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Ein anderer Blick auf das Leben
Karin Olthoff begleitet Menschen im Hospiz in ihrer letzten Lebensphase. Im Hauptberuf ist sie Personalmanagerin der R+V in Luxemburg.
von Stefanie Simon, Konzern-Kommunikation
Pommes frites zum Abendessen, Aussöhnung mit den Kindern, ein Besuch der 94-jährigen Schwester. Den unheilbar kranken Gästen des Trierer Hospiz erfüllt Karin Olthoff die letzten Wünsche. Seit 2021 arbeitet sie dort ehrenamtlich. Im Hauptberuf ist sie Personalmanagerin der R+V in Luxemburg, eine knappe Autostunde von Trier entfernt. Doch sie hatte schon immer Interesse an dem Thema Sterbebegleitung, erzählt sie. Nach dem Tod ihres Vaters verstärkte sich der Wunsch, den Menschen auf ihrem letzten Weg zu begleiten: „Es dauerte noch zwei Jahre, ich habe auch mit meiner Familie darüber gesprochen. Aber dann fand ich in der Zeitung eine Anzeige über die Ausbildung zur Hospizbegleiterin – da habe ich zugegriffen.“ Ihre Erwartungen haben sich erfüllt: „Es gibt unglaublich schöne Momente. Ich bin den Menschen sehr nahe. Eine wundervolle Aufgabe, die mich sehr bereichert.“
Ausbildung zum Hospizbegleiter
- Anbieter sind die Hospize selbst, der Malteser Hilfsdienst und andere
- Die Ausbildung beinhaltet Theorie- und Praxisstunden, die Anzahl variiert je nach Anbieter
- Themen sind unter anderem: Krankheit, Sterben und Trauer, Selbst- und Fremdwahrnehmung, hilfreiche Kommunikation, Geschichte und Leitlinien der Hospizarbeit sowie ethische, spirituelle und juristische Fragen am Ende des Lebens
- Die Ausbildung kostet nichts, bei manchen Anbietern muss man sich jedoch für eine bestimmte Zeit zur Hospizarbeit verpflichten
Einmal in der Woche hat sie Abendbrotdienst im Hospiz. „Abendbrotdienst ist nicht nur Essen bringen“, stellt Karin Olthoff klar. „Wir ermöglichen alles, was geht. In unserer Küche kocht die Hauswirtschafterin jeden Tag frisch. Und wenn ein Gast sich etwas Besonderes wünscht, bekommt er das auch, ob Pudding oder Bratkartoffeln. Und wenn ein Gast Lust auf Pommes hat, bringe ich Pommes mit.“ Darüber kommt sie mit den Menschen ins Gespräch, sagt sie: „Daraus entwickelt sich alle andere. Hier ergeben sich die Kontakte zu den Menschen, die ich als Hospizbegleiterin dann intensiv betreue.“ Es folgt ein Aufnahmegespräch mit dem Gast, oft auch mit der Familie: Was würde ihm helfen, welche Bedürfnisse hat er, wünscht er eine Begleitung, was isst er gerne, was mag er gar nicht, usw.?
Die Gäste des Hospizes befinden sich in ihrer letzten Lebensphase. Sie sind schwerstkrank – leiden an Krebs, Parkinson oder Mukoviszidose. Eine medizinische Heilung ist nicht mehr möglich. Manche, erzählt Karin Olthoff, bleiben nur wenige Tage im Hospiz. Andere leben dort ein halbes Jahr. Die meisten Gäste sterben in der Pflegeeinrichtung, einige können noch einmal nach Hause umziehen. „Es ist keine hoffnungslose Stimmung dort,“ berichtet die Hospizbegleiterin. „Die Menschen wissen genau, was auf sie zukommt. Und sie nehmen es an. Der eine früher, der andere später, aber sie nehmen es an.“ Vorher fließen viele Tränen, sagt sie. Das müsse man aushalten können, der Weg dahin sei steinig. „Aber wir versuchen alles möglich zu machen, damit es dem Gast gut geht.“ Ein letzter Besuch in der früheren Wohnung, eine Geburtstagsfeier, ein großes Eis. „Es gibt viele schöne Momente, an denen sich die Gäste freuen.“
Acht Einzelzimmer bietet das Trierer Hospiz. Ein neues Kinderhospiz wird gerade gebaut. Regelmäßig besucht Olthoff die Palliativstation des Klinikum Mutterhaus der Borromäerinnen in Trier. Auch dort betreut sie Menschen in ihren letzten Lebenswochen, bietet Gespräche an, erledigt kleine Besorgungen – und weist auf die Möglichkeiten hin, die das Hospiz bietet.
Viele der Menschen, die Karin Olthoff betreut hat, wird sie nie vergessen. „Ich habe einen Herrn begleitet, dessen Partner mit ins Hospiz eingezogen ist,“ erzählt sie. „Es war für beide eine schwierige Zeit.“ Daher hat sich Olthoff mit dem Partner oft abends zusammen ans Bett gesetzt, ein Glas Wein getrunken und vorher den Gast gefragt, ob das in Ordnung sei. „Und da hat uns dieser sterbende Mensch angesehen und gesagt: Macht ihr beiden das mal“, erinnert sich Olthoff. „Das war unglaublich.“
Manches Mal werden auch Konflikte angesprochen. Vorsichtig fühlt Olthoff dann vor, was erwünscht ist: „Manche Leute tragen ein schweres Paket mit sich – einige können darüber sprechen, andere nicht.“ Ein Gast hatte ihr erzählt, er habe viele Fehler gemacht mit seinen beiden Söhnen. „Die Jungs haben ihn nie besucht. Da haben wir angerufen,“ berichtet sie. „Der eine wollte nicht, der andere ist gekommen, hat sich mit dem Vater ausgesprochen.“ Man müsse es auch akzeptieren, wenn jemand diesen letzten Besuch nicht machen will, sagt die Hospizbegleiterin.
Oder die 88-jährige Dame, die so gern nochmal ihre Schwester sehen wollte. „Die Schwester war 94 Jahre alt, ihr Mann schon 96. Sie konnten den Weg zum Hospiz nicht mehr bewältigen.“ Karin Olthoff hat organisiert, dass das Wiedersehen stattfinden konnte – ein ganzer Tag mit gemeinsamen Mahlzeiten und Gesprächen.
„Wir haben für die beiden ein Fotoalbum gemacht von dem Tag“, erzählt sie. „Sie haben sich so gefreut, hatten Tränen in den Augen.“
Ihre Hilfestellung ist so individuell wie die Menschen, die sie betreut. Sie organisiert eine Fahrt zu Familienangehörigen ins Pflegeheim, zu einem Konzert oder einem Restaurantbesuch. Sie bietet entspannende Aromatherapie an, hilft bei der Organisation der Beerdigung oder ermuntert die Gäste zum gemeinsamen Kaffeetrinken auf der Sonnenterasse. „Damit sie sich gegenseitig stützen können.“ Einmal schickte sie aus dem eigenen Urlaub täglich Fotos, damit ihr Schützling daran teilhaben konnte.
„Es ist für mich eine große Ehre, dass mir dieser Mensch so viel Vertrauen entgehen bringt“, betont Karin Olthoff. „Es entsteht ein starkes Band. Mir werden Sachen anvertraut, die sonst niemand weiß.“ Früher starben die Menschen zuhause, in ihrer Familie. Das ist heute oft nicht möglich, aus den verschiedensten Gründen. Die Hospizbegleiterin ist für die Sterbenden da: „Ich sage ihnen: Ich lasse deine Hand erst los, wenn du loslässt. Diesen Weg gehen wir gemeinsam.“ Zu den Familien hat sie oft noch lange Kontakt. „Sie sollen ja zurück ins Leben finden.“
Kein Wunder, dass die Hospizbegleitung oft viel mehr Zeit einnimmt als die veranschlagten fünf bis 6 Stunden in der Woche. Das lässt sich gut mit ihrer Arbeit vereinbaren, meint Olthoff, da sie bei der R+V Teilzeit arbeitet. „Außerdem kann in Luxemburg jeder Arbeitnehmer 40 Stunden Sozialurlaub nehmen für ein Ehrenamt“, erzählt sie. Und auch für ihre Familie ist ihr zeitaufwändiges Engagement kein Problem. „Die sind genauso gestrickt“, sagt Olthoff und lacht. „Mein Mann, ebenfalls R+V Mitarbeiter, ist bei der Notfallseelsorge und bei der Freiwilligen Feuerwehr, unsere Tochter arbeitet im Krankenhaus in der Notaufnahme.“ Diese Tätigkeiten nehmen Raum ein, aber sind keine Belastung, sagt sie: „Nie. Zu keiner Zeit.“
Information und Kontakt
- Ein stationäres Hospiz nimmt Gäste auf und versorgt sie bis zu ihrem Tod, auch medizinisch mit eigenen Fachärzten. Die Kosten für den Aufenthalt im Hospiz trägt zu 95 Prozent die Krankenkasse. 5 Prozent werden über Spenden finanziert.
- Auch zuhause kann diese Versorgung stattfinden. Neben dem normalen Pflegedienst gibt es vielerorts eine ambulante palliative Versorgung, die sich auf Schwerstkranke spezialisiert hat.
- Haben Sie Fragen zu der Versorgung in einem Hospiz, zur Aufnahme und worauf Sie dabei achten müssen? Karin Olthoff beantwortet sie gern: per Mail Karin.Olthoff@gmail.com oder per Telefon +49 (0)175 7284080 (bitte die Vorwahl für Deutschland mitwählen, da sich das Handy oft ins Luxemburger Netz einwählt.)
- Link auf Flyer Hospiz Trier flyer_hospizhaus.pdf (verwaltungsportal.de)
- Link auf SAPV-Team Hospiz Trier - Spezialisierte Ambulante Palliative Versorgung (hospiz-trier.de)
- Video auf Youtube zum Hospiz Trier Zu Besuch im Trierer Hospiz - YouTube