Nissan Leaf
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    Der Elektroauto-Reichweite-Prüfzyklus: Was ist der Unterschied zwischen WLTP, NEFZ und EPA?

    Die Angaben zu Reichweiten von Elektroautos sind nicht immer verständlich. Je nach Messverfahren und Testzyklus können die tatsächlichen von den angegebenen Werten stark abweichen. Doch wie findet man den tatsächlichen Wert? Alles über den Elektroauto-Reichweite-Prüfzyklus erfahren Sie im Folgenden.

     

    Bei den Gründen, die Verbraucher in Deutschland vom Kauf eines Elektroautos abhalten, liegen drei Aspekte ganz weit vorne: der hohe Anschaffungspreis sowie die zu geringe Reichweite und fehlende Ladestationen. Zwar fahren viele deutsche Autofahrer täglich nicht mehr als 50 Kilometer mit dem Privatwagen, aber das scheint der „Reichweitenangst“ keinen Abbruch zu tun. Zu lange waren die Menschen daran gewöhnt, 600 bis 800 Kilometer mit einer Tankfüllung zu fahren, danach innerhalb von drei Minuten den Tank zu füllen und weiterzufahren. Aktuelle Elektroautos können da noch nicht mithalten, die Reichweiten und Kapazitäten der Akkus erhöhen sich aber stetig – die stärksten Modelle schaffen immerhin mittlerweile beinah 600 km mit einer Ladung. Bei der Frage, wie akkurat der angegebene Wert ist, spielt allerdings der Elektroauto-Reichweite-Testzyklus eine Rolle. Je nach Hersteller unterscheiden sich die Angaben teilweise gravierend, da mehrere unterschiedliche Verfahren existieren.

    WLTP vs EPA vs NEFZ – was macht die Verfahren aus?

    Das Hauptproblem bei Reichweitenangaben sind die unterschiedlichen Testzyklen und Begrifflichkeiten, die Hersteller nutzen. Nissan schrieb beispielsweise zum Leaf-Modell: „Einfach den Stecker einstecken und schon können Sie mit der 40-kWh-Batterie (Kilowattstunden) eine maximale Reichweite von bis zu 415 km (nach WLTP-Zyklus) erreichen. Die kombinierte Reichweite nach WLTP liegt bei 285 km. Bitte beachten Sie, dass die tatsächliche Reichweite von Faktoren wie Fahrweise, Geschwindigkeit, Topografie und Nutzungsgrad batterieelektrischer Verbraucher abhängt.“ Renault schrieb zur Reichweite vom Zoe: „Mit unserer neuen Z.E. 40 Batterie können Sie nun eine Strecke von effektiv 300 km zurücklegen.“

    Beim Opel Ampera-E wurde gleichzeitig mit zwei Werten gemessen: „Gemessene Reichweite, basierend auf dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ). Die Reichweite im Alltag weicht hiervon ab“ und „Wir schätzen die kombinierte WLTP-Reichweite auf mehr als 380 km, basierend auf Entwicklungstests, die an das Geschwindigkeitsprofil des WLTP-Fahrzyklus angelehnt sind (verkürzte Testprozedur). Die Reichweite im Alltag weicht hiervon ab.“

    Beim BMW i3 ist von der „Alltagsreichweite“ die Rede.

    Maximale Reichweite, tatsächliche Reichweite, Alltagsreichweite, Reichweite nach NEFZ und Reichweite nach WLTP, Umrechnung im Netz von WLTP-Reichweite, kombinierte Reichweite – es ist offensichtlich, dass das Thema auch für die Hersteller ein Problem darstellt. Aber was genau steckt denn nun eigentlich hinter den Begriffen?

    Jaguar I-PACE

    NEFZ wird durch WLTP-Zyklus abgelöst

    Seit dem 1. September 2017 gilt ein neues Verfahren für Verbrauchs- und Abgastests in der Automobilindustrie: der WLTP-Zyklus (Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure). Wie der Name schon sagt, soll der WLTP-Zyklus für weltweit vergleichbare Verbrauchswerte sorgen, die weitaus näher am realen Fahrgeschehen liegen als die des bisherigen NEFZ-Verfahrens (Neuer Europäischer Zyklus).

    Das Fahrprofil zeichnet sich dadurch aus, dass es:

    • Dynamischer ist
    • weniger Leerlaufphasen enthält
    • stärkere Beschleunigungsvorgänge zulässt
    • längere Phasen bei hoher Geschwindigkeit (bis zu 131 km/h) enthält

    Die am Prüfstand zurückgelegte Fahrstrecke steigt beim WLTP-Test von 11 auf 23,25 Kilometer. Statt 20 wird 30 Minuten lang getestet. Die Durchschnittsgeschwindigkeit beträgt 47 statt 34 km/h beim NEFZ. Beim WLTP-Reichweiten-Zyklus beträgt der Testzeitraum 30 Minuten (NEFZ: 20 Minuten), die Länge 23,25 Kilometer (NEFZ: 11 Kilometer), die Durchschnittsgeschwindigkeit 46,5 km/h (34 km/h) und die Maximalgeschwindigkeit 131 km/h (NEFZ: 120 km/h). Auch der Anteil der Standzeit fällt unter WLTP geringer aus, die Antriebsleistung dagegen höher. Insgesamt ist der WLTP-Fahrzyklus deutlich dynamischer, hat mehr Brems- und Beschleunigungsvorgänge und berücksichtigt zudem die individuelle Ausstattung der Elektrofahrzeuge und das daraus resultierende Fahrzeuggewicht.

    Was das für die Reichweitenangaben der Hersteller bedeutet, zeigt ein Blick auf den BMW i3: Im NEFZ-Zyklus lag die elektrische Reichweite bei 290 bis 300 Kilometern, im neuen WLTP-Zyklus sind es nur noch 235 bis 255 Kilometer. Beim Elektroauto-Prüfzyklus-Vergleich fällt also auf, dass die WLTP-Methode akkurater ist. Dass aber selbst der WLTP-Zyklus nur als Richtwert gesehen werden kann, beweist die „Alltagsreichweite“, die BMW beim i3 mit 200 Kilometern angibt. Die Münchner sind dabei eines der wenigen Unternehmen, die „mutig“ genug sind, sich nicht hinter den offiziellen Testzyklen zu verstecken, sondern dem Kunden die tatsächliche E-Auto-Reichweite transparent kommunizieren.

    Gut zu wissen: Bei Benzinern oder Diesel-Pkw ist seit September 2019 außerdem zusätzlich ein RDE-Test durchzuführen. Die "Real Driving Emissions" werden im normalen Straßenverkehr ermittelt. Neue Fahrzeuge dürfen die vorgeschriebenen Abgasnormen (derzeit Euro 6d) dabei nicht überschreiten.

     

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    Transparente Angaben schaffen Vertrauen in die E-Auto-Reichweitenbestimmung

    Die Automobilhersteller haben sich mit den Reichweitenangaben nach NEFZ in Deutschland keinen Gefallen getan. Wenn sich ein Verbraucher für ein Elektroauto entscheidet, das mit 300 Kilometern Reichweite beworben wird, im Alltag aber keine 200 Kilometer schafft, fühlt er sich hintergangen – und das zurecht. Aus diesem Grund hat beispielsweise Tesla die Reichweite seiner Modelle schon immer gemäß EPA-Zyklus angegeben.

    Dabei handelt es sich um einen in den USA gängigen Elektroauto-Reichweite-Prüfzyklus, der – ähnlich wie der neue WLTP-Test – deutlich näher an der Realität liegt.

    Was zeichnet den EPA-Reichweite-Test aus?

    Der EPA-Test ist – wie bereits angemerkt – ein Elektroauto-Reichweite-Testzyklus, der in den USA Anwendung findet. Die Environmental Protection Agency (Umweltbehörde) kombiniert dabei unterschiedliche Fahrzyklen, bei denen Faktoren eine Rolle spielen wie:

    • Außentemperaturen (bis zu -7°C): Um den Verbrauch von Elektroautos im Winter zu simulieren
    • Fahrt in der Stadt oder auf dem Land
    • Höchstgeschwindigkeiten

    Für die Zukunft der Elektromobilität ist es unerlässlich, die Autokäufer für das Thema Reichweite zu sensibilisieren – mit realistischen Werten, die eben nicht nur im Hochsommer auf ebener Strecke bei Tempo 70 gelten. Daher ist es nötig, die Elektroauto-Reichweite-Testzyklen konstant zu überprüfen und nachzubessern.

    Frau und Mann unterwegs mit dem Campingauto.

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