Im Straßenverkehr ist Vorsicht oberstes Gebot. Je höher die Geschwindigkeit ist, desto schneller müssen Sie reagieren können, um das Tempo Ihres Autos zu reduzieren. Mit ansteigender Beschleunigung erhöhen sich allerdings auch der Schwung und der Antrieb Ihres Wagens. Daher sollten Sie bei hohen Geschwindigkeiten auch immer im Kopf haben, wie lange Sie zum Anhalten brauchen. Erfahren Sie, wie Sie den Bremsweg mit einer Formel berechnen können und welche weiteren Faktoren dieses Thema beeinflussen.
Gut und sicher anhalten mit der Bremsweg-Formel
Grundsätzlich wird die Distanz Ihres Fahrzeugs vom Moment der Bremsbetätigung bis hin zum vollständigen Stand als „eigentlicher Bremsweg“ bezeichnet. Wenn man zudem vom „normalen Bremsweg“ spricht, bedeutet dies, dass der Bremsvorgang unter idealtypischen Bedingungen und ohne zusätzliche Einflüsse abläuft.
- Die Bremsung läuft auf waagrechter Fahrbahn ab, weder mit Steigung noch mit Gefälle.
- Die Fahrbahnbeschaffenheit ist trocken und ohne weitere Beschichtung.
- Der Zustand der Bremse ist optimal.
- Die Intensität, mit der das Bremspedal getreten wird.
Wenn all diese Faktoren zutreffen, können Sie den reinen Bremsweg mit folgender Faustformel berechnen:
Als praktisches Beispiel mit Zahlen bedeutet das:
Doch mit der reinen Betrachtung des Bremswegs ist es nicht getan. Denn abgesehen von gewissen Straßenverhältnissen wird der Bremsvorgang auch noch von einer weiteren Komponente beeinflusst: Der menschlichen Reaktion. Daher müssen Sie zur eigentlichen Bremsweg-Formel auch den Reaktionsweg mit einer Formel berechnen und ergänzen.
Als Reaktionszeit bezeichnet man die Spanne von dem Punkt, an dem Sie die Situation realisieren bis hin zu dem Punkt, an dem Ihr Fuß die Bremse betätigt. Im Wesentlichen ist von 0,8 bis 1,2 Sekunden Reaktionszeit die Rede.
Die Faustformel, um den Reaktionsweg zu berechnen, lautet:
In der praktischen Darstellung, wieder mit der Geschwindigkeit 50 km/h bedeutet dies:
Hieraus ergibt sich, dass für die Ermittlung des vollständigen Anhaltewegs sowohl der Reaktionsweg als auch der Bremsweg mit Formel notwendig sind:
Zur Verdeutlichung mit einem Zahlenbeispiel mit 50 km/h würde dies bedeuten:
Das heißt, von dem Moment, bis Verkehrsteilnehmende die Situation wahrnehmen, danach das Bremspedal betätigen und dann vollständig zum Stillstand kommen, lässt sich ein Anhalteweg von 40 Metern berechnen.
Im Straßenverkehr gelten Vorsicht und Konzentration als wichtigste Regel. Doch auch im Straßenverkehr passiert es, dass unvorhergesehene Dinge eintreten. Folgende Beispiel-Szenarien können sich ergeben:
- Ein Ball rollt in einem Wohngebiet auf die Fahrbahn.
- Ein Auto kommt spontan aus einer Seitenstraße gefahren.
- Ein voranfahrender Pkw schert zu einem schnellen und überraschenden Überhohlvorgang aus.
In solchen oder ähnlichen, brenzlichen Situation müssen Sie schnell reagieren und intensiv bremsen. In diesem Fall setzen Sie zu einer Gefahrenbremsung an. Die menschliche Reaktionszeit bewegt sich auch bei einer Notbremsung im Bereich von 0,8 bis 1,2 Sekunden. Das heißt, der Reaktionsweg ist ähnlich. Was sich jedoch bei der Vollbremsung verkürzt, ist der Bremsweg.
Es gibt ein Kriterium, mit dem Sie selbst den Brems- bzw. Anhalteweg beeinflussen: Mit der Intensität, mit der Sie das Bremspedal treten. Bei einer Gefahrenbremsung treten Sie das Bremspedal für gewöhnlich mit voller Kraft durch, weshalb sich bei diesem Vorgang der Bremsweg verkürzt. Die Gefahrenbremsung lässt sich mit folgender Formel berechnen:
Die Basis für die Berechnung stellt die Bremsweg-Formel. Aufgrund der Intensität, in der Sie das Bremspedal betätigen, halbiert sich also die Bremsstrecke bei einer Gefahrenbremsung.
Eingangs war bereits die Rede vom „normalen Bremsweg“, also einem Bremsvorgang, der ohne weitere Einflüsse abläuft. Sie wissen, dass sich der Anhalteweg aus der Formel „Reaktionsweg + Bremsweg“ zusammensetzt. Vielleicht fragen Sie sich nun, welche weiteren Faktoren, abgesehen von der menschlichen Reaktion, den Bremsweg beeinflussen können. Folgende Kriterien wirken sich auf den Bremsvorgang aus:
- Beschichtungen auf dem Asphalt führen zu einem längeren Bremsweg:
-> Sand auf der Straße
-> Feuchtigkeit durch starken Regen
-> Nasse Blätter, die auf der Straße landen
-> Schnee und Eis, besonders von Dezember bis Februar
- Bremsbeläge, die verschmutzt oder abgenutzt sind.
- Bremsflüssigkeit, die veraltet ist.
- abgefahrene Reifen, die wenig Profil aufweisen.
- Der Schwung: Je höher die Geschwindigkeit ist, mit der Sie fahren, desto stärker ist der Schwung, den Ihr Fahrzeug aufnimmt.
Neben umweltbedingten bzw. technischen Einflüssen gibt es auch menschliche Faktoren, die die Reaktion der Fahrenden und somit den Anhalteweg verlängern:
- Müdigkeit bei Autofahrenden
- Ablenkung durch Beifahrende, Betätigung des Smartphones oder Essen und Trinken
- Der vorherige Genuss von Alkohol
Grundsätzlich gilt die Devise: Je weniger Reibung zwischen Reifen und Fahrbahn besteht, desto eher kommt Ihr Wagen ins Schlingern und desto genauer ist die Bremsweg-Formel. Dementsprechend sollten Sie zu gegebenem Anlass in Ihren Bremsweg Nässe, Schnee und Glätte immer einplanen. Besonders Aquaplaning – das „Aufschwimmen“ der Autoreifen auf einem Wasserfilm – kann schnell zur Gefahr werden. Damit die Bremswege das ganze Jahr über so gering wie möglich bleiben, müssen Autofahrer ihre Sommerreifen gegen Winterreifen tauschen, sobald das Wetter umschwenkt. Das gilt laut § 2 Abs. 3a StVO für Pkws und Lkws. Anhänger sowie Motorräder unterliegen jedoch nicht der Winterreifenpflicht. Gesetzlich spricht nichts dagegen, Winterreifen auch bei warmen Temperaturen zu verwenden. Allerdings sollten Sie beachten: Das weichere Gummi von Winterreifen kann den Bremsweg auf trockener Fahrbahn im Sommer um bis zu 16 m verlängern! Wenn Sie den lästigen Wechsel alle paar Monate trotzdem vermeiden möchten, bieten Ganzjahresreifen einen möglichen Kompromiss.
Von außen betrachtet ist die ganze Ermittlung des Bremsweges sehr theoretisch. Sicher werden Sie nicht anfangen zu rechnen, wenn Sie hinterm Steuer sitzen. Sie sollten jedoch sowohl in der Theorie als auch in der Praxis schnell ein Gespür für Ihre Reaktion, den Brems- sowie Anhalteweg bekommen.
Neben der Ermittlung des Bremswegs mit entsprechender Formel, gibt es auch eine weitere Richtlinie bzw. Verhaltensmaßnahme für Autofahrende: Den Sicherheitsabstand. Um Auffahrunfälle zu vermeiden, müssen Autofahrende stets auf einen ausreichenden Sicherheitsabstand zu anderen Fahrzeugen achten. In der Formulierung von § 4 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO) heißt es:
"Der Abstand zu einem vorausfahrenden Fahrzeug muss in der Regel so groß sein, dass auch dann hinter diesem gehalten werden kann, wenn plötzlich gebremst wird."
Dabei erläutert die StVO allerdings nicht, wie sich der jeweils notwendige Abstand bestimmen lässt. Den Sicherheitsabstand im Auto können Sie entweder über den halben Tachowert oder die 1-2-Sekunden-Regel ermitteln.
Die Einhaltung des Sicherheitsabstandes und die Ermittlung des Bremsweges lassen auf einen wichtigen Grundsatz im Straßenverkehr schließen: Vorsicht ist besser als Nachsicht. Doch auch wenn Sie alle Regeln einhalten, kann es beim Bremsvorgang zu Unfällen kommen. Damit Sie im Fall der Fälle einen zuverlässigen Partner an Ihrer Seite haben, sollten Sie mit einer umfassenden Autoversicherung unterwegs sein.
Zuletzt aktualisiert: Oktober 2022
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