Wie lässt sich bei der Übertragung von Immobilien Erbschaftsteuer sparen? Eine Möglichkeit ist der sogenannte Nießbrauch: Sie überschreiben Ihr Haus oder Ihre Wohnung bereits zu Lebzeiten auf Ihre Angehörigen, haben aber ein lebenslanges Nutzungsrecht. Die Dauer und die genauen Konditionen können Sie selbst festlegen.
Steuern sparen
Nießbrauch: So können Immobilienbesitzer Erbschaftsteuer sparen
Ganz allgemein ist mit Nießbrauch das Nutzungsrecht an einer bestimmten Sache gemeint, etwa einer Immobilie. Im Erbrecht spricht man von Nießbrauch, wenn Immobilienbesitzer ihre Wohnung oder ihr Haus bereits zu Lebzeiten an Angehörige weitergeben wollen. Es ist jedoch auch möglich, eine Nießbrauchsregelung unter nicht verwandten Personen zu treffen. In der Regel soll die Immobilie dabei zwar den Eigentümer wechseln, ansonsten aber alles beim Alten bleiben. In solchen Fällen wird im Zuge der Schenkung ein Nutzungsrecht zugunsten der bisherigen Eigentümer festgeschrieben, entweder auf Lebenszeit oder befristet. Dadurch verlieren die Schenkenden nicht alle Ansprüche und Nutzungsrechte an der Immobilie. Das Nießbrauchsrecht ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt (§§ 1030 ff.).
Dort wird zwischen zwei Arten von Nießbrauch unterschieden: Vorbehaltsnießbrauch und Zuwendungsnießbrauch.
Vorbehaltsnießbrauch
Zuwendungsnießbrauch
Nießbrauch umfasst ein lebenslanges Wohnrecht des Schenkenden – dazu kommen individuelle Absprachen. So kann der Schenkende sich weitere Rechte im Grundbuch eintragen lassen, zum Beispiel das Recht auf Vermietung.
Das Wohnrecht hingegen beinhaltet nur, dass der Schenkende lebenslang in der Immobilie wohnen darf.
Nießbrauch: Rechte und Pflichten
Wohnrecht: Rechte und Pflichten
Verwandtschaftsgrad der
begünstigten Person
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Freibetrag in Euro |
Steuersatz in Prozent |
Ehegatten, Lebenspartner |
500.000
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7-30
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Kinder, Stiefkinder, Adoptivkinder, Enkelkinder (wenn deren Eltern verstorben sind) |
400.000
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7-30 |
Enkelkinder |
200.000
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7-30
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Eltern, Großeltern, Geschwister, Kinder der Geschwister, Stiefeltern, Schwiegerkinder |
20.000 |
15-43
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Nicht verwandt | 20.000 |
30-50
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Die Schenkung mindert das vererbbare Vermögen
Beim Schenkungssteuer-Freibetrag gilt nicht der reine Immobilienwert als Grundlage. Der Gegenwert des Nießbrauchs wird abgezogen. Das mindert also direkt den steuerlichen Wert. Um den Gegenwert des Nießbrauchs zu berechnen, werden das Alter des Schenkenden bzw. seine wahrscheinliche Lebenserwartung herangezogen. Der Berechnung liegen die Sterbetafeln des Statistischen Bundesamts zugrunde.
- Peter Liebig (52) überträgt sein Mietshaus mit mehreren Wohnungen und einem Verkaufswert von 1,3 Millionen Euro an seinen Sohn Max (29) gegen lebenslangen Nießbrauch. Er selbst wohnt nicht in dem Haus.
- Peter behält sich das Recht auf die Mieteinnahmen vor. Diese belaufen sich nach Abzug der Betriebskosten auf 70.000 Euro pro Jahr. Der Wert des Nießbrauchs beträgt 1.019.690 Euro, das entspricht 70.000 Euro x 14,567 (Vervielfältiger bei 28 Jahren Lebenserwartung nach § 14 Bewertungsgesetz; Stand 2024).
- Dieser Betrag wird vom Wert des Hauses abgezogen (1.300.000 Euro - 1.019.690 Euro = 280.310 Euro).
- Für den Sohn errechnet sich daher eine Schenkung in Höhe von 280.310 Euro. Dieser Betrag liegt unterhalb dem Schenkungsfreibetrag von 400.000 Euro. Die Übertragung der Immobilie bleibt somit für den Sohn steuerfrei.
- Anders sähe es aus, wenn der Vater die Immobilie erst einige Jahre später überträgt. Denn mit abnehmender Lebenserwartung verringert sich die Höhe des Nießbrauchswertes.
- Soweit innerhalb von 10 Jahren nach der Schenkung weitere Schenkungen oder eine Erbschaft durch Peter Liebig an Max erfolgen, sind diese gemäß § 14 ErbStG zusammenzurechnen.
- Lisa Hartung (55) verschenkt zwei kleine Immobilien im Abstand von zehn Jahren an ihre Tochter Eva (32).
- Im ersten Haus hat Lisa bis zu der Schenkung selbst gelebt. Sie zieht nun in die Wohnung ihres Lebensgefährten. Da das Haus nur 350.000 Euro Verkaufswert besitzt und der Schenkungssteuer-Freibetrag bei 400.000 Euro liegt, muss Eva keine Schenkungssteuer zahlen.
- Per Nießbrauch hat sich die Mutter jedoch vorbehalten, dass sie von ihrer Tochter eine symbolische Miete erhält. Sollte Eva das Haus nicht mehr bewohnen, wird ihre Mutter andere Mieter suchen und die Einnahmen für sich verbuchen.
- Es gibt noch ein zweites Mietshaus, das Lisa ihrer Tochter erst in zehn Jahren vererben wird, damit die beiden die Schenkungssteuer-Freibeträge erneut geltend machen können (§ 14 ErbStG).
- Karl Lindner (73) stirbt und hinterlässt seinem einzigen Sohn Julian (50) ein Haus mit einem Verkaufswert von 1 Million Euro.
- Paula Lindner, die 68-jährige Witwe von Karl und Mutter von Julian, hat ein lebenslanges Nießbrauchrecht und vermietet das Haus. Damit erzielt sie 24.000 Euro Miete im Jahr.
- Der steuerliche Wert des Nießbrauchs wird auf Basis der voraussichtlichen Lebenserwartung von Paula berechnet. Diese beträgt rund 18 Jahre und entspricht dem Faktor 11,718 gemäß § 14 Bewertungsgesetz (Stand 2024).
- Damit ergibt sich ein steuerlicher Wert des Nießbrauchs in Höhe von 281.232 Euro (24.000 Euro x 11,718). Um diesen Betrag reduziert sich die Steuerlast für den Sohn. Durch den Freibetrag von 400.000 Euro für Kinder muss er lediglich auf einen Betrag von 118.768 Euro Erbschaftsteuer zahlen.
- Anton Breuer (45) hat ein großes Gelände, auf dem mehrere Lagerhallen stehen, die er vermietet.
- Da sein 21-jähriger Sohn Ludwig bald studieren wird, bestellen sie einen Zuwendungsnießbrauch: Ludwig darf für die Dauer von fünf Jahren die Hallen vermieten, sein Vater bleibt jedoch weiterhin der Eigentümer. Mit den Mieteinnahmen soll Ludwig sein Studium finanzieren, da er keine anderen Einkünfte hat.
- Die Mieteinkünfte belaufen sich jährlich auf etwa 25.000 Euro. Anton müsste bei einer Einkommenssteuerbelastung von 40 Prozent 10.000 Euro Steuern auf die Miete zahlen, sein Sohn circa 3.000 Euro (Stand 2024). Mehr dazu im Abschnitt „Nießbrauch: Gibt es auch Nachteile?“
- Durch dieses Modell lassen sich also etwa 7.000 Euro Steuern sparen.
- Wenn Ludwig nach Abschluss seines Studiums selbst Geld verdient, rechnet sich das Modell nicht mehr in gleichem Maße.
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Die neuen Eigentümer müssen nach dem Tod des Schenkenden mit eventuellen Besitzansprüchen von Verwandten rechnen.
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Für die Instandhaltung und mögliche Sanierungsmaßnahmen müssen die Beschenkten als neue Eigentümer selbst aufkommen. Dafür benötigen sie finanzielle Rücklagen.
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Erblasser sollten es sich gut überlegen, ob sie ihre Immobilie tatsächlich verschenken wollen – vor allem dann, wenn sie noch darin wohnen. Denn das Eigentum geht auf den Beschenkten über. Sollte dieser in finanzielle Not geraten, steht damit auch die Immobilie auf dem Spiel. Der Nießbrauch bleibt bestehen, aber die Immobilie könnte ihren Eigentümer wechseln.
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Im Fall von Zuwendungsnießbrauch und Mieteinnahmen können für beide Seiten die Abschreibungsmöglichkeit verloren gehen: für den Schenkenden, weil er keine Einnahmen mehr erzielt, und für den Beschenkten, weil er Mieteinnahmen hat, ohne die Immobilie zu besitzen.
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Das Nießbrauchsrecht erlischt nicht, wenn der ehemalige Eigentümer beispielsweise in ein Pflegeheim umzieht. Dann kann es sein, dass die Wohnung leerstehend bleibt. Deshalb sollten die Vereinbarungen so detailliert wie möglich erfolgen.
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Sie setzen einen Schenkungsvertrag auf, in dem Sie Ihre Immobilie beispielsweise an eines Ihrer Kinder übertragen. Vertraglich behalten Sie sich den Nießbrauch der Immobilie vor.
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Die Schenkung müssen Sie von einem Notar beurkunden lassen. Den neuen Eigentümer und den vereinbarten Nießbrauch lässt dieser zudem in das Grundbuch eintragen. Das Nießbrauchsrecht erlischt mit dem Tod des Schenkenden, wenn keine bestimmte Dauer festgesetzt wurde. Der Eintrag im Grundbuch wird nach Vorlage der Sterbeurkunde gelöscht.
Disclaimer
Dieser Artikel enthält allgemeine Informationen zu rechtlichen bzw. steuerlichen Themen und kann keine individuelle Beratung durch einen Rechtsanwalt bzw. Steuerberater ersetzen. Sie stellen keine Rechts- bzw. Steuerberatung dar. Die Informationen dienen ausschließlich der Veranschaulichung und sollen einen ersten Überblick über mögliche rechtliche und steuerliche Fragen im Zusammenhang mit Versicherungsprodukten geben. Eine Haftung für die Inhalte wird nicht übernommen.
Zuletzt aktualisiert: August 2024
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