09Dez2025 Rein geschäftlich

    Bilanz für das Jahr 2025 zur wirtschaftlichen Lage und die der R+V

    Unser Chef-Volkswirt, Uwe Siegmund, zieht Bilanz für das Jahr 2025, das von Zöllen, Krisen und Konflikten gekennzeichnet ist. Und er blickt auf die Weltwirtschaft 2026 und die möglichen Auswirkungen auf die R+V.

    Von Uwe Siegmund

    2025 war ein schwieriges Jahr, oder? Trump hat im ersten Jahr seiner zweiten Amtszeit die Welt immer wieder schockiert: Die amerikanischen Zölle allein hätten das Potenzial gehabt, die Weltwirtschaft und die Kapitalmärkte in die Knie zu zwingen. Die historische Schrecksekunde nach dem „Liberation Day“ im April hat dies deutlich gezeigt. Aber auch der Angriff auf die Atomanlagen im Iran hat die Welt verunsichert. 

    Was hat 2025 die Welt außerdem belastet?

    Kriege wie in der Ukraine und im Gazastreifen haben Tausende Menschenleben gekostet. Die Schuldenstände der Staaten haben sich weltweit erhöht und setzen die Regierungen unter Druck. Wie die Folgen aussehen können, haben wir im Herbst während der Regierungskrise in Frankreich erlebt. Ernsthafte Reformen im Euroraum und in Deutschland sind kaum zu erkennen. Der Mangel an Reformen führt gerade in Deutschland dazu, dass immer mehr Unternehmen „mit den Füßen“ abstimmen und ihre Produktion ins Ausland verlagern.
     

    Und trotzdem: die Weltwirtschaft ist 2025 gewachsen, die Inflation ist nicht eskaliert und die Aktienmärkte boomen. Wir befinden uns, ausgelöst durch die Künstliche Intelligenz, mitten in einem technologischen Wandel, der viel Potenzial für mehr Produktivität und Lebensqualität hat. Für die US-Zölle scheint der Welthandel eine eigene Lösung gefunden zu haben: Die Warenströme fließen vermehrt um die USA herum. Positiv anzumerken ist auch, dass die Friedensbemühungen in Gaza und der Ukraine zuletzt verstärkt wurden. Die Verteidigungsfähigkeit Europas beginnt, sich zu verbessern. Selbst ein zartes Pflänzchen des Bürokratieabbaus ist in der EU erkennbar. Deutschland hat eine handlungsfähige Regierung und selbst Frankreich ist nicht politisch gekippt. Deshalb ist mein Fazit: Marktwirtschaft und Demokratien sind bei Schocks jedweder Art erstaunlich anpassungsfähig.


    Und was erwarte ich für das Jahr 2026?

    Die Vereinigten Staaten begehen ihren 250. Jahrestag. Da passt es hervorragend, dass Zwischenwahlen anstehen, bei denen die Bürger über den Kurs der neuen Trump-Regierung urteilen können. Es wird spannend mit Wahlgeschenken, Wahlbeeinflussungen und Wahlkampfdramen. Damit ist politische Unsicherheit vorprogrammiert. Ökonomisch erwarte ich für die USA nicht mehr Wachstum, aber dafür mehr Inflation. Die vollständigen Auswirkungen der neuen Zölle und des Arbeitskräfterückgangs durch die neue Einwanderungspolitik werden sich erst im nächsten Jahr zeigen. Ich befürchte, dass wir mit dem anstehenden Wechsel an der Spitze der amerikanischen Notenbank eine politisiertere Zentralbank bekommen, die die Zinsen stärker senkt als ökonomisch geboten.

    In Europa steht turnusmäßig keine große Wahl an. Das Hauptthema wird sicherlich die äußere und innere Sicherheit bleiben. Gefolgt vom Thema der ökonomischen Grenzen, das heißt welche Zölle zahlen wir und welche zahlen die anderen an uns. Innerhalb Europas wird das zurückgehende französische Wirtschaftswachstum durch das steigende deutsche wohl ausgeglichen werden. Dahinter stehen einfache Verschuldungszusammenhänge. Frankreich kann sich weniger und Deutschland mehr verschulden. Es fehlt das echte Wachstum, vor allem die privaten Investitionen. Mehr Konsum würde auch helfen.


    Die Inflation ist derzeit stabil. Ich erwarte vorübergehend sogar noch eine zurückgehende Inflation im Euroraum und damit Diskussionen über weitere Zinssenkungen. Aufgrund des starken Euro können wir billiger im Ausland einkaufen. Außerdem wird es zu mehr Druck auf die Preise kommen, wenn Länder, die aufgrund der hohen Zölle nicht mehr in den USA verkaufen können, nach Europa drängen. 
     

    Was heißt das für die R+V?

    Die R+V kann positiv auf das kommende Jahr blicken: mehr Wirtschaftswachstum, begrenzte Inflation und mehr Reformdruck in Deutschland. Wenig Inflation bedeutet in der Sachversicherung stabile Schadenhöhen und damit Ertragschancen. In der Lebensversicherung bedeuten niedrigere Zinsen ein besseres Verhältnis der Rendite unserer Versicherungen im Vergleich zu kurzfristigen Anlagen. Für die Frühstart-Rente steht R+V in den Startlöchern. Hoffentlich vermasselt die Regierung den Kickstart der privaten Altersvorsorge nicht.

    Wir haben eine neue Unternehmensstrategie, mit der wir unser Wachstum stärken. Es war richtig, dass wir in neue Technologien investieren. Und es ist gut, dass wir unseren Fokus stärker auf Kunden und Eigentümer weiter ausbauen. An all dem sollten wir 2026 festhalten.