SUV, SUV, SUV – wo man nur hinsieht, sind die praktischen Multifunktionsfahrzeuge unterwegs. Ihre Beliebtheit rührt von der angenehm hohen Sitzposition, dem guten Ausblick und der Praktikabilität her. Das weiß Honda nicht erst seit gestern, schließlich gibt es den Honda CR-V schon seit mehreren Jahren. Aber gerade das Segment unterhalb des nicht eben kleinen CR-V boomt – und hier ist der Honda HR-V zu Hause. Kann auch er mit den SUV-typischen Tugenden prahlen?
Honda HR-V Fahrbericht – Test
Der Honda HR-V ist also ein SUV, allerdings kein allzu typischer. Er wirkt geradezu etwas ungewöhnlich. Kommen wir aber zunächst zu dem Punkt, der für SUVs so prägend ist: Der erhöhte Aufbau. Hier kann man einen Haken setzten – hat er. Zudem kommen Kotflügelverkleidungen in Kunststoff, bauchige Radhäuser und vier Türen. Vier? Ja ganz recht: Der Japaner bietet vier Pforten, auch wenn die hinteren erst beim zweiten Blick als solche zu erkennen sind. Die Türgriffe verbergen sich in der C-Säule und machen diese, gefühlt, noch breiter, als sie ohnehin schon ist. Zu praktischen Aspekten aber an späterer Stelle mehr.
Insgesamt kann man dem Honda HR-V attestieren, dass er ein ansehnliches Kerlchen im B-SUV-Segment ist. Die Front wirkt ernst, aber nicht aggressiv, setzt zudem mit ihrer Spoilerlippe einen dynamischen Akzent. Leider verfügt F-H 1609 über die serienmäßigen Halogen-Scheinwerfer und bringt nicht das optionale LED-Licht mit. Das ließe ihn zum einen noch etwas adretter dastehen. Zum anderen wäre die Sicht im Dunkeln natürlich weitaus besser. Schwamm drüber und zurück zum Design. Seitlich betrachtet bringt der Honda HR-V seine sportlichen Linien, gerade im aufsehenerregenden „Brilliant Sporty Blue Metallic“, zum Vorschein. So leitet seine Sicke den Blick vom vorderen Radhaus zum hinteren Türgriff in der C-Säule, während die Dachlinie nach hinten seicht abfällt. Etwas unterdimensioniert – und wenig sportlich – wirken indes die 16-Zoll-Leichtmetallräder des Honda HR-V. Optional sind 17-Zoll-Felgen erhältlich, die der Optik stark auf die Sprünge helfen.
Am Heck dominieren die großen Rückleuchten in L-Form. Auch sie sind mit gewöhnlichen Glühlampen ausgerüstet und verzichten auf LED-Technik. Ansonsten gibt sich der Japaner aus diesem Blickwinkel zurückhaltend, gefällt aber mit seinem kleinen Dachspoiler. Die kleine Heckscheibe ist ein typisches Zeichen unserer Zeit und eher unpraktisch.
Eigentlich fällt die Wahl des Antriebs beim Honda HR-V ganz leicht. Man muss nur wissen, was man möchte: Diesel oder Benziner? Die Frage nach der Schaltung muss gar nicht erst gestellt werden, da die Aggregate ausschließlich mit einer guten Sechsgang-Box kombiniert werden. Und so steht ein 1.5 i-VTEC mit 96 kW/ 130 PS einem 1.6 i-DTEC mit 88 kW/120 PS gegenüber.
Klar gesprochen versteht man darunter einen 1.5 Liter Vierzylinder Benziner, der 155 Nm bei 4.600 U/min generiert. Dabei verzichtet dieser auf Aufladung, sondern bietet die – in Fan-Kreisen legendäre – variable Ventilsteuerung namens VTEC. Die Fahrleistungen sind hingegen durchschnittlich und variieren mit der Reifengröße und der Ausstattung. Der Verbrauch liegt, laut Hersteller, zwischen 5,2 und 5,6 Litern im Mix.
Der 1.6 i-DTEC Diesel setzt im Gegensatz zum Benziner auf Turboausladung und bietet ein ordentliches Drehmoment von 300 Nm bei 2.000 U/min. Hält man das Aggregat in diesem Drehzahlbereich, kann man angenehm schaltfaul fahren.
Kommen wir direkt auf den größten Negativpunkt im Honda HR-V-Interieur zu sprechen: Die Rundumsicht. Den breiten C-Säulen ist es zu verdanken, dass der Schulterblick beim Abbiegen an einer Ampel eigentlich überflüssig wird, da man schlicht nichts sieht. Die kleine Heckscheibe macht es nicht besser. Eine Einparkhilfe und Vorsicht beim Spurwechsel oder an Ampeln sind entsprechend Pflicht. Am besten man bestellt zudem die Rückfahrkamera dazu, da die Einparkhilfe etwas wirr reagiert. Der Distanz-Unterschied zum Hindernis – also „Piep Piep“ und „Piiiiiiiiiiiiep“ – wird so schnell gewechselt, dass man seinem Hintermann rasch auffahren kann. Zudem kommen von vorn und von hinten unterschiedliche Pieptöne, die einen Tinnitus vorprogrammieren.
Auf der positiven Seite steht das Raumangebot mitsamt des cleveren Sitzkonzepts beim Honda HR-V. Vier Erwachsene reisen hier wirklich kommod, was im B-Segment nicht selbstverständlich ist. Vorne ist es allerdings etwas schwierig eine passende Sitzposition zu finden. Schiebt man den Fahrersitz ganz nach hinten, kommt man mit dem Fuß oftmals mit einem Absatz in Kontakt, der bei kleineren Personen unter dem Sitz verschwindet. Wer im SUV zudem gerne tief sitzt, wird sich im Honda HR-V sogar zu tief untergebracht fühlen und stürtzt beim Einsteigen oftmals auf die konturlose Sitzfläche. Selbst Großgewachsene pumpen das Gestühl im Honda HR-V hoch. Dafür entschädigt die Rückbank mit einer einstellbaren Lehne und einem weiteren Clou:
Hier ist nämlich die Sitzfläche hochklappbar, sodass man allerlei Sperriges ganz einfach transportieren kann. Ein Fahrrad, kein Problem. Eine große Topfpflanze, einfach Sitzfläche hoch und fertig. Ist man zu viert unterwegs, steht, neben den praktischen Klapptalenten der Rücksitzbank, ein großer Laderaum bereit. Minimal bietet der Japaner 431 Liter, die auf auf bis zu 1.533 Liter erweitert werden können. Das ist – gerade im B-Segment – aller Ehren wert.
Positiv fällt zudem die Instrumentierung des Honda HR-V auf, die mit einem hübschen 3D-Effekt gefällt und sich perfekt ablesen lässt. Schade nur, dass der Nutzwert bei der restlichen Bedienung ein wenig abgeht. Die Klimaautomatik beispielsweise: Sie wird ausschließlich über kapazitive „Druckflächen“ bedient und verzichtet vollständig auf echte Tasten. Das kostet beim Fahren mindestens einen Blick, der eigentlich auf die Straße gehört. Ähnliches gilt für das Infotainment, das auf aktuellem, wenn auch nicht auf neuestem Stand ist. Ein Drehregler für die Lautstärke? Fehlt. Android Auto oder Apple CarPlay glänzen ebenfalls durch Abwesenheit. Dafür bietet der Honda HR-V zwei USB-Anschlüsse, die allerdings etwas versteckt in der Mittelkonsole untergebracht sind. Hinzu gesellt sich ein HDMI-Anschluss – wofür man den auch immer in einem PKW benötigt.
Das dynamische Äußere – von den schmächtigen 16-Zoll-Rädern einmal abgesehen – könnte auf das Fahrverhalten des Honda HR-V schließen lassen: Ein harter Hund mit knochentrockener Federung. Falsch, ganz falsch. Der SUV fährt sich behände, verzichtet aber auf eine straffe Abstimmung und federt Unebenheiten sauber weg. Eine äußerst angenehme Auslegung, die von der etwas tumben Lenkung unterstützt wird. Hektik? Ein Fremdwort für den Honda HR-V. Wobei: Der City-Notbremsassistent ist recht panisch und entsetzt mit einem Piep-Konzert noch weit, bevor eine Gefahrensituation überhaupt auftaucht. Auch am Seitenrand parkende Autos werden dann und wann als bedrohlich eingestuft.
Und auch der 1.6 i-DTEC gilt eher als Dynamiker, denn als Schnarchnase – zum Glück! 300 Nm liegen bei verhältnismäßig späten 2.000 U/min an und überfordern die Michelin Energy Saver Reifen ab und an, machen aber auch viel Spaß. Der 88 kW/120 PS starke Antrieb zieht gut durch, spurtet bei Bedarf in zehn Sekunden auf 100 km/h und lässt das SUV mit maximal 192 km/h auf der Autobahn dahinschießen. Zwar ist er gut hörbar, stört jedoch nie. Auffällig ist zudem die Abstimmung des Sechsgang-Schaltgetriebes: Die Gassen sind durchaus knackig zu wählen mit dem kurzen Schaltstummel, die Wege sind hingegen ein Quäntchen zu lang. Während der erste Gang wiederum eine Idee zu kurz ausgelegt ist, was dann und wann zum Bonanza-Effekt bei den Insassen führt. Schwamm drüber, spätestens an der Zapfsäule. Der Euro 6-Diesel soll sich, auf dem Papier, mit 4,2 bis 4,4 Litern auf 100 km zufriedengeben. In der Realität sind eher sechs Liter angesagt, aber das passt vollkommen.
Preislich startet die Reise beim 1.5 i-VTEC mit 20.690 Euro. Nicht wenig, aber passend. Immerhin erhält man hierfür einen Benziner mit 96 kW /130 PS und eine bereits befriedigende Ausstattung. Inbegriffen sind hier eine Klimaautomatik, 16-Zoll-Leichtmetallfelgen, zahlreiche Sicherheitsfeatures inklusive des City-Notbremsassistenten sowie ein Tempomat und Lichtsensor. In der Topausstattung „Executive“ kommt der Honda HR-V auf 26.990 Euro. Der 1.6 i-DTEC Diesel startet bei 23.390 Euro und bietet dieselbe Basis-Ausstattung. Die höchste Ausstattung schlägt mit 29.690 Euro zu Buche.
SUVs sind im Trend – das ist glasklar. Und so bieten sie sich im Endeffekt auch für jeden Fahrertypen an. Ob alt oder jung, der Honda HR-V passt. Er ist geräumig, bietet Platz für vier oder eine kleine Familie, bietet ein cleveres Sitzkonzept und ist mit seinem Diesel-Motor angenehm spritzig. Zudem schont er mit seinem niedrigen Verbrauch das Portemonnaie. Wenn die Japaner jetzt noch etwas Feinschliff am Honda HR-V vornehmen, wie etwa bei der Bedienung oder den Assistenten, ist er eine tolle Alternative zu Renault Captur, Opel Crossland X und Mitsubishi ASX.
Zuletzt aktualisiert: Oktober 2017
Jens Stratmann
Automobil-Journalist
Baujahr 1979, technisch im einwandfreien Zustand! Nach einer Ausbildung und über elf Jahren Erfahrung im KFZ-Bereich, machte Jens seine Passion zu seinem Beruf. Jens schreibt Beiträge über Neu- und Gebrauchtwagen, die auf persönlichen Erfahrungen und Fahrtests zu dem jeweiligen Auto basieren.
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