1. Im Job

    Frust bei der Arbeit: Wie Sie die Enttäuschung zähmen

    Wer Frust bei der Arbeit erlebt, kann dadurch ernsthaft erkranken - ob körperlich oder psychisch. Jutta Boenig, Inhaberin der Boenig Beratung und 1. Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Karriereberatung, erklärt die Ursachen für Enttäuschung im Job und zeigt Lösungsansätze für Betroffene.

    Es ist wieder etwas besser bestellt mit der Jobzufriedenheit der Deutschen. Der jährliche "Engagement-Index" des Beratungsunternehmens Gallup gilt als Klassiker unter den Arbeitnehmerbarometern. 16 Prozent der Befragten fühlen sich durch die Arbeit dem Unternehmen innerlich verbunden, 67 Prozent leisten auf ihrem Posten dagegen nur Dienst nach Vorschrift - und 17 Prozent geben an, sie hätten quasi "innerlich gekündigt". Diese Zahlen aus der Befragung 2013 lesen sich nicht berauschend - immerhin ist aber der Abwärtstrend der vergangenen Jahre gebremst .

    Ursachen für Frust bei der Arbeit

    "Frust von Arbeitnehmern kann viele Ursachen haben", sagt die Expertin. Zu den wichtigsten zählen dabei mangelnde Wertschätzung und Anerkennung durch den Chef und das Gefühl, im Kollegenkreis nicht anerkannt zu sein. Ein Auslöser für Enttäuschung kann auch ein Aufgabenprofil sein, das zu Überforderung und damit meist Dauerdruck führt, Unterforderung ist ebenfalls gefährlich. "Auch das Gefühl, nicht angemessen bezahlt zu werden, kann eine Ursache sein, gehört aber nicht zu den wichtigsten", so Boenig. "Grundsätzlich brauchen Mitarbeiter, um am Arbeitsplatz zufrieden zu sein, eine gute Beziehung zu den Vorgesetzten und Kollegen sowie ein angemessenes Aufgabengebiet. Wenn eines von beiden oder gar beide fehlen, wird es problematisch."

    Dann, so die Expertin, sei es oft höchste Zeit, nach dem Grundsatz "Love it, change it, or leave it" zu handeln. Das Lieben scheidet in so einer Situation meist aus, also sollten Betroffene versuchen, die Situation positiv zu verändern. Wenn das nicht gelingt, kann der Wechsel zu einem anderen Aufgabengebiet oder im äußersten Fall zu einem anderen Arbeitgeber helfen.

    Wenn die Anerkennung des Chefs fehlt

    Ist der Grund für den Frust im Job die mangelnde Wertschätzung durch Vorgesetzte, empfiehlt Boenig Folgendes: Zunächst sollte der Arbeitnehmer mit Partnern oder guten Freunden über das Problem sprechen und feststellen, was er genau bräuchte, um bei der Arbeit zufriedener zu sein. Wer dadurch nicht zu Lösungen kommt, dem empfiehlt Boenig den Gang zu einem Karriereberater. "Im nächsten Schritt muss man den Mut aufbringen, mit dem Vorgesetzten darüber zu sprechen", so die Expertin. Wichtig: Das Problem sollte in einem konstruktiven Gespräch klar benannt werden, keinesfalls sollte der Arbeitnehmer in einem vorwurfsvollen oder klagenden Ton mit dem Chef reden. Laut Boenig sollte unbedingt noch ein Folgetermin vereinbart werden, um zu prüfen, ob sich seit dem Erstgespräch etwas zum Positiven verändert hat. "Hier darf man sich nicht abwimmeln lassen", sagt Boenig.

    Wenn die Bezahlung oder das Aufgabengebiet nicht passt

    Wer das Gefühl hat, seine Arbeitsleistung wird durch das Gehalt nicht ausreichend honoriert, wird auf Dauer ebenso frustriert sein wie derjenige, der sich durch sein Aufgabengebiet über- oder unterfordert fühlt. Auch in diesem Fall empfiehlt Boenig: "Suchen Sie ein konstruktives Gespräch mit dem Vorgesetzten und formulieren Sie in diesem Gespräch klar Ihre Vorstellungen." Einen Anhaltspunkt, welches Gehalt mit welcher Berufserfahrung üblich ist, bietet in vielen Fällen die Datenbank der Website lohnspiegel.de.

    Wenn’s mit den Kollegen nicht klappt

    Wer von den Kollegen nicht anerkannt wird, in der Mittagspause bei Gesprächen außen vor ist und keine Einladung zum gemeinsamen Grillabend erhält, leidet darunter meist - selbst wenn er mit dem Job an sich zufrieden ist. "Auf Dauer hält es kein Mensch aus, ausgeschlossen zu sein", sagt Boenig. Auch hier gilt: Mut fassen, das Problem ansprechen - und einfach auch selbst eine Einladung aussprechen.

    Was tun, wenn sich nichts verändert hat?

    Wenn alles Bemühen um eine positive Veränderung der Arbeitssituation nicht geholfen hat, ist laut Boenig die nächste Frage: Kann ich noch so weitermachen? Lautet die Antwort "Nein", müssen Alternativen gefunden werden. In einer Ist-Analyse sollten Arbeitnehmer, auch mithilfe eines Karriereberaters, feststellen, wie zufrieden sie mit ihrer Situation sind. "50 bis 60 Prozent Zufriedenheit sollten es mindestens sein", sagt Boenig.

    Manchen frustrierten Arbeitnehmern gelingt es laut Boenig, die mangelnde Freude am Job durch positive Dinge in der Freizeit wie Familie oder Hobbys zu kompensieren. Bei vielen Menschen klappt das jedoch nicht. Selbst dann sollten Betroffene aber keinesfalls in einer Kurzschlussreaktion kündigen. "Der wichtigste Ratschlag lautet hier: innehalten, analysieren und Beratung in Anspruch nehmen", so Boenig. "Externe Profis können dabei helfen und oft ganz neue Ideen einbringen, auf die die Arbeitnehmer vielleicht nicht gekommen wären."

    Checkliste: Diese Aspekte sollten Sie bei der Ist-Analyse berücksichtigen:

    • Wie zufrieden sind Sie mit der Art und Menge an Aufgaben bei Ihrer Arbeit?
    • Entspricht die Ausstattung am Arbeitsplatz den Bedürfnissen Ihrer Arbeit?
    • Halten Sie Ihr Gehalt für angemessen, auch im Verhältnis zu Kollegen mit vergleichbarer Erfahrung und vergleichbarem Aufgabengebiet?
    • Gibt es einen starken Zusammenhalt im Kollegenkreis oder ist jeder ein Einzelkämpfer?
    • Werden vereinbarte Arbeitszeiten eingehalten oder kommt es häufig zu (unbezahlten) Überstunden?
    • Wie zufrieden sind Sie mit den Bedingungen am Arbeitsplatz (Temperatur, Luftqualität, Geräuschpegel)?
    • Gibt es besondere Pluspunkte in Ihrer jetzigen Position (flexible Arbeitszeit, Dienstwagen, gute Kantine)?

    Autor/in

    Ela Orth

    Dezember 2014

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