24Jun2022 100 Jahre

    Zu gut für die Tonne

    Bananen mit wenigen braunen Flecken – Müll? Ausgetrocknete Radieschen – ab in die Tonne? Und Joghurt, dessen Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) abgelaufen ist – ungenießbar? Für Andreas Gottschalt ist so etwas unvorstellbar. Denn der Gründer von GastroHilft“ weiß: All diese Lebensmittel kann jeder leicht retten. Und sie werden dringend gebraucht.

    von Anja Schmidt-von Rhein

    GastroHilft ist eine Initiative aus Halberstadt, einer malerischen Stadt im Harz, Sachsen-Anhalt. Dort wie an vielen Orten gibt es auch Menschen, die finanziell kaum über die Runden kommen. Gleichzeitig werfen Privathaushalte, Einkaufsmärkte und Restaurants deutschlandweit 12 Millionen Tonnen an Lebensmitteln jedes Jahr einfach weg: Weil sie nicht die richtige Form haben, das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) abgelaufen ist – oder sich braune Flecken und verwelkte Stellen zeigen.

     

    Tipps von Andreas Gottschalt gegen Lebensmittelverschwendung
    Vieles aus dem Kühlschrank kann man retten. Hier ein paar Tipps von Andreas Gottschalt, Initiator von „Gastro hilft“.
    Diese Lebensmittel hätten nicht mehr verkauft werden können – die GastroHilft-Macher haben sie gerettet.
    Hilfe für 300 Menschen jede Woche

    Das kann man ändern, dachte sich Gottschalt. Als die örtliche Tafel zu Beginn der Corona-Pandemie schließen musste, gründete er GastroHilft. Er holte bei örtlichen Lebensmittelhändlern und Gastronomen Lebensmittel ab, die übrig geblieben waren. Diese Lebensmittel lagern zentral – und jeder, der etwas braucht, kann sich etwas davon abholen.

    Inzwischen ist die Initiative preisgekrönt. Obwohl die Halberstädter Tafel längst wieder geöffnet hat, kommen jede Woche 300 Menschen in die Räume von GastroHilft und holen sich Lebensmittel ab. Die Initiative hat inzwischen 25 - 50 Helferinnen und Helfer, alle ehrenamtlich. Täglich retten sie 250 Kilogramm Lebensmittel.

    Ehrenamtliches Engagement

    Was auf der einen Seite zu viel ist, wird auf der anderen Seite also dringend gebraucht.  GastroHilft macht das möglich, ist aber auf Spenden angewiesen. Schließlich müssen auch Fahrzeuge, Räumlichkeiten und Sprit bezahlt werden.

    Es ist das große Glück bei unserer #MissionMiteinander-Tour mit dem rollenden Tiny House, dass wir soziale Initiativen wie die Halberstädter GastroHilft vorstellen können. Es ist eine der Initiativen, die R+V im Rahmen ihrer #100JahreRuV-Jubiläumskampagne fördert.

    Engagiert in Sachen Lebensmittelrettung: (v.l.) Andreas Gottschalt und Teamkollegen von GastroHilft.

    In einer Gesprächsrunde stellten Geschäftsführer Gottschalt und seine beiden Mitstreiter Patrick Triemer und Benedikt Kisser ihr Projekt am Tiny House vor, als es am Halberstädter Holzmarkt Halt machte. Die drei sind hauptberuflich gesetzlicher Betreuer, Lehrer und Geschäftsführer einer Medizinproduktfirma. Alles, was für GastroHilft zu tun ist, erledigen sie in ihrer Freizeit.

    Das Tiny House bot Gelegenheit für spannende Gespräche über #Lebensmittelrettung.
    Megatrend Lebensmittelrettung

    Was die Halberstädter mit hohem Aufwand in ihrer Stadt auf die Beine stellen, ist inzwischen ein Megatrend. Wer Schlagworte wie #Fairteiler, #Mindesthaltbarkeitsdatum #Lebensmittelverschwendung #Foodsharing #foodwaste oder #lebensmittelretten im Internet, auf youtube, twitter, facebook oder Instagram sucht, bekommt Tipps und Hintergrundinfos und Aktionen weltweit. Spanien hat als erstes Land in Europa sogar kürzlich ein Gesetz gegen Lebensmittelverschwendung erlassen. Supermärkte bekommen künftig Strafen für das Wegwerfen von Essen, Restaurants müssen ihren Gästen Behälter anbieten, in denen sie ihre Essenreste mit nach Hause nehmen können.

    Zuhause beginnt #lebensmittelrettung

    Das Gute ist: jeder kann bei sich zuhause anfangen. Ein paar Tipps zeigt Andreas Gottschalt im Video. Und jede Menge mehr ist im Netz zu finden. Und um die Themen am Anfang des Artikels aufzugreifen:

    Braune Stellen bei Bananen & Co einfach ausschneiden oder das Obst im Winter zu Kompott und im Sommer zu Eis verarbeiten. Radieschen oder Tomaten in Wasser legen – sie saugen sich voll und werden wieder prall und lecker. Und das MHD, das ist sowieso so ein großes Thema für Gottschalt – denn viele Lebensmittel sind auch nach Ablauf noch gut. „Benutzt lieber eure Sinne und probiert aus“, sagt er, „die meisten Joghurts sind viel länger haltbar als das MHD, und die gezuckerten noch viel länger“.

    Und wie geht Andreas Gottschalt persönlich mit dem Thema Lebensmittelrettung um? „Ich kaufe garnicht erst so viel auf einmal ein. Dann wird auch nichts schlecht“, sagt er.