Weihnachtsspendenaktion R+V
    06Mär2023 R+V engagiert sich

    „14.500 Euro? Das reicht für drei Wochen.“

    Ruth Friedrich-Wurzel engagiert sich seit über 20 Jahren für die Tafel Wiesbaden. Bei ihr haben wir nachgefragt was mit dem Geld der R+V-Weihnachtsspende passiert ist.

    Weihnachtsspendenaktion R+V
    Die Räumlichkeiten der Wiesbadener Tafel befinden sich in einer ehemaligen Kirche.

    Frau Friedrich-Wurzel, vor welchen besonderen Herausforderungen standen Sie im vergangenen Jahr?

    Ruth ​Friedrich-Wurzel: Stand heute haben wir 90 Prozent mehr Tafelbesucherinnen und -besucher als vor dem Krieg in der Ukraine. Das bedeutet, dass zusätzlich zu unseren 3.000 Bestandskundinnen und -kunden noch 2.700 Flüchtlinge aus der Ukraine dazugekommen sind. Somit standen auf einen Schlag zahlreiche Menschen bei uns vor der Tür, die auf die Lebensmittel und Sachspenden der Tafel Wiesbaden angewiesen waren und immer noch sind.

    Weihnachtsspendenaktion R+V
    Ehrenamtliche der Tafel Wiesbaden befüllen mehrmals in der Woche das Lager mít Lebensmitteln für Bedürftige.

    Was wurde im letzten Jahr am meisten benötigt?

    90 Prozent mehr Kunden zu bedienen, heißt leider nicht automatisch mehr Lebensmittel zur Verfügung zu haben. Die haben uns im vergangenen Jahr am meisten gefehlt, denn durch die ansteigenden Lebensmittelpreise im Zuge der Inflation wurde weniger gespendet. Hinzu kommt, dass die Läden, um Kosten zu sparen, anders disponiert haben, weshalb zusätzlich weniger Lebensmittel bei der Tafel angekommen sind.

    Da die Spenden somit nicht für den erhöhten Bedarf ausreichend waren, mussten die Tafeln vor allem Lebensmittel zukaufen – obwohl dies eigentlich gar nicht erlaubt ist. Denn in der Satzung der Bundestafel heißt es, dass nur Waren, die nicht mehr gebraucht oder zulässig sind, weitergegeben werden dürfen. Bei Zuwiderhandlung droht den Vereinen der Verlust ihrer Gemeinnützigkeit. Für diese Ausnahmesituation haben wir die Genehmigung des Zukaufs beim Dachverband Tafel Deutschland und beim Finanzamt erwirkt.

    Welche Bedeutung haben Spenden für die Arbeit bei der Tafel?

    Die Tafel Wiesbaden ist spendenbasiert. Neben Fördermöglichkeiten des Landes und unseres Dachverbandes finanzieren wir uns ausschließlich über Spenden und Mitgliedsbeiträge. Davon müssen wir Miete, Energiekosten, Kühltransport-Fahrzeuge, Versicherungen, Ausstattung und vieles mehr bezahlen.

    Um Ihre Kosten besser einschätzen zu können: Über welche Zeit bringt die R+V-Spende die Tafel Wiesbaden?

    14.500 Euro? Das reicht in etwa für drei Wochen, unsere Kosten zu decken. 

    Hat Sie im letzten Jahr auch etwas positiv überrascht?

    Die Wiesbadener. Die Anwohner, die lokalen Firmen, die Bevölkerung an sich. Alle waren extrem hilfsbereit. Das zeigt uns: Wir werden gesehen. Zudem spenden die Menschen nicht nur Geld, sondern auch Lebensmittel, Kleidung, Spielzeug und vieles mehr, das Menschen in Not gebrauchen können. 

    Was erwarten Sie: Bei was wird der Bedarf in diesem Jahr ansteigen?

    Der Bedarf an Lebensmitteln ist stetig da. Durch die gestiegenen Energiekosten und die Inflation geraten jedoch immer mehr Menschen in eine Notlage, weshalb der Bedarf in diesem Jahr sicherlich weiter steigen wird. Und auch die Flüchtlinge werden, wenn der Krieg fortdauert, leider nicht weniger, womit die Anzahl an Bedürftigen immer größer wird.

    14.500 Euro? Das reicht in etwa für drei Wochen, unsere Kosten zu decken.
    Ruth Friedrich-Wurzel

    Was erhoffen Sie sich für dieses Jahr?

    Ich würde mich über weitere ehrenamtliche Helfer freuen. Insgesamt sind aktuell 230 Ehrenamtliche im Einsatz, jeder mit so vielen Stunden wie er kann. Aber wir alle sind langsam müde und erschöpft. Denn auch wir spüren die Doppelbelastung einerseits durch das erhöhte Flüchtlingsaufkommen und andererseits durch den Personalmangel aufgrund von Corona-Ausfällen. 

    Warum lohnt es sich, sich bei der Tafel ehrenamtlich zu engagieren?

    Die Balance zwischen Geben und Nehmen muss bei jedem im Bauch stimmen. Dann macht es unheimlich viel Spaß. Und man sollte sich unter Menschen wohlfühlen. Ich finde es sehr charmant, wie bunt und unterschiedlich das Team der Ehrenamtlichen ist. Sämtliche Berufssparten und Altersstufen treffen hier aufeinander und man lernt Menschen kennen, die man so wahrscheinlich niemals kennengelernt hätte. Und wenn jemandem Nachhaltigkeit wichtig ist, ist er hier sowieso richtig.

    Wieso?

    Die Tafel steht für Nachhaltigkeit. Spätestens durch die Einführung des Mindesthaltbarkeitsdatums auf den Lebensmittelverpackungen haben die Menschen verlernt, Lebensmittel anzuschauen und zu prüfen und sind eher dazu verleitet, diese voreilig wegzuwerfen. Dabei sind Lebensmittel viel geduldiger als wir denken. Und alles, was wir so großzügig entsorgen, kann von sehr vielen Menschen noch dringend gebraucht werden. Wem diese Lebensmittelverschwendung unerträglich erscheint, und dem entgegenwirken möchte, ist hier bei der Tafel genau richtig. Denn zu wissen, dass man bei einer Institution arbeitet, die ganz im Sinne der Nachhaltigkeit nichts verschwendet und Menschen in Not unterstützt, ist sehr erfüllend.

    Der Fokus der R+V-Weihnachtsspende ging an die Tafeln

    Bei Aktion der R+V STIFTUNG ist im vergangenen Jahr die Rekordsumme von 181.700 Euro​ zusammengekommen. Der Fokus bei den bedachten Einrichtungen lag dieses Mal auf den Tafeln. Sie sind aktuell besonders herausgefordert, weil es mehr Flüchtlinge und andere bedürftige Personen gibt und zudem die Inflation hoch ist. Auf der Webseite der Tafel Wiesbaden​ gibt es weitere Informationen, wie man ehrenamtlich unterstützen kann sowie die Möglichkeit zu spenden. Eine Jahresmitgliedschaft kostet 36,50 Euro.