Zuerst der blaue Brief und dann die Ehrenrunde? Kaum ein Thema polarisiert Schüler, Lehrer und Eltern so sehr wie das Sitzenbleiben. Während es die einen für veraltet und kontraproduktiv halten, sehen andere darin eine große Motivationshilfe und Zusatzchance. Lesen Sie, was für und gegen die Wiederholung einer Klasse spricht und welche Alternativen es gibt.
Hilfe beim Sitzenbleiben: Tipps für Eltern und Kinder
Reichen die schulischen Leistungen eines Schülers nicht aus, kann ihm in den meisten der deutschen Bundesländern der Aufstieg in die nächste Klassenstufe verweigert werden. Er muss sitzenbleiben und dann das komplette Schuljahr noch einmal durchlaufen. Die Entscheidung über eine mögliche Wiederholung der Klasse wird in der Zeugniskonferenz getroffen, in der die betreuenden Lehrer auf Basis der aktuellen Noten eine Prognose für das kommende Schuljahr abgeben. Die Richtlinien für das Sitzenbleiben unterscheiden sich dabei stark nach Bundesland und Schulform.
Eine Fünf in Mathe, noch eine in Geschichte – und schon muss ein Schüler ein komplettes Schuljahr wiederholen. Während die einen darin eine notwendige Motivation und Chance auf den gewünschten Schulabschluss sehen, verweisen die anderen auf Studien, welche die Wirksamkeit in Frage stellen.
Generell kann man sagen: Kein Schüler ist wie der andere. Während der eine zur Motivation den Druck der drohenden Klassenwiederholung braucht, würde einem anderen Schüler eine gezielte Förderung wie Nachhilfe gut tun.
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Mangelnde Motivation
Computerspiele, Freunde treffen oder vielleicht die erste große Liebe? Es gibt immer Phasen im Leben eines Kindes, in denen die Schule aufgrund anderer Interessen in den Hintergrund rückt – in den meisten Fällen sind diese aber harmlos. Hier genügt häufig ein persönliches Gespräch um auszumachen, warum das Zeugnis schlecht zu werden droht.
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Familiäre Probleme
Ob ein Umzug, die Trennung der Eltern oder eine unzureichende Wohnsituation: Manchmal ist auch die Familie selbst der Auslöser für das Absinken der schulischen Leistungen. Auch hier können Gespräche Wunder bewirken.
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Schlechter Einfluss
Jeder kennt dieses eine Kind in der Klasse, dessen schlechtes Benehmen auf alle anderen abfärbt. Auch „falsche Freunde“ können das Interesse an der Schule und die Sorgfalt nachhaltig stören.
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Zu wenig Unterstüzung
Vor allem in bildungsfernen Schichten kann es passieren, dass Kinder zu wenig Unterstützung erhalten oder die Überforderung mit dem Lernstoff nicht erkannt wird.
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Lern- und Leistungsstörungen
Es kommt nicht selten vor, dass eine Rechen- oder Lese-Rechtschreib-Schwäche oder eine Aufmerksamkeitsstörung, wie ADHS, lange unerkannt bleibt und das Kind dadurch in seinem Lernerfolg eingeschränkt wird.
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Pubertät
Vor allem in der Pubertät ist für Jugendliche vieles wichtiger als gute Schulnoten, Schule und Eltern: das andere Geschlecht oder die Meinung der Kumpels und Freundinnen zum Beispiel. Aber das ist auch ein notwendiger Prozess, bei dem sich das Ich ausprägt. Kinder müssen sich abgrenzen und Eltern müssen lernen, das hinzunehmen. Eltern müssen es auch aushalten, wenn die Kinder scheinbar undankbar sind und sich beschweren.
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Drogen und Alkohol
Vor allem in der Pubertät ist die Versuchung groß, neue und vor allem verbotene Dinge auszuprobieren. Und so kann der häufige Konsum von Drogen oder Alkohol dazu führen, dass sich die schulischen Leistungen verschlechtern. Klären Sie Ihr Kind auf und stärken Sie sein Selbstbewusstsein, damit es lernt, im richtigen Moment „nein“ zu sagen.
Eltern müssen sich darüber im Klaren sein: Die Umstellung auf ein neues Lernverhalten braucht Zeit und Geduld. Es hilft wenig, das Sitzenbleiben einfach pauschal als „lehrreiche Lektion“ anzusehen. Wichtig ist es, im gemeinsamen Alltag Veränderungen in Gang zu bringen.
Konflikte mit den Kindern und Ausnahmesituationen in der Familie sind für Paare oftmals eine harte Probe. Eltern sollten ohne Scham fremde Hilfe in Anspruch nehmen. Denn eine Elternberatung kann für Gelassenheit sorgen, bis die positiven Zeiten wiederkommen.
Das Elterntelefon des Deutschen Kinderschutzbundes bietet Unterstützung, kostenlos und anonym: 0800 111 0 550
In manchen Bundesländern können bis zu drei mangelhafte Noten auf dem Zeugnis durch gute Noten in anderen Fächern „ausgeglichen“ werden. In der gymnasialen Oberstufe kann man nicht mehr sitzenbleiben – hier kann ein Schüler jedoch freiwillig ein Jahr zurückgehen, wenn das Abitur gefährdet ist. Wenn ein Schüler zum erneuten Male dieselbe Klasse wiederholen muss, raten Experten über die Schulform nachzudenken, denn diese könnte für den Schüler zu anspruchsvoll sein.
Sitzenbleiben und trotzdem versetzt werden?
Es muss nicht immer direkt die Wiederholung sein. In manchen Bundesländern gibt es Alternativen und Ausnahmen, die das endgültige Sitzenbleiben verhindern sollen.
So gibt es in Baden-Württemberg zum Beispiel die „Versetzung auf Probe“. Hier darf der Schüler trotz Sitzenbleiben aufrücken. Innerhalb von vier Wochen wird dann geprüft, ob die im Rahmen einer Zielvereinbarung getroffenen Leistungen erreicht wurden. Gelingt es, darf der Schüler in der Klasse bleiben.
Das Kind muss sich neu orientieren. Durch den Wissensvorsprung kann es aber auch positive Erfahrungen machen. Diese Schüler folgen dem Unterricht leichter und können Versäumtes aufholen. Aber auch das umgekehrte Problem gibt es: Der bekannte Stoff kann zur Langeweile führen.
Schlechte Noten hängen aber nicht nur vom Lernstoff ab. Die Schüler, die teils bedingt durch die Pubertät eine leistungsschwache Phase haben, sei es, weil sie sich mit dem Lehrer nicht gut verstehen oder die Freundin Schluss gemacht hat. Da kann die Schule zwischenzeitlich in den Hintergrund rücken. Sobald die akuten Probleme gelöst sind, verbessern sich auch die Schulnoten.
Zuletzt aktualisiert: August 2024
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