Warum nutzen wir nicht Methanol als Kraftstoff? Kraftstoffe der Zukunft müssen unbestritten ökologisch und ökonomisch nachhaltig sein. Es gilt den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren oder im besten Fall sogar zu eliminieren und das gilt auch für den Ausstoß von Luftschadstoffen. Methanol könnte, wenn es aus erneuerbaren Biomasse-Rohstoffen hergestellt wird, diese Kriterien ebenso wie andere von Methanol abgeleitete künftige Kraftstoffe wie Elektrokraftstoffe, DME, OME und Wasserstoff für Brennstoffzellen-Elektrofahrzeuge (FCEVs) und batterieelektrische Fahrzeuge (BEVs) erfüllen.
Methanol als Kraftstoff der Zukunft?
Du fängst den Wind niemals ein, der Wind will nicht gebunden sein, rastlos weht er über Stadt und Land und hält nicht an. Ein Liedtext von Howard Carpendale, Fred Jay und Wilhelm Brech aus dem Jahre 1974. Man kann den Wind nicht einfangen, aber die Windenergie nutzen.
Energie aus Windkraft kann man natürlich nur gewinnen, wenn der Wind weht. Da gibt es ein kleines Problem: Oft entsteht die Energie, wenn man sie gar nicht benötigt und benötigt man Energie, dann geht kein Wind. Die überschüssige Energie muss also gespeichert und transportiert werden.
Nun gibt es seit mehreren Jahren bereits die Idee, Wasserstoff als Energieträger zu benutzen. Also die Energie in Wasserstoff zu speichern. Da gibt es aber das nächste Problem! Wasserstoff lässt sich in der Elektrolyse zwar relativ gut erzeugen, ist anschließend aber weder als Gas noch als Flüssigkeit einfach genug handhaben.
Ein Umweg könnte der Metha-Cycle sein: Aus der Elektroenergie durch Windkrafträder oder Photovoltaikanlagen wird Wasserstoff erzeugt. Dieser wiederum wird mit CO2 in Methanol umgewandelt. Methanol kann man in geschlossenen Behältern speichern und transportieren. Gelinde gesagt, ein recht großer Umweg. Aber wo wir gerade beim Thema sind…
Methanol (M100) ist als Kraftstoff in der EU bereits genormt und enthält mindestens 82% Methanol. In China ist man etwas weiter. Dort gibt es bereits M100-Tankstellen sowie die passenden Fahrzeuge, die nun in einem Feldversuch den Kraftstoff erproben. Die Herstellungskosten für den M100 Kraftstoff sind günstiger als bei den klassischen flüssigen Kraftstoffen, auch die Herstellungskosten der Fahrzeuge könnten gesenkt werden. Der Kraftstoff Methanol ist darüber hinaus noch gut biologisch abbaubar.
Methanol kann also aus einer breiten Palette von Rohstoffen hergestellt werden, was es zu einem der flexibelsten chemischen Rohstoffe und Energiequellen macht. Methanol ist darüber hinaus der weltweit am häufigsten verschiffte chemische Rohstoff und gehört zu den fünf am häufigsten gehandelten Chemikalien der Welt. Es wird seit über 100 Jahren sicher gelagert, transportiert und gehandhabt. Methanol weist viele wünschenswerte Eigenschaften auf, die es zu einem ausgezeichneten Kraftstoff für Ottomotoren machen, darunter eine hohe Oktanzahl und eine verbesserte Effizienz.
Für Automobilhersteller enthält Methanol Sauerstoff für eine sauberere Kraftstoffverbrennung, eine niedrigere Siedetemperatur für eine bessere
Kraftstoffverdampfung und eine höhere Mischoktanzahl für eine sanftere Verbrennung und eine bessere Motor-Innenkühlung.
Im Vergleich zu Benzin hat Methanol eine geringere Flüchtigkeit, Dampfdichte und Wärmefreisetzungsrate bei einem Poolbrand. Es erfordert auch eine höhere Konzentration, um ein brennbares Gemisch in der Luft zu bilden. Ein weiterer Vorteil von Methanol ist jedoch, dass dank seiner Mischbarkeit reine Methanolbrände mit Wasser gelöscht werden können. Methanol-Benzin-Mischungen werden auf der ganzen Welt verwendet, vor allem in China, wo die Nachfrage weiter steigt. Methanol ist eine Schlüsselkomponente bei der Herstellung von Biodiesel.
Methanol kann sehr gefährlich und giftig sein, vor allem wenn man es nicht sorgfältig und sicher handhabt. Das gilt übrigens auch für andere alternative Kraftstoffe sowie für Benzin und Diesel, aber die Einnahme von Methanol kann zur Erblindung oder bei höheren Dosen auch zum Tod durch Atemlähmung führen. Das Gefährliche ist, dass sich Methanol in Geruch und Geschmack nicht von Ethanol unterscheiden lässt. Deshalb funktioniert unsere eingebaute Gefahrenerkennung bei Methanol nicht.
Wo wir gerade bei einer Atemwegerkrankung sind: Methanol ist ein Industrieprodukt, welches giftig ist und aus dem Grund auch nicht in Handdesinfektionsmitteln und Flächendesinfektionsmitteln verwendet werden darf, wenn die Gefahr einer Exposition durch Hautkontakt, Einatmen oder Verschlucken besteht. Also vor Corona bzw. einer COVID-19 Infektion wird uns Methanol nicht schützen.
Methanol könnte aber der Kraftstoff der Zukunft sein, bei Bedarf kann man aus dem Methanol wieder den Wasserstoff ziehen und anschließend zur Stromerzeugung nutzen. Die Energie ist ja nie weg, sie ist immer nur anders gespeichert. Im physikalischen Sinne kann Energie nicht verlorengehen, sie wird nur nicht genutzt.
Klingt zu schön um wahr zu sein, oder?
Es gibt bereits eine Testanlage zur Wasserstofferzeugung aus Methanol. Errichtet wurde diese an der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) in Erlangen-Nürnberg. Die Brennstoffzelle als Teil des Demonstrators produzierte dauerhaft Strom mit einer Leistung bis zu 39 Watt. Das reicht zum Beispiel um eine Leuchtstofflampe aufleuchten zu lassen, vielleicht sollten wir doch über andere Kraftstoffe nachdenken?
Auf der IAA 1997 stand der Mercedes-Benz NECAR3, der von einer Methanol-Brennstoffzelle versorgt wurde. Bedingt durch den Platzbedarf des Methanol-Reformers hatte das Fahrzeug allerdings nur zwei Sitze. Ein Methanol-Reformer wird in der Brennstoffzellentechnik verwendet, um aus einem Methanol-Wasser-Gemisch unter Freisetzung von Kohlendioxid reinen Wasserstoff zu erzeugen. Mit dem Mercedes-Benz NECAR 3, der auf der A-Klasse der Baureihe 168 basierte, konnte eine Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h erzielt werden. Die Idee, kein Wasserstoff in Druckgastanks mitzuführen, ist also ein alter Hut.
Methanol wird derzeitig in der Regel ebenfalls aus fossilen Rohstoffen hergestellt, in Sachen motorrelevanten Eigenschaften sind Methanol und Ethanol fast identisch, für die Elektrolyse des Wasserstoffs als auch die Synthese von Alkohol aus Wasserstoff und CO2 braucht man große Mengen Energie und Ethanol ist aus Bioabfall fast unbegrenzt verfügbar. Man könnte das Gefühl haben, dass Synthesekraftstoffe wie Ethanol oder Methanol politisch unerwünscht sind. E85 hatte fast eine CO2-neutrale Verbrennung.
Bei der Verbrennung von Ethanol wird nur so viel CO2 freigesetzt, wie die Pflanze zuvor gebunden hat. E85 (85% Ethanol, 15% Benzin) kann mit normalen Motoren benutzt werden, hat eine saubere Verbrennung und ebenfalls eine höhere Klopffestigkeit (ROZ 105). Ethanol kann auch aus Bio-Abfallstoffen oder Algen hergestellt werden, Tankstellen könnten leicht umgerüstet werden. Damit E85 getankt werden kann, müssen allerdings alle Materialien im Kraftstoffkreislauf eines Fahrzeugs (Kraftstofftank, Kraftstoffpumpe, Kraftstoffleitungen, Einspritzventile etc.) ethanoltauglich sein.
E85 wurde in Deutschland dennoch Ende 2015 vom Markt genommen, die Energiesteuer hat den Kraftstoff zu teuer gemacht und dann gab es da natürlich noch das Problem, dass „Lebensmittel im Tank“ landen, irgendwas ist ja immer. PS.: Wir importieren immer noch Zucker, obwohl Zuckerrüben auch in Deutschland wachsen. Der Kraftstoff, der alles richtig macht, muss wohl doch erst noch erfunden werden.
Zuletzt aktualisiert: November 2020
Jens Stratmann
Automobil-Journalist
Baujahr 1979, technisch im einwandfreien Zustand! Nach einer Ausbildung und über elf Jahren Erfahrung im KFZ-Bereich, machte Jens seine Passion zu seinem Beruf. Jens schreibt Beiträge über Neu- und Gebrauchtwagen, die auf persönlichen Erfahrungen und Fahrtests zu dem jeweiligen Auto basieren.
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