26Jan2023 Kollegen privat

    Schiri aus Leidenschaft

    Fabienne Michel ist Werkstudentin im Personenressort und in ihrer Freizeit eine erfolgreiche Schiedsrichterin. Inzwischen pfeift sie für die FIFA sogar Länderspiele.

    von Alessa Preuße

    Fabienne Michel in Aktion auf dem Spielfeld.

    Der Fußballplatz ist Fabienne Michels zweites Zuhause. Über die Hälfte ihres Lebens ist die 28-Jährige schon Schiedsrichterin, seit zehn Jahren sogar im Auftrag des DFB in ganz Deutschland unterwegs. Von 2013 bis 2017 pfiff sie für die zweite Frauen-Bundesliga, dann stieg sie als Schiedsrichterin in die erste Bundesliga der Frauen auf.

    Seit Mitte 2020 pfeift sie außerdem Partien in der Männer-Regionalliga (4. Liga). Nun, rund zwei Jahre später, ist sie erfolgreiche FIFA-Schiedsrichterin und wird sogar in internationalen Spielen eingesetzt.

    Insbesondere der Sprung von der zweiten Bundesliga der Frauen hin in die erste Bundesliga war ein besonders aufregender und prägender Moment für die Werkstudentin aus dem Personenressort (PH-PS).

    „Sobald man sein erstes Spiel in einer neuen Klasse pfeift, ist es immer ein unbeschreibliches schönes und überwältigendes Gefühl“, sagt sie freudestrahlend. Jetzt darf sie die Erfahrung sogar in internationalen Spielen machen.

    Hier beim Spiel Bayern München gegen VfL Wolfsburg.
    Von klein auf begeisterte Schiedsrichterin

    Als Bambini stand Fabienne zum ersten Mal auf dem Fußballplatz für ihren Heimatverein Gau-Odernheim in der Nähe von Mainz. Mit 13 kam neben dem Fußballspielen das Pfeifen mit dazu. „Erst bekommt man alle Fußball-Regeln beigebracht und einem wird gezeigt, wie man genau auf dem Feld laufen muss. Dann folgt ein Fitness-Test mit abschließendem Regel-Test. Wenn man den besteht, ist man Schiedsrichter“, berichtet sie.

    Eine Schiedsrichter-Karriere beginnt in der Regel in der untersten Jugendklasse und Liga. „Und wenn dann alles gut läuft, bekommt man auch mal ein Spiel in der höheren Liga“, merkt Michel an. Ab der Landesliga beginnen die Leistungsklassen für Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter, mit einem offiziellen Beobachter, der ihre Leistungen bewertet. Anschließend wird am Ende der Saison ein Ranking erstellt. „Die oberen Plätze steigen auf und dürfen in einer höheren Liga pfeifen. Wer unten steht, steigt leider ab“, betont sie, fügt jedoch hinzu: „Nicht nur das Ranking entscheidet am Ende der Saison über einen Auf- oder Abstieg, sondern auch weitere Faktoren, wie das Alter, die Perspektiven für die Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter sowie das Angebot freier Plätze.“

     

    FIFA-Förderprogramm absolviert

    Im Jahr 2021 nahm Fabienne Michel an dem CORE-Förderprogramm der UEFA teil, in dem junge Schiedsrichterinnen für einen internationalen FIFA-Platz ausgebildet werden. „Das Programm war wirklich sehr zeitintensiv, da wir neben den Lehrgängen und Englisch-Kursen zusätzliche Fitness-Einheiten zusammen mit einem Trainer absolviert haben“, berichtet sie. Erfreulicherweise hat Deutschland die Plätze für FIFA-Schiedsrichterinnen von vier auf fünf erhöht, sodass sie nach erfolgreichem Abschluss des Programms sogleich als FIFA-Schiedsrichterin nominiert wurde. Im Oktober 2022 pfiff Fabienne schließlich ihr erstes internationales Einzelspiel auf einem U17-Turnier in Israel: „Gespielt hat Montenegro gegen Wales. Obwohl ich keinen Druck hatte, da es ein Freundschaftsspiel war und ich dementsprechend nicht beobachtet wurde, war ich trotzdem sehr aufgeregt“, gesteht sie. „Gleichzeitig war ich aber auch stolz.“

    Oft ist Fabienne Michel die einzige Frau auf dem Platz - hier bei einer Partie der Männer-Regionalliga.
    Durchsetzungsvermögen im Männer-Fußball gefragt

    Zudem pfeift Michel in der Männer-Regionalliga, was als Frau nicht immer einfach ist: „Es ist schon so, dass ich mich bei den Männern mehr beweisen muss als bei den Frauen“, stellt sie fest. Dafür sind die ersten Spielminuten aus ihrer Sicht meist entscheidend. Hier ist resolutes Auftreten gefragt. Bis jetzt hat sie durchweg positive Erfahrungen gemacht. Sollte von den Männern dennoch ein diskriminierender Kommentar fallen, kann jedoch auch hart durchgegriffen werden. „Im Zweifel heißt das auch mal die rote Karte“, ergänzt Michel. Grundsätzlich ist sie aber, wenn es um die Ausspielung von gelben und roten Karten geht, eher moderat unterwegs. Diese Saison hat sie 21 Karten in sechs Spielen verteilt. Im Durschnitt sind das 3,5 Karten pro Spiel. Bei ihren Schiedsrichterkolleginnen und -kollegen ist der Schnitt deutlich höher.

    Was sie als Schiedsrichterin auf dem Platz ausmacht, ist ihr Einfühlungsvermögen. „Während der Spiele versuche ich Entscheidungen vor allem durch meine Empathie zu vermitteln. Jeder Spieler ist anders und Entscheidungen müssen dementsprechend auch anders kommunizieret werden“, betont sie. Zum Glück könne sie sich sehr gut auf verschiedene Menschen einstellen – eine Stärke, die nicht nur auf dem Fußballplatz, sondern auch im privaten oder beruflichen Umfeld hilfreich sein kann.

     

     

    Länderspiel-Schiedsrichterinnen unter sich – Fabienne Michel (2.v.r.) beim Freundschaftsspiel der Frauen-Nationalmannschaften von Dänemark und Niederlande.
    Job und Fußball: Flexibilität ist alles

    Nach ihrer Bankkauffrau-Ausbildung bei der Sparkasse Mainz arbeitete Fabienne während ihres BWL-Studiums als Werkstudentin in der Mainzer Volksbank. Inzwischen macht sie ihren Master an der TH in Köln und arbeitet nebenbei als Werkstudentin bei der R+V. Die Arbeit, das Studium und der Fußball lassen sich glücklicherweise gut miteinander verbinden. „Ich bin wirklich froh, dass die R+V so flexibel ist und ich mir die Tage, an denen ich arbeite, selbst einteilen kann. Ich persönlich versuche wiederrum auch flexibel zu sein und etwas zurückzugeben, in dem auch ich an Tagen arbeite, die normalerweise nicht meine festen Arbeitszeiten sind“, merkt sie an. Denn gerade die Schiedsrichter-Teams für internationale Spiele werden häufig kurzfristig benannt.

    Auf solche Planänderungen muss dann schnell reagiert werden. „Das Zeitmanagement ist zwar eine Herausforderung und ich versuche so gut es geht alles unter einen Hut zu bekommen. Das funktioniert aber nur, wenn auch alle mitspielen“, sagt sie und fügt hinzu: „Natürlich ist es einerseits anstrengend alle Aktivitäten zu koordinieren, andererseits ist es aber auch schön, reichlich Abwechslung zu haben und so viel zu erleben.“

    Das Schiedsrichterinnen-Team beim Eröffnungsspiel der Frauen-Bundesliga zwischen TSG Hoffenheim und dem SC Freiburg.
    Ein Highlight: DFB-Pokalfinale der Frauen

    Ein besonders schönes Erlebnis in ihrer Schiedsrichter-Laufbahn war das DFB-Pokalfinale der Frauen im Jahr 2017 als Schiedsrichterassistentin. Aber auch die Top-Spiele in der Bundesliga sind immer wieder ein persönliches Highlight für Michel. „Sobald ich anpfeife, bin ich wie in einem Tunnel und komplett auf das Spiel fokussiert – aber auch auf die Kommunikation im Schiedsrichterteam und mit den Spielern. Einzelne Fan-Rufe blendet man währenddessen komplett aus“, erzählt sie.

    In der nächsten Zeit möchte sie sich erstmal in ihrer neuen Funktion als FIFA-Schiedsrichterin etablieren und Erfahrungen sammeln. „Ein großes Ziel habe ich jetzt schon erreicht“, sagt Michel. Für die Zukunft versuche sie, sich selbst eher kleine Ziele zu setzen. Bei den Männern strebt sie an, von der Regionalliga in die 3. Bundesliga aufzusteigen. Ein großer Traum von ihr ist irgendwann mal den „El Clásico“ zu pfeifen – eine Partie zwischen Real Madrid und FC Barcelona. „Es ist natürlich unrealistisch, aber das wäre ein Traum-Fußballspiel. Die Stimmung dort ist so temperamentvoll und feurig. Das würde ich wahnsinnig gerne mal selbst auf dem Platz miterleben.“