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Hundesport mit Vollgas
Unser Außendienstkollege Martin Böse lässt seine Hunde bei Flyball-Turnieren über Hindernisse fliegen und begleitete Anfang Juni seine Mannschaft sogar zur Weltmeisterschaft. 30 Stundenkilometer erreichen die Hunde, wenn sie beim Flyball auf die Rennstrecke gehen.
von Stefanie Simon
Der Hund will rennen – das kann jeder sehen. Noch halten ihn die Hände seines Halters zurück, doch dann sprintet er los, setzt in Sekundenschnelle über Hindernisse, springt gegen eine Box, schnappt sich einen Ball und schon geht es zurück. Kaum fliegt er über das letzte Hindernis, jagt sein vierbeiniger Teamkollege los, mit lauten Rufen zu höchstem Tempo angefeuert. Flyball ist kein leiser Sport. Wenn zwei Teams mit jeweils vier Hunden antreten, bebt die Luft. Diese Energie, die Schnelligkeit und Eleganz der Hunde haben Martin Böse vor rund drei Jahren sofort gepackt, als er das erste Mal zusah. Heute startet der R+V-Außendienstler aus Heilbronn mit eigenen Hunden – und erzählt, was ihn an diesem Hundesport so fasziniert.
Martin, unter Hundeleuten ist das Du normal – wie inzwischen auch in weiten Teilen der R+V. Daher frage ich ganz einfach: Wie kamst du auf die Idee mit dem Flyball?
Martin Böse: Meine Frau hat damit begonnen. Sie hat vor knapp drei Jahren bei einem Verein in der Umgebung mit Flyball angefangen. Das Training hat Spaß gemacht und dann sind wir zu einem Turnier zum Zuschauen gefahren. Da habe ich das erste Mal einen Wettkampf live gesehen – und ernsthaft, ich hatte Gänsehaut. Ich habe in dem Moment gewusst, das ist genau das, was ich mit meinem Hund machen möchte.
Die Hunde sind so schnell, es ist so laut – das Publikum feuert alle an. Und der Typ, der bei der Box steht und die Bälle wechselt, schreit sich die Seele aus dem Leib, damit die Hunde so schnell wie möglich nach vorne kommen. Und auch der Hundeführer, der seinen Hund zurückruft, ist so laut wie möglich. Das Spektakel hört man noch aus hunderten Metern Entfernung. Das muss man erleben. Adrenalin pur.
Erstmal musst du uns erklären, wie Flyball funktioniert. Der Name sagt es ja, da fliegt ein Ball. Aber wenn man die Videos schaut, fliegt da gar nichts?
Martin Böse: Flyball ist zunächst einmal ein Teamsport mit Hunden. Vier Hunde bilden ein Team. Das funktioniert wie eine Art Staffellauf. Der erste Hund sprintet über vier Hindernisse und springt an eine Auslösetaste an der Flyball-Box. Die wirft einen Ball aus, der theoretisch 60 Zentimeter weit fliegen könnte. Aber die Hunde sind darauf trainiert, den Ball gleich an der Öffnung zu schnappen und damit zurückzurennen. Daher sieht man den Ball nicht fliegen.
An der Start- und Ziellinie steht eine Zeitmessanlage. Der nächste Hund darf erst loslaufen, wenn der vorige durch die Lichtschranke gerannt ist. Daher zählt für das Ergebnis nicht nur Schnelligkeit, sondern auch Präzision. Wenn ein Hund den Ball auf dem Rückweg fallen lässt, muss er am Schluss den Lauf wiederholen. Dasselbe gilt für den Hund, der zu früh gestartet ist. Daher gewinnt nicht immer die Mannschaft mit den schnellsten Hunden, sondern das Team, das am wenigsten Fehler gemacht hat.
Ich stelle es mir schwierig vor, den genauen Startmoment abzupassen.
Martin Böse: Ja, das braucht ein bisschen Übung, um den richtigen Moment abzuschätzen, es geht ja rasend schnell. Unsere schnellsten Hunde machen die Strecke hin und zurück in 3,5 Sekunden, das sind immerhin fast 16 Meter hin und 16 Meter zurück. Eine Ampel gibt den Start vor. Sie steht auf Rot, wechselt dann zu Gelb und wird Grün.
Wir starten die Hunde 12 bis 15 Meter vor der Zeitmessanlage, damit sie schon vorher auf Geschwindigkeit kommen. Springt die Ampel auf Grün, sollen die Hunde mit vollem Speed durch die Lichtschranke gehen. Dazu müssen wir genau wissen, wie lange braucht dieser Hund, um die 12 Meter zurückzulegen. In welchem Moment lasse ich den Hund loslaufen, damit er perfekt startet?
Bei dem Hund, den ich gerade trainiere, weiß ich: Wenn der andere Hund von der Flyball-Box herunter springt und die erste Hürde nimmt, lasse ich ihn los. Ich muss natürlich schauen, hat der andere Hund den Ball auch wirklich erwischt, hat er seine volle Geschwindigkeit – oder muss ich noch einen Sekundenbruchteil länger warten?
Wie bringt ihr den Hunden bei, auf die Box zu springen? Brauchen sie dafür eine bestimmte Technik?
Martin Böse: Die Wende ist das Kernstück dieses Sports. Wenn der Hund mit Karacho auf diese steile Wand draufhauen würde, wäre das für Knochen und Gelenke ungesund. Daher machen die Hunde da eine Art Schwimmerwende - wie beim Brustschwimmen laufen sie gerade auf die Box zu, drehen sich dann schon im Sprung, so dass sie mit allen vier Füßen aufkommen. Die Box hat eine Druckplatte, dadurch wird der Ball ausgelöst. Der Hund greift den Ball und drückt sich mit aller Kraft von der Box ab, um wieder auf maximale Geschwindigkeit zu kommen. Dadurch ist die Belastung für den Bewegungsapparat nicht so hoch. Aber Belastung ist natürlich da, machen wir uns nichts vor. Die Hunde müssen tipptopp trainiert sein.
Was tut ihr denn, damit sich die Hunde nicht verletzen?
Martin Böse: Wir machen viel Muskeltraining, das beginnt schon bei den jungen Nachwuchshunden. Mindestens alle acht Wochen sind die Hunde bei der Physiotherapie. Da schaut die Therapeutin die Bemuskelung an, achtet auf Schmerzpunkte. Wir machen auch Übungen zum Muskelaufbau oder gehen aufs Unterwasserlaufband.
Welche Hunderassen findet man den bei diesem Sport. Schnell müssen sie sein, oder?
Martin Böse: Früher hat man oft Australian Shepherd gesehen, da sind immer noch viele im Sport zu finden. Dann ging die Entwicklung zum Border Collie, ein toller Hund, was Schnelligkeit, Intelligenz und Beweglichkeit angeht. Mittlerweile werden Hybride gezüchtet, zum Beispiel eine Mischung aus Whippet und Border Collie. In Nordamerika mixt man inzwischen mehrere Rassen, um Hunde speziell für den Flyball-Sport zu züchten. Bei meiner jungen Hündin kommt die Mutter aus Kanada, sie ist zur Hälfte Whippet, dazu mehrere andere Rassen. Der Vater auch.
Das ist das Stichwort. Erzähl doch mal von deinen Hunden.
Martin Böse: Ich habe einen etwas älteren Hund, Sisko, einen Mix aus dem Tierheim. Der ist sechs Jahre alt und voll im Sport. Dazu die beiden Kleinen, sie sind zwölf Monate alt. River, eine Hündin, die mir gehört. Und ihr Bruder Elnor, der meiner Frau gehört. Ich habe mich schon anderthalb Jahre vor der Geburt auf einen Welpen aus genau dieser Zucht beworben. Dann gab es im Wurf einen Welpen mehr als gedacht, den hat meine Frau kurz entschlossen genommen. Ich sage heute, zwei Welpen aus einem Wurf, das ist nicht so eine gute Idee. Das macht die Grunderziehung sehr anstrengend. Ich würde es wohl auch nicht wieder machen. Aber der Vater ist ein Weltklassehund und die Mutter ist auch sehr gut. Wenn man da die Chance hat, zwei Welpen aus dem Wurf zu kriegen, dann muss man das einfach machen. Meine Frau und ich sind durchaus ehrgeizig.
Die Kleinen sind natürlich noch nicht im Sport. Hunde dürfen in Deutschland ohnehin erst mit 18 Monaten an Turnieren teilnehmen. In der Zwischenzeit trainieren wir das Ballaufnehmen oder die Wendung ganz spielerisch, ohne Springen, auf ebener Erde. So dass Gelenke, Sehnen und Bänder in Ruhe ausreifen können. Da nehme ich mir Zeit, denn ich möchte einen Hund haben, der auch mit 15 Jahren noch gesund ist.
Wieviel Raum nimmt der Sport eigentlich in eurem Leben ein?
Martin Böse: Die Hunde sind bei meiner Frau und mir das bestimmende Thema im Leben. Wir trainieren täglich mit den Kleinen die Anfänger-Übungen. Dazu kommen längere Gassirunden.
Meine Frau ist viermal die Woche auf dem Hundeplatz, ich mindestens dreimal. Das sind 45 Kilometer Anfahrt, die Fahrzeit muss man ja mitrechnen. Die Wochenenden im Sommer sind komplett ausgebucht, wir werden dieses Jahr zehn bis elf Mal an Wettkämpfen teilnehmen. Meine Frau mit Sisko, ich führe noch einen Jack Russel Terrier, Kylie, der nicht mir gehört. Wir fahren dann Freitag nachmittags mit dem Wohnwagen los und kommen Sonntag abends um 10 oder 11 Uhr wieder nach Hause.
Ich habe gehört, dass euer Team dieses Jahr sogar an der Weltmeisterschaft teilgenommen hat? Bist du selbst gestartet?
Martin Böse: Ja, am ersten Wochenende im Juni waren wir beim Flyball Open Worldcup, der dieses Jahr in Alsfeld stattgefunden hat. Unsere Mannschaft ‚The Hobbits – Lord of the boards‘ konnte sich auf der deutschen Meisterschaft den achten Platz und damit die Qualifikation für die Weltmeisterschaft sichern. Nein, meine Hunde sind nicht gestartet. Andere im Team sind einfach schneller als Sisko und Kylie. Aber ich bin mitgefahren und habe die Mannschaft als Teamcaptain unterstützt. Meine Aufgabe war also unseren Hühnerhaufen zusammen zu halten und während der Rennen auf Fehler, sowohl die eigenen als auch die der gegnerischen Teams zu achten. Nach den einzelnen heats habe ich dann den Startern Korrekturen für Ihren Start gegeben. Das war für mich das erste mal auf einem großen Turnier und die Aufregung hat mich schon an meine nervlichen Grenzen gebracht.
Und, wie ist das Turnier verlaufen?
Martin Böse: Es war ein tolles Erlebnis. Wir haben wirklich gut abgeschnitten. Unser Team hat sich am Samstag für die dritte Division qualifiziert – die Mannschaften werden nach ihren erreichten Bestzeiten in verschiedene Leistungsklassen eingeteilt. Und in der dritten Division sind wir Vize-Weltmeister geworden! In der Gesamtwertung der insgesamt 75 Mannschaften aus zehn Ländern haben wir den 24. Platz erreicht – mit 15,68 Sekunden. Das ist unser persönlicher Rekord und ich bin so stolz auf das ganze Team! Insgesamt sind wir die zweitbeste deutsche Mannschaft gewesen. Gewonnen haben die Road Runners Beep Beep aus Belgien, die auch Weltrekordhalter sind und Titelverteidiger waren.
Regelwerk beim Flyball
- Beim Flyball starten zwei Teams gegeneinander, auf neben einander liegenden Bahnen.
- Auf Turnieren starten dann die Gewinner gegeneinander, bis der Gesamtsieger feststeht.
- Ein Team besteht aus vier Hunden, die nacheinander starten.
- Die Strecke ist 15,55 Meter lang, die Abstände der vier Hürden ist vorgeschrieben und immer gleich.
- Die Höhe und Farbe der Hürden ist ebenfalls vorgeschrieben.
- Die Höhe der Hürden (mind. 15 cm, max. 32,5 cm) bemisst sich nach dem kleinsten Hund des Teams. Daher ist es sinnvoll, einen kleinen Hund ins Team zu nehmen, das macht das gesamte Team schneller.
- Die Abmessungen der Flyball-Box sind vorgeschrieben. Der Ball muss eine Flugstrecke von mindestens 60 Zentimetern erreichen können.
- Der Hund überspringt nacheinander alle vier Hürden, bedient die Wurfmaschine, fängt den Ball und kehrt mit dem Ball über alle vier Hürden zurück. Sobald der Hund mit Nase, Pfote oder einem anderen Körperteil die Ziellinie überquert hat (Lichtschranke), kann der nächste Hund die Ziellinie passieren. Bis alle vier Hunde den Lauf absolviert haben.
- Damit auch Anfängermannschaften bzw. Mannschaften mit nicht so schnellen Hunden eine Chance haben, werden bei Wettkämpfen die Mannschaften in unterschiedliche Leistungsklassen (Divisionen) eingeteilt. Hierfür gibt jede Mannschaft mit der Anmeldung zum Turnier selbst eine Referenzzeit an.
- Der deutsche Rekord liegt derzeit auf 15,03 Sekunden, gehalten von den Flyball Junkies, – für alle vier Hunde bei einer Strecke von jeweils 31 Metern. Der Weltrekord liegt bei 14,07 Sekunden, von den Roadrunners aus Belgien.