruktur und landwirtschaftlichen Flächen.
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Juli 2021
Sturmtief „Bernd“ führt im Juli 2021 für anhaltenden Starkregen in Teilen von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. In den betroffenen Regionen fallen teils 100 bis 150 Liter Regen pro m². Die enormen Regenmassen verwandeln auch kleine Flüsse in reißende Ströme. Häuser werden von ihnen mitgerissen, ganze Orte verschwinden in den Fluten. Mehr als 180 Menschen kommen ums Leben, hunderte werden verletzt.
Nicht nur, wer in einem hochwassergefährdeten Gebiet wohnt oder plant, dort zu bauen, sollte sich vor Gebäudeschäden durch Wasserkontakt schützen. Es gibt verschiedene bauliche Möglichkeiten, die das Gebäude vor den unterschiedlichen Wassereinwirkungen absichern. Auch Bestandsbauten können nachgerüstet werden.
Dabei sollten Hausbesitzer beachten, dass meistens nicht nur eine einzelne Maßnahme ein Objekt ausreichend schützt, sondern oft eine Kombination, je nach den Gegebenheiten vor Ort, sinnvoll ist.
Zahlreiche weiterführende Tipps und Planungshilfen finden Sie auch in unseren Informationsbroschüren:
Beim Neubau eines Hauses sollten Bauherren darauf achten, dass die Außenwände mit sogenanntem Sperrputz oder Abdichtungen gegen durchsickerndes Wasser geschützt sind. Welche dieser Maßnahmen umgesetzt werden sollten, hängt von der Art des Bodens und dem zu erwartenden Wasseranfall ab. Eine Dränanlage verhindert, dass sich Sickerwasser an erdberührten Bauteilen, beispielsweise vor einer Kelleraußenwand, aufstaut und damit zu drückendem Wasser wird.
Eine Schwarze Wanne umschließt alle Bauteile, die mit dem Erdreich in Verbindung stehen, außenseitig mit Bitumenbahnen – während eine Weiße Wanne, eine aus Beton mit hohem Wassereindringwiderstand hergestellte Kellerkonstruktion, neben dem Lastabtrag die Abdichtung gegen Wasser sicherstellt.
Überall muss immer auch der Bemessungswasserstand – der höchste jemals gemessene bzw. beobachtete oder berechnete Wasserstand am Ort des Gebäudes – von einem Planer ermittelt werden.
Alle Bundesländer schreiben eine Rückstausicherung in den Baugenehmigungen und Ortssatzungen vor. Sie verhindert, dass das Wasser aus dem Kanalnetz ins Gebäude dringen kann und aus Einrichtungen wie Toiletten und Waschbecken unterhalb der Rückstauebene austreten kann.
Der Schutz gegen Rückstau erfolgt durch Abwasserhebeanlagen mit einer Rückstauschleife. Aus einem Sammelbehälter wird das Wasser mit einer Pumpe über die Rückstauebene der Abwasserleitung zugeführt.
- Künstliche Bodenvertiefungen/-senken: Durch das Herstellen eines vom Gebäude abfallenden Geländeniveaus gelangt das Oberflächenwasser nicht an ein Gebäude. Es kann stattdessen bei ausreichender Platz- und Versickerungskapazität auf dem Grundstück in eine Bodensenke geleitet werden, in der es versickern kann.
- Bodenschwellen: Ein Wassereintritt auf ein Grundstück, das in einer Senke oder Hanglage liegt, kann im Einzelfall durch eine Bodenschwelle (kleiner Erddamm) verhindert werden. Eine Bodenschwelle bedarf der Genehmigung der zuständigen Behörde, da durch diese der öffentliche Verkehrsraum oder Nachbarn nicht gefährdet werden dürfen.
- Aufkantungen an Lichtschächten: Erdgeschoss-Fußböden liegen häufig auf Geländehöhe. Keller und Lichtschächte mit Kellerfenstern befinden sich meist unter der Geländeoberkante (GOK). Um einen Zufluss von Oberflächenwasser in die Lichtschächte zu verhindern, müssen nach dem Bemessungswasserstand beispielsweise Aufkantungen um die Lichtschächte oder druckwasserdichte Kellerfenster installiert werden.
- Aufkantungen an Kellereingängen: Kellereingänge müssen nach DIN 1986-100 an ihrer Türschwelle mit einer Aufkantung versehen werden, wenn die Entwässerungsanlage (Bodenablauf) des Kellereingangs mit einem Rückstauverschluss gesichert ist. Ansonsten droht der Kellereingang bei einem Rückstau im Abwassernetz und geschlossenem Rückstauverschluss während eines Starkregens durch einfließendes Oberflächenwasser auf der Kellertreppe überflutet zu werden. Zusätzlich ist eine Überdachung von Kellereingängen empfehlenswert.
- Stationäre Schutzelemente: Dies sind dauerhaft festinstallierte automatisch oder manuell schließende Verschlüsse für Gebäudeöffnungen (zum Beispiel Fenster, Türen oder Garagentore). Diese können auch nachträglich am Gebäude installiert werden.
- Mobile Schutzelemente: Ist es rechtlich nicht möglich bzw. vom Eigentümer nicht gewünscht, außerhalb vom Gebäude, dauerhafte bauliche Schutzmaßnahmen umzusetzen, können mobile Schutzelemente (zum Beispiel Schottplatten, Dammbalken-Systeme) für Gebäudeöffnungen (zum Beispiel Fenster, Türen, Garagentore) einen Wassereintritt in ein Gebäude verhindern. Diese müssen aber rechtzeitig vor dem Ereignis ordnungsgemäß installiert werden.
Außerdem muss auch auf die Statik der umgebenden Wände geachtet werden, da Hochwasser einen sehr großen Druck auf das Gebäude ausübt. Eine Auftriebssicherheit für das Gebäude muss ebenfalls gegeben sein.
Quelle: Hamburg Wasser, Wie schütze ich mein Haus vor Starkregenfolgen?, August 2012
Finanzielle Unterstützung für Präventivmaßnahmen
Wir unterstützen Sie, wenn Sie präventive Vorkehrungen treffen. Wenn fest im Zuleitungssystem verbaute Leckageschutzsysteme vorhanden sind, entlasten wir Sie bei der Versicherungsprämie.
Das Wasser bahnt sich bereits seinen Weg in den Keller und sprudelt aus der Toilette? Wenn viele unglückliche Umstände zusammenkommen oder die Zeit für vorbeugende Maßnahmen nicht ausgereicht hat, gilt es bei einem akuten Wassereintritt einen kühlen Kopf zu bewahren. Handeln Sie umsichtig und berücksichtigen Sie zunächst die wichtigsten Parameter wie die Gefahr durch Elektrizität, unhygienische Zustände und den Einsturz der Bausubstanz.
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Benachrichtigen Sie die Feuerwehr unter 112 oder Notdienstleister.
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Stellen Sie sofort den Strom und das Wasser ab bzw. schließen Sie den Haupthahn.
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Betreiben Sie keine elektrischen Geräte.
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Führen Sie keine Begehungen mit offenem Feuer oder Licht durch, sondern nur mit Taschenlampen.
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Nehmen Sie, wenn möglich, Wasser sofort von Boden und Teppichboden auf (stark saugende Tücher, Aufnehmer, Handtücher).
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Stellen Sie Möbel hoch (gegebenenfalls mit Klötzen oder Steinen aufbocken) bzw. tragen Sie sie nach draußen. Entfernen Sie Teppiche und lüften Sie.
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Bewahren Sie beschädigte Gegenstände auf und/oder fotografieren Sie diese zu Dokumentationszwecken.
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Tragen Sie wasserfeste Kleidung, Handschuhe, Gummistiefel.
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Beginnen Sie erst mit dem Auspumpen, wenn kein Wasser mehr eindringt und der Grundwasserspiegel auf normales Niveau gesunken ist – sonst drohen Unterspülung, Aufschwemmung, Risse im Mauerwerk oder sogar Probleme in der Statik des Gebäudes.
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Sorgen Sie beim Rückgang der Überschwemmung dafür, dass die Schlamm- und Schmutzablagerungen vor dem Antrocknen abgespült werden.
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Vermeiden Sie Hautkontakt mit Wasser und Schlamm.
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Essen und rauchen Sie nicht während der Aufräumarbeiten.
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Ziehen Sie Fachleute hinzu und lassen Sie die elektrische Grundversorgung durch einen Fachmann prüfen. Nehmen Sie kein Elektrogerät vor einer fachmännischen Prüfung in Betrieb.
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Lassen Sie Strom-/Gasleitungen und elektrische Geräte zunächst trocknen – es können Kurzschlüsse in nassen Bereichen drohen.
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Werden Arbeiten an elektrischen Installationen durchgeführt, darf sich kein Wasser mehr im Haus oder in der Wohnung befinden.
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Spülen Sie Trinkwasserleitungen vor Benutzung gründlich durch.
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Verwenden Sie vorerst Mineralwasser zum Kochen und Trinken.
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Stellen Sie Entfeuchtungs- bzw. Trocknungsgeräte auf. Gebäudetrocknungen sollten nur von Fachfirmen ausgeführt werden.
Wenn sich der erste Schock gelegt hat, sollten Sie noch vor den Aufräumarbeiten mit der Dokumentation des Schadens für die Versicherung beginnen. Hier sind Fotos sehr hilfreich und wertvoll. Verständigen Sie am besten direkt ihren Versicherer, folgen Sie dessen Empfehlungen und halten Sie das Ausmaß des Schadens möglichst detailliert fest.
Sie müssen eine Schadenaufstellung anfertigen, in der Sie alle beschädigten Gegenstände auflisten. Wenn Anschaffungsbelege vorhanden sind, fügen Sie diese der Schadenaufstellung bei. Alternativ können Sie auch den ungefähren Zeitpunkt der Anschaffung und den Neupreis notieren.
Beachten Sie: Beschädigte Gegenstände, wie beispielsweise Möbel, dürfen nicht entsorgt werden. Sie müssen diese zum Schadennachweis aufheben. Für die endgültige Reparatur müssen Sie im Vorfeld einen Kostenvoranschlag einholen und dem Versicherer vorlegen.
Sind Sie bei der R+V versichert?
Dann melden Sie Ihren Schaden einfach über unser Online-Formular.
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Die Versicherung über den entstandenen Schaden informieren
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Weiteren Schaden verhindern, dafür gegebenenfalls einen Fachmann beauftragen
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Fotos vom Schaden anfertigen
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Schriftliche Schadenaufstellung anfertigen
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Kostenvoranschlag für die endgültige Reparatur einholen und der Versicherung vorlegen
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Beschädigte Sachen nicht wegwerfen, sondern zum Schadennachweis aufbewahren
Wer plant, eine Immobilie beispielsweise in einem hochwassergefährdeten Gebiet zu bauen – oder generell die Risiken eines Schadens durch Starkregen oder Kanalrückstau einschätzen lassen möchte, kann dies unkompliziert mit dem Hochwasserpass tun.
Drückendes Wasser ist das Wasser, das ständig einen hydrostatischen Druck auf Bauwerke ausübt, wie beispielsweise das Grundwasser.
Grundwasser ist unterirdisches Wasser im Boden. Es gelangt durch Versickern von Niederschlägen in den Untergrund. Bei hohen Wasserständen (Hochwasser) in Gewässern kann das Wasser auch in den Boden fließen, wenn der Grundwasserspiegel (Niveau der Grundwasseroberfläche im Untergrund) niedriger ist als der Wasserspiegel im Gewässer.
Kapillarwasser wird in sehr kleinen Poren des Bodens durch physikalische Saugspannungen gebildet. So kann es gegen die Schwerkraft auch vom Grundwasser aus nach oben im Boden aufsteigen und sogar in poröse Baustoffe des Gebäudes dringen.
Als Oberflächenwasser wird Wasser bezeichnet, das sich offen und ungebunden auf der Erdoberfläche befindet. Dazu zählen Gewässer, wie Flüsse oder Seen, und noch nicht versickertes Niederschlagswasser, beispielsweise in Landschaftsmulden oder Senken auf Feldern.
Große Wassermassen können das Kanalnetz überlasten – auch verstopfte Straßenabläufe (Gullys) oder undichte Kanäle mit dem Eintritt von Grundwasser tragen dazu bei. So kann es passieren, dass sich das Wasser im Kanal rückstaut und im schlimmsten Fall bis zum Hausanschluss vordringt. Aus diesen Gründen müssen Ablaufstellen unterhalb der Rückstauebene gegen Rückstau gesichert werden.
Überwiegend durch die Schwerkraft bewegt sich das Sickerwasser im sogenannten „Sickerraum“ unterhalb der Erdoberfläche und oberhalb des Grundwasserspiegels. Je nach Bodenbeschaffenheit sickert es schneller oder langsamer ab.
Zuletzt aktualisiert: Mai 2024
R+V-Team
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