24Feb2023 R+V engagiert sich

    „Dirk, Dein Auto ist voll“

    Der Krieg in der Ukraine dauert nun schon ein Jahr. Trotzdem werden viele R+V-ler nicht müde, den Menschen zu helfen.

    Aufgezeichnet von Daniel Schnettler

    ​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​Vor einem Jahr hat Russland die Ukraine überfallen. Das hat die größte Flüchtlingswelle in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst. Die Menschen brauchen Hilfe – sei es im eigenen Land, sei es nach ihrer Flucht. Die R+V und die Mitarbeitenden hatten eine Spendenaktion gestartet, bei der am Ende rund eine Million Euro zusammenkam. Viele R+V-ler engagieren sich aber auch bis heute persönlich für die Menschen. Warum sie das tun und wie sie helfen, erzählen sie hier:

    Dirk Krause,
    R+V Generalagentur in Heide

    „Anfang März habe ich Samstagmorgens eine Nachricht per WhatsApp erhalten, dass bei einem Hilfskonvoi ein Fahrzeug ausgefallen ist – ich bin eingesprungen und am gleichen Tag spät abends gestartet. Wir sind über Nacht gefahren mit kurzen Pausen an der Autobahn. Sonntags kamen wir um 16 Uhr in Polen nahe Lublin an, wurden beköstigt und konnten uns in einem Holzhaus unsere Schlafplätze einrichten.

    Wir sollten 16 Flüchtlinge aufnehmen, von denen bislang aber nur 6 vor Ort waren. Über Nacht haben die polnischen Helfer ihr Netzwerk arbeiten lassen. Morgens hieß es dann: „Dirk, Dein Auto ist voll.“ Ich musste jedoch weiter in Richtung ukrainische Grenze fahren.

     

    Dirk Krause mit seinem Hilfskonvoi in der Ukraine ...

    Dort konnte ich meine Passagiere aufnehmen. Der Weg führte uns direkt wieder zurück. Hamburg bei Nacht war ein Highlight - obwohl es kein Sightseeing war.

    Die Ungewissheit, der Mut der Flüchtlinge sich zu einem Fremden ins Auto zu setzen und ein fremdes Ziel anzusteuern – bewundernswert.

    Meine Frau und ich nahmen Helena mit ihrem mittlerweile 4-jährigen Sohn Maxim auf. Drei Monate waren sie bei uns in unserem Gästezimmer. Auch für uns eine Einschränkung. Nebenher habe ich über meine Kontakte für drei andere Ukrainerinnen – Svetlana mit ihrer Tochter Vika und Freundin Halyna – bei den Ämtern Papiere und Gelder beantragt.

    ... und im heimischen Heide. Seine Generalagentur ist eine Anlaufstelle für geflüchtete Ukrainer geworden.

    Schon nach drei Wochen konnten wir Svetlana in Arbeit bringen. Mein Bürovermieter hat jemanden für seinen Fensterbetrieb gesucht. So hat Svetlana zur Probe gearbeitet und direkt einen unbefristeten Arbeitsvertrag erhalten. Vika und Halyna sind in der Küche eines Bistros für Trucker untergekommen.

    Im August 2022 haben wir es geschafft, Maxim einen Kindergartenplatz zu organisieren. Im September 2022 konnten wir dann für alle fünf Wohnungen organisieren in unserer Nähe. Wir unternehmen immer noch viel zusammen. Sie sind so herzlich und dankbar.

    Wichtig ist zu wissen, dass wir den Konvoi privat durchgeführt haben. Dies bedeutet im schlimmsten Falle, dass wir als Helfer von den Gemeinden keinerlei Unterstützung erfahren. Wir haben diese Hilfsaktion auf eigene Kosten durchgeführt und tragen für sechs Monate das Kostenrisiko privat. 

    Unsere Generalagentur ist zu einer Anlaufstelle geworden. Es hat sich herumgesprochen, dass da in Heide jemand sitzt, der hilft. So kommen zahlreiche Bitten um Unterstützung. Die deutsche Bürokratie kennt kein Ende und so bin ich mit Anträgen, Formularen und vielem mehr beschäftigt. Die Gemeinden sind kaum in der Lage dies zu bewerkstelligen.

    Wir würden es dennoch jederzeit wieder tun.“

    ​​Ulrike Fuchs,
    Personalressort

    „Als dieser schreckliche Krieg anfing, haben wir uns gefragt, wie wir helfen können. Geld spenden – wohin? Also haben wir Kleidung und Spielzeug gesammelt – aber das war für uns nicht genug.

    Damit war der Plan geboren: Eigentlich sollte aus einem Gästezimmer mit eigenem Bad ein Partyraum werden. Das haben wir hinten angestellt. Stattdessen haben wir noch zwei Kinderbetten angeschafft und eine Kochgelegenheit in die vorhandene Küchennische gestellt.

    Dann kam ein Anruf eines Bekannten, der durch seine ukrainische Ehefrau Kontakt mit Flüchtlingsfamilien hat. Eine Mama mit ihren beiden Töchtern (2 und 11 Jahre) suchte eine Unterkunft. Freitagabend kam der Anruf, Sonntags war die Familie da.

    Und das ist bis heute so. Am 27. März jährt sich ihr Einzug.

    Der Ehemann durfte inzwischen das Kriegsgebiet verlassen und muss nach einem Herzinfarkt nicht mehr an die Front. Im Dezember war er hier zu Besuch. Ein paar sehr glückliche Wochen für die Familie. Alle vier möchten aber wieder zurück in ihre Heimat.

    Unser Fazit als Helfer: Wir würden jederzeit wieder so handeln, auch wenn es eine harte Zeit war bis alle Anträge gestellt und alle Amtsgänge erledigt waren. So viele Anträge habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht ausgefüllt. Und die Behörden haben kein Stück geholfen. Diese waren schlichtweg überfordert. 

    Unseren Partyraum vermissen wir übrigens überhaupt nicht.“

     

    Ende 2022 habe ich mir die Überstunden der letzten 30 Jahre auszahlen lassen und die circa 20.000 Euro an die Ukrainehilfe gespendet.
    Eine Kollegin
    Ressort Personen
    Reiner Pfeifferling,
    Ressort Finanzen
    Das 19,8 kg schwere Paket für die Ukraine.

    „Die Post versendet kostenlos (Nahrungs-)Pakte in die Ukraine. Etwas versteckt auf der Webseite zu finden: 
    www.dhl.de/de/privatkunden/information/hilfe-ukraine.html ​

    Ich haben das unseren Kindern für Weihnachten vorgeschlagen und wir haben Nahrungsmittel eingekauft und ein Paket zusammengestellt. Das Projekt der Post ist zeitlich unbefristet. Es sollen nur Lebensmittel und Hygieneartikel (kleine Kleidung) und maximal 20 kg pro Paket versendet werden. Wir waren mit 19,8 kg fast am Limit, wobei man dafür schon ein großes Paket benötigt.

    In Deutschland kennen ältere Menschen Care Pakete noch aus der Zeit nach dem 2. Weltkrieg. Damals wurden sie aus den USA nach Deutschland verschickt. Später haben dann Westdeutsche an Verwandte in Ostdeutschland, meist zu Weihnachten, Care Pakete versandt.“

    Wir haben eine junge Ukrainerin aufgenommen. Später konnten wir ihr ein Zimmer vermitteln. Jetzt arbeitet sie als Erzieherin und lernt Deutsch.
    Eric Lorenzen
    Standort Berlin
    Blick ins Lager: Vor dem Transport mussten Kisten sortiert und gepackt werden.
    Sebastian Krämer,
    Standort Heilbronn​

    ​„Wir sind ein kleiner Rallye-Verein namens MUNERO Ready2Rallye, bestehend aus elf aktiven Mitgliedern. Im September 2021, also kurz vor der Invasion, haben wir​ in den Ausläufern der Karpaten eine geführte Offroad-Tour gemacht mit unserem lokalen Guide Romi. Nachdem der Krieg ausgebrochen war, hat er seine Offroad-Bekanntschaften kontaktiert und um Unterstützung gebeten. Mit Spendengeldern konnte er in den Anfangstagen des Krieges aber nichts anfangen – die Supermärkte waren leer. Wir haben uns dann entschieden, Sachspenden zu sammeln und vor Ort abzuliefern.

    On the road: R+V-Kollege Sebastian Krämer steht in der Mitte.

    Ursprünglich dachten wir an zwei, drei Sprinter, die wir selbst fahren. Am Ende haben wir über persönliche Beziehungen einen Lkw organisieren können: R+V-Kollege Jochen Wüstholz hatte bei einem seiner Kunden gefragt, ob er uns unterstützt – und der Kunde hat binnen eines Tages Lkw und Fahrer gestellt.  Binnen vier Wochen haben wir den Laster ​vollbekommen, hauptsächlich mit Lebensmitteln: Mehl, Reis, Nudeln, Konserven, Babynahrung und andere Dinge. Insgesamt hatte der Transport circa 26 Tonnen an Hilfsgütern geladen im Wert von mehreren Zehntausend Euro. Wir sind dann mit dem Lkw sowie  einem Begleitauto in die Ukraine gefahren – ich war dabei.

    Kurz vor dem Winter haben wir eine zweite Fahrt organisiert, da wir noch sehr viele Geldspenden bekommen haben: Schulklassen haben uns ihre Klassenkasse überlassen, ein Chor hat die Einnahmen aus einem Benefizkonzert an uns übergeben, wir haben unsere Strafkasse fürs Zuspätkommen geplündert. Zudem haben wir einen Spendenaufruf in der Region für Schuhe, Mäntel, Schlafsäcke und Isomatten gestartet. Auch diese Spenden haben wir dann vor Ort abgeliefert.“

    Ich bin mit einer privat organisierten Hilfsorganisation an die polnisch-ukrainische Grenze gefahren. Zurück haben wir Flüchtende mitgenommen.
    Thomas Schmidt
    R+V Rückversicherung