Was früher einmal der Golf Plus war, ist heute der Golf Sportsvan. Das ist spätestens seit dem letztjährigen Facelift keine Neuigkeit mehr. Geblieben ist er aber der Ruf, den der Hochdach-Golf mit sich rumschleppt – und das bei diesem dynamischen Namen. Etwas betagt, bevorzugt mit grauer oder beiger Kleidung getarnt und gerne mit 105 km/h auf der Mittelspur unterwegs. Muss sich der Volkswagen Golf Sportsvan wirklich diesen Schuh anziehen oder ist er der Dynamiker unter den Klein-Vans? Wir klären die Fragen im Test.
Test: Volkswagen Golf Sportsvan Gebrauchtwagen-Check
Ein Golf ist ein Golf – denkste! Den aktuellen Golf gibt es als Drei- oder Fünftürer, als Variant genannten Kombi, als Cabrio (ok, dahinter verbirgt sich der Golf 6) und als – ganz genau – Sportsvan. Technisch steckt die Wolfsburger Gemeinwaffe ohnehin in unzähligen Konzern-Fahrzeugen. Beim Hochdach-Kompakten muss manch einer aber durchaus zwei Mal hinsehen, um ihn im Test als Golf Sportsvan auszumachen. Meine Nachbarn zum Beispiel: „Golf? Das war nie mein Auto. Irgendwie langweilig, weil den jeder fährt. Naja, und nun haben wir einen Volkswagen Golf Sportsvan. Schon toll, so ein kleines SUV!“.
SUV? Nun, das ist der Volkswagen Golf Sportsvan nicht wirklich. Der werte Herr Nachbar wollte mich wohl einfach beeindrucken. Und die Zutaten könnten auch passen: Hohe Sitzposition, toller Rundumblick, One-Box-Design – stimmt alles. Nur die Bodenfreiheit entspricht nicht den Möchte-Gern-Geländewagen. Dafür schaut der geräumigere Golf genauso grimmig drein, wie sein „normaler“ Urahn und Ableger. Die Scheinwerfer, optional in Voll-LED-Technik ausgeführt, sind durch den breiten Grill miteinander verbunden und bilden damit eine Verknüpfung zu den ersten Golf-Modellen. Ansonsten fällt der Volkswagen Golf Sportsvan wenig auf – besonders im Farbton „Indium-Grau“ passt der Wolfsburger zu seinem Ruf.
Zu nörgeln gibt es grundsätzlich aber nichts. Klare Linien, je nach Ausstattung Chrom-Zierrat, Auspuffblenden, LED-Rückleuchten – zeitloses, teutonisches Design vom Feinsten.
Und dass der Volkswagen Golf Sportsvan nicht nur für den Transport zur nächsten Krankengymnastik taugt, zeigt der Innenraum-Test.
Zu meckern gibt es nämlich auch im Interieur des Niedersachsen nichts. Wirklich gar nichts. Ein Golf ist ein Golf ist ein Golf ist ein – naja, Sie wissen schon. Entsprechend optimal gestalten sich die Ausführung und Bedienung. Alles liegt gut zur Hand, ist dort angebracht, wo man es vermutet, und lässt sich auch noch angenehm anfassen. Die Oberseite des Armaturenbretts ist gar so weich unterschäumt, dass man ein Nickerchen darauf halten könnte. Nicht, dass das etwas mit der Käuferschaft zu tun hätte…
Um wieder den Ernst dieses Tests aufzugreifen: Der Volkswagen Golf Sportsvan ist ein Auto, das für jeden optimal zugeschnitten ist. Ältere Käufer erfreuen sich – wie eingangs erwähnt – an der hohen Sitzposition und dem bequemen Einstieg, kleinere Familien über den üppigen Raum für die Passagiere. Und Singles werden das Raumangebot ebenso schätzen, wenn sie drei ausgewachsene Kerle ohne Klagen zum nächsten Fußballspiel mitnehmen.
In den Kofferraum geht darüber hinaus noch ordentlich Gepäck: 500 Liter sind es im schlechtesten Fall. Mit vorgeschobener Rückbank geht natürlich noch mehr Gepäck hinten rein – was vor allem mit Kindern auf der Rückbank kein Problem ist. Klappt man die Rücksitzbank um, stehen bis zu 1.520 Liter bereit – echte Van-Maße.
Beim Infotainment bietet der Volkswagen Golf Sportsvan in meiner Kaufberatung wenig Neues. Das große Infotainment vertraut auf einen 9,2-Zoll-Touchscreen, bietet sogar Gestensteuerung, verzichtet aber auf einen Drehregler für die Lautstärkeregelung. Und auch auf digitale Instrumente muss man als Sportsvan-Interessent verzichten. Für den Hochdach-Golf gibt es ausschließlich die bestens ablesbaren, klassischen Rundinstrumente.
City-Notbremsfunktion, Fußgängererkennung, Stauassistent, Park-Assistent – für den Volkswagen Golf Sportsvan stehen allerlei Ausstattungen und Assistenten parat. Teilweise serienmäßig, teilweise optional. Beim Infotainment ist der Wolfburger ebenfalls auf aktuellem Stand. So stehen App-Connect, MirrorLink, Apple CarPlay oder Android Auto bereit – wenn man es denn möchte.
Zum Test trat der Volkswagen Golf Sportsvan mit dem 1.5 TSI ACT Motor an. Der Vierzylinder ist in zwei Leistungsstufen erhältlich und verfügt sowohl über einen Abgas-Turbolader wie über Zylinderabschaltung. Letztere erzieht den Wolfburger zum Sparen, denn sowohl mit 110 kW/150 PS, wie mit 96kW/130 PS stehen 5,1 bis 5,2 Liter je 100 km Verbrauch auf dem Zettel.
Dennoch sind die Fahrleistungen auf der spritzigen Seite anzusiedeln. Die schwächere Version spurtet in 9,6 Sekunden auf 100 km/h und ist maximal 202 km/h schnell – das ist in den meisten Situationen mehr als angemessen. Mit 150 PS kommen zehn Stundenkilometer bei der Höchstgeschwindigkeit hinzu, das Spurtvermögen verbessert sich um 0,8 Sekunden. Wobei der stärkere 1.5 TSI ausschließlich mit 7-Gang-DSG erhältlich ist. Der 1.5 TSI mit 130 PS ab Werk fährt mit einer 6-Gang-Handschaltung vor und hält das DSG optional parat.
Bei unseren Probefahrten konnten wir den NEFZ-Verbrauch zwar nicht erreichen, haben ihn aber auch nur mit ca. einem Liter übertrumpft. Von daher möchten wir dem 1.5 TSI einfach mal unterstellen, dass er für ein Benzin-Motor ganz schön sparsam ist. Flott ist natürlich etwas anderes, aber in der Stadt und auf der Landstraße macht der Wagen mit der Motorisierung eine gute Figur. Auf der Autobahn kann man auch gut mitschwimmen, sollte aber Abstand von der Idee nehmen ihn ständig auszudrehen. Bremsen, Lenkung, Getriebe: Top!
Erhältlich ist der Volkswagen Golf Sportsvan aus meinem Test in den drei bekannten Ausstattungsvarianten Trendline, Comfortline und Highline. Los geht es mit dem kleinsten Aggregat als Trendline bei 20.450 Euro. Für den 130 PS starken 1.5 TSI muss man mindestens 26.225 Euro bereithalten, dann bekommt man aber schon die empfehlenswerte Comfortline-Ausstattung. Hier sind Alufelgen, ein Multifunktionslenkrad und ein paar andere Nettigkeiten, wie etwa Sitzheizung bereits inklusive. Wer schalten lassen möchte, der muss rund 2.000 Euro für das DSG drauflegen. 29.275 Euro werden für 1.5 TSI mit 150 PS fällig, der allerdings auch in der Topversion „Highline“ vorfährt. Diese bietet neben den hervorragenden LED-Scheinwerfern vor allem Zierrat.
Ältere Herrschaften, Familien, Paare, Singles: Der Volkswagen Golf Sportsvan eignet sich, genau wie sein „gewöhnlicher“ Bruder, für so ziemlich jeden. Nur ist er etwas praktischer, eine Spur weniger dynamisch, angenehm komfortabel und eigentlich mit alles Wassern gewaschen. Nur wirkt er aufgrund seiner höheren Bauform etwas weniger reizvoll als ein „niedriger“ Golf. Dem Prädikat „empfehlenswert“ tut das in meinem Golf Sportsvan-Test allerdings keinen, aber auch wirklich gar keinen, Abbruch!
Zuletzt aktualisiert: November 2021
Jens Stratmann
Automobil-Journalist
Baujahr 1979, technisch im einwandfreien Zustand! Nach einer Ausbildung und über elf Jahren Erfahrung im KFZ-Bereich, machte Jens seine Passion zu seinem Beruf. Jens schreibt Beiträge über Neu- und Gebrauchtwagen, die auf persönlichen Erfahrungen und Fahrtests zu dem jeweiligen Auto basieren.
R+V-Newsletter abonnieren
So bleiben Sie auf dem Laufenden zu aktuellen Versicherungsthemen rund um Gesundheit, Mobilität, Geld, Vorsorge und vielem mehr. Freuen Sie sich auf attraktive Gewinnspiele und Aktionen.