Der Mercedes-Benz GLB im Drive Check! Hui! Seit die Schwaben ihre Modelle umbenannt haben, kommt man ein wenig ins Straucheln, was die Modellbezeichnungen anbelangt. A-, B-, C-, E-Klasse – alles bekannt und klar. Aber wenn es mit GLA, GLC und GLE losgeht, legt sich bei einigen die Stirn in Falten. Wer gut aufgepasst hat, wird die Lücke sehen, die sich hier auftut: Wir sehen uns das neue Gewächs der Stuttgarter, den Mercedes GLB, im Test genau an und finden heraus, welche Mitstreiter er ins Auge fassen möchte.
Der Neue: Mercedes-Benz GLB im Test & Fahrbericht
Fangen wir einmal ganz nüchtern an: Der neue Mercedes-Benz GLB ist 4,63 m lang, 1,83 m ohne Außenspiegel breit und 1,66 m hoch. Heißt: Irgendwie ist der Schwabe kompakt, irgendwie aber auch nicht. Einerseits bietet er im Kofferraum zwei zusätzlich Sitze, andererseits ist der Volkswagen Tiguan Allspace rund sieben Zentimeter länger. Dennoch: Aufgrund ihres Sitzkonzepts begegnen sich diese beiden auf Augenhöhe.
Aufmerksame Leser haben an dieser Stelle bereits festgestellt, dass von SUVs die Rede ist. SUVs, die fast noch als kompakt gelten dürfen, aber doch ein Stück weit in die gehobene Klasse blicken. Dazu zählen genauso der Seat Taracco, der Skoda Kodiaq und, wenn man so will, der Ford Edge.
Kommen wir aber auf den Protagonisten zurück, den Mercedes-Benz GLB. Gorden Wagener, seines Zeichens Design-Chef bei Mercedes, hat sich nicht lumpen lassen und das neue SUV alles, nur nicht langweilig entworfen. Ähnlichkeiten zum Mercedes-Benz GLS (das größte SUV, das man von Mercedes-Benz kaufen kann), sind nicht zu leugnen. Und vielleicht soll genau das dem Käufer der kleineren Klasse suggerieren, einen Aufstieg zu machen.
Dennoch wirkt der Mercedes-Benz GLB im Test ein wenig verspielt und frisch. Los geht es mit der steil im Fahrtfind stehenden Front des Stuttgarters: Zwei rechteckige Schweinwerfer, optional in Multibeam-LED-Technik erhältlich, rahmen einen geradestehenden Kühlergrill ein.
Prägnant sind die beiden dicken Alu-Streben, die nur vom Markenzeichen, dem Mercedes-Benz Stern, unterbrochen werden. Eine Etage darunter verbirgt sich ein Unterfahrschutz, der wie die Grill-Streben ausgeführt ist. Echte Felsen oder grobes Gestein sollte man dem Mercedes-Benz GLB dennoch nicht zumuten.
Seitlich wirkt der GLB am ehesten wie ein GLS. Und wie die neue G-Klasse. Das kastige Shoe-Box-Design ist für das Verwandtschaftsgefühl zuständig. Schwarze Seitenschürzen sowie große, kantige und mit Kunststoff verbreiterte Radhäuser schaffen einen robusten Look. Der kleine Knick in der unteren Fensterlinie nimmt dem SUV hingegen die Ernsthaftigkeit und macht es nicht ganz so streng, wie die großen Brüder.
Das Heck ist, und dieser Eindruck ist rein subjektiv, die Schokoladenseite des Mercedes-Benz GLB. Wirkt der in die Formensprache integrierte Dachspoiler mittlerweile fast gewöhnlich, geht es darunter interessanter zu. Die horizontale Linie über dem Kennzeichen zieht das SUV in die Breite und mündet in einer kräftigen Schulterpartie. Die sich eingemündeten Rückleuchten sind, natürlich, in LED ausgeführt und wirken mit ihrer Leuchtgrafik geradezu hypnotisierend.
Fast ein wenig, wie der Terminator T1000, der grimmig auf der Jagd nach John Connor ist. Sollte jener hinter dem GLB fahren, wird er wohl Abstand halten, besonders, wenn er die großen Auspuffblenden erblickt, die Kanonenformat haben. Schade nur, dass es bei Blenden bleibt. Dieser Trend dürfte für unseren Design-Empfinden gerne wieder verschwinden. Der Mercedes-Benz GLB als Ganzes wirkt hingegen gelungen und darf bleiben.
Gelungen wirkt auch das neue Mercedes-Cockpit mitsamt MBUX, wie wir es in der neuen Mercedes-Benz A-Klasse bereits vorgestellt haben. Da trifft es sich gut, dass es sich im Mercedes-Benz GLB kaum von seinem kleinen Geschwistern A- und B-Klasse unterscheidet.
Hier ist alles digital: Man blickt grundsätzlich auf animierte Instrumente. Jene verstecken sich mit dem Infotainment unter einem Panel und scheinen ineinander überzugehen – so wirkt es zumindest. Unterschiede machen die gefrästen Design-Elemente am Cockpit und in der Mittelkonsole: Hier ist alles echt und nicht aus lasiertem oder lackiertem Kunststoff. Außerdem scheint die Klavierlack-Optik sich langsam zu verabschieden – wie angenehm!
Angenehm wirken darüber hinaus die Platzverhältnisse, die einem Plus von zehn Zentimetern beim Radstand gegenüber der Mercedes-Benz B-Klasse zu verdanken sind. Hinzu kommt, dass der Mercedes-Benz GLB breiter als die B-Klasse ist, sodass man sich im Interieur richtig wohlfühlt. So stehen genügend Kopffreiheit vorn wie hinten und eine großzügige Beinfreiheit für die Insassen bereit. Ladefreudige werden sich über die 565 bis maximal 1.800 Liter Kofferraumvolumen freuen.
Variabilität wird beim Stuttgarter ebenfalls großgeschrieben: Die Rücksitzbank lässt sich nicht nur im Verhältnis von 40:20:40 umklappen, sondern auch um 14 cm verschieben. Das ist dann besonders brauchbar, wenn man die beiden Sitze der dritten Reihe nutzt, da hier eher weniger Platz zur Verfügung steht. Für Kurzstrecken und für Knirpse sollte es aber reichen. Einen nennenswerten Kofferraum gibt es dann nicht mehr.
Das Motorenangebot ist aus der A-Klasse bekannt. Den Einstieg macht man mit dem Mercedes-Benz GLB 200, einem 1,3 Liter Vierzylinder mit 120 kW/163 PS, der mit sechs Litern auf 100 km auskommen soll. Das kleine Motörchen ist kräftig genug, um in etwas mehr als neun Sekunden auf 100 km/h und weiter bis auf maximal 207 km/h zu beschleunigen. Beim 200er werden allerdings nur die Vorderräder angetrieben.
Das ist beim GLB 250 4Matic anders – jener ist ein Modell mit Allradantrieb. Gut so, schließlich bringt der 2.0 Liter Vierzylinder 165 kW/224 PS mit und die wollen auf die Straße gebracht werden. Sind die Verhältnisse gut, soll das SUV mit diesem Aggregat in unter sieben Sekunden auf 100 km/h spurten können. Schluss soll bei 236 km/h sein. Die Werksangabe von 7,3 Litern auf 100 km dürfte beim Nutzen des dynamischen Potenzials ein reiner Papierwert bleiben.
Bei den Dieseln startet man mit dem Mercedes-Benz GLB 180d. Der 2.0 Liter Vierzylinder generiert zahme 85 kW/116 PS und 280 Nm. Damit sollen lediglich 4,9 Liter auf 100 km/h verbraucht werden. Wirklich dynamisch ist man mit diesem Motor natürlich nicht: 11,3 Sekunden auf 100 km/h und 188 km/h sind eher gemütlich. Entschlossener geht der GLB 200d zur Sache, der 110 kW/150 PS sowie 320 Nm mitbringt. Auch jener soll mit 4,9 Litern auskommen.
Mit ihm lebt es sich aber ungleich dynamischer: Glatte 9 Sekunden auf 100, mit Allradantrieb 4Matic 9,3 Sekunden und etwas mehr als 200 km/h Höchstgeschwindigkeit gehen für die Karosserieform mehr als in Ordnung. Topmotor bei den Dieseln ist der 220d. Der Zweiliter entwickelt 140 kW/190 PS und 400 Nm – mehr als genug, um nur mitzuschwimmen. Im Verhältnis zu Leistung geht zudem der Verbrauch mehr als in Ordnung: 5,2 Liter auf 100 km geben die Stuttgarter an. Wer öfter das Potenzial auslotet, also in 7,6 Sekunden auf 100 km/h spurtet oder sich im Bereich von 217 km/h Höchstgeschwindigkeit aufhält, wird diesen Wert natürlich nicht erreichen.
Etwas durstiger ist auch der von mir im Test gefahrene Mercedes-AMG GLB 35 4MATIC! 306 PS, 225 kW und innerhalb von 5,2 Sekunden auf Tempo 100 km/h. Die Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h konnte ich im Ausland natürlich nicht ausreizen, mich dafür aber davon überzeugen, dass es meiner Meinung nach keinen GLB 45 geben muss. Der ist sportlich genug! Bei meinen kurzen Testfahrten – ohne Höchstgeschwindigkeitsanteil – kam ich knapp auf 10 Liter.
Es war bei meiner Testfahrt sehr windig, die Windgeräusche und die Abrollgeräusche der Räder habe ich vernommen, ansonsten war es im GLB angenehm leise. Das Fahrwerk bügelte die teilweise schlechten Straßenverhältnisse einfach weg. Auf Grund meiner späten Ankunft konnte ich mit dem GLB leider nicht mehr ins Gelände, daher kann ich zu den Offroad-Eigenschaften leider nichts sagen, aber wer fährt mit einem SUV schon wirklich ins Gelände? Dachlast 75 kg, Stützlast 100 kg und Anhänger bis 2 Tonnen darf er auch ziehen.
Gar nicht so kompakt, und auch nicht kompakt+, sind die Preise der Stuttgarter. Mindestens 37.750 Euro muss man bereithalten, möchte man einen Mercedes-Benz GLB sein Eigen nennen. Wer einen Skoda Kodiaq oder einen Volkswagen Tiguan Allspace also bislang als hochpreisig empfand, wird auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Besonders, da beim Preis von knapp 38.000 Euro noch keine Extras eingerechnet sind.
Man muss ihn sich leisten können, den Mercedes-Benz GLB. Mindestens 38.000 Euro ohne Extras sind ein Wort – und zwar ein schwer Verdauliches. Abgesehen davon leistet sich der neue Schwabe aber keine Schwächen. Er ist geräumig, variabel, gut verarbeitet und hat ein charakterstarkes Design. Wer nicht auf den Cent achten muss, bekommt hier ein erwachsenes SUV für den Weg zum Kindergarten oder in den Familienurlaub.
Tipp
Tarif berechnenZuletzt aktualisiert: November 2021
Jens Stratmann
Automobil-Journalist
Baujahr 1979, technisch im einwandfreien Zustand! Nach einer Ausbildung und über elf Jahren Erfahrung im KFZ-Bereich, machte Jens seine Passion zu seinem Beruf. Jens schreibt Beiträge über Neu- und Gebrauchtwagen, die auf persönlichen Erfahrungen und Fahrtests zu dem jeweiligen Auto basieren.
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