03Mai2022 Kollegen privat

    Cooles Abenteuer

    Kollegen mal anders: Eine winterliche Autorallye führte Joachim Siebert zum Nordkap – und zum Ehrenamt.

    von Inge Neudahm

    Grandiose Landschaften, Puderzuckerpisten, Polarlichter, raue Wildnis, aber auch spannende nordeuropäische Metropolen – das verspricht die „Baltic Sea Circle Winter Edition“-Rallye ihren Teilnehmern. In 16 Tagen fahren 60 Teams im Winter durch neun Länder rund um die Ostsee – Deutschland, Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland, Estland, Lettland, Litauen, Polen, insgesamt gut 7.500 Kilometer. Die Teilnehmer müssen nicht nur absolut kältefest und autobegeistert sein, sondern auch spendenbereit. Denn das Besondere an der Rallye ist: Sie sammelt Geld für wohltätige Projekte. Jedes Team muss mindestens 750 Euro Spenden einwerben, die an eine vom Veranstalter oder vom Teilnehmer ausgewählte Organisation fließen. „Diese Kombination aus Abenteuer-Rallye zum Nordkap im Winter und Charity hat mich gereizt“, erklärt Joachim Siebert, Vertriebscoach in der Filialdirektion Generalagenten Nord.

    Joachim Siebert (l.), Vertriebscoach in der FD Generalagenten Nord, und Holger Rose, Krankenversicherungsspezialist in der FD Gießen, machten sich gemeinsam auf die rund 7.500 Kilometer lange Reise zum Nordkap und wieder zurück.

    Mit seinem 16 Jahre alten Volvo XC 90 – 205 PS, 185.000 Kilometer auf dem Tacho – ging er an den Start, als „Team 9“ - gemeinsam mit Holger Rose, Krankenversicherungsspezialist in der Filialdirektion Gießen. Knapp ein Jahr haben sich die beiden auf ihr Abenteuer vorbereitet: Sie mussten ihr Auto aufrüsten, unter anderem mit Standheizung, Motorvorwärmung, einer autarken 220-Volt-Stromversorgung, einer speziellen Wärmedämmung, speziellen Winterreifen und Zusatzlicht. Und auch die beiden Fahrer machten sich mit Off-Road-Trainings und einer Testfahrt durch Norwegen im Dezember fit.

    Schwerstbehinderter Junge als virtueller Beifahrer bei der Rallye dabei

    ​Schließlich musste noch die Spendenfrage geklärt werden. Die beiden entschieden, selbst eine Organisation zu suchen für das von ihnen persönlich erbrachte, aber vor allem auch bei Firmen und im Freundes- und Kollegenkreis gesammelte Spendengeld. Über das Volvo-Autohaus, das das Rallye-Auto ausgerüstet hat für den Härtetest im Norden kamen sie in Kontakt mit „MEIN ANKER Ambulanter Kinder- und Jugendhospizdienst“ in Rendsburg. Dort war man nicht nur hocherfreut über die Spende. Eine Hospizmitarbeiterin machte Siebert zudem mit Fabian bekannt. Der 19-Jährige lebt zuhause und wird dort ambulant vom Hospiz betreut. Er hat eine sehr seltene, nicht heilbare Muskelerkrankung, kann nur noch den rechten Zeigefinder und seinen Mund bewegen. Und er ist ein riesiger Autofan. Joachim und Fabian verstanden sich auf Anhieb.

    Der schwerstbehinderte 19jährige Fabian war virtueller Beifahrer von Siebert und Rose. Fabian wird vom „MEIN ANKER Ambulanter Kinder- und Jugendhospizdienst“ in Rendsburg ambulant betreut. Siebert und Fabian halten bis heute Kontakt. Und Siebert wird sich zum ehrenamtlichen Hospizbetreuer ausbilden lassen.

    „Fabian sitzt im Rollstuhl, ist ein total fröhlicher, entspannter, lebensfroher junger Mann mit Lust und Interesse an Autos – aber eben mit einem brutalen Schicksal“, beschreibt Siebert den Jungen. Dieses Interesse an Autos brachte Rose und Siebert auf die Idee, Fabian auf ihre Abenteuerreise mitzunehmen – als virtuellen Beifahrer. Über täglich vom Team geschickte Fotos, Videos und Blog-Beiträge war Fabian während der gesamten Reise quasi „live“ mit dabei. Eine Hospizmitarbeiterin berichtet, dass diese Reise „Sonnenschein in sein Leben gebracht“ habe. Fabian ergänzt: „Ich hatte eine tolle, aufregende Zeit, habe mitgefiebert und ganz viel von den Autos, der Technik und dem Leben im Norden gesehen.“


    Kein Navi, kein GPS, keine Autobahnen

    Dass es eine spannende Reise wurde, dafür sorgte zum Beispiel die Bedingung des Veranstalters, ohne Navi und GPS und nur abseits von Autobahnen zu fahren. „Die Routenplanung hat uns im Vorfeld sehr intensiv beschäftigt“, erzählt Siebert. Flug- und Seefunkgeräte sowie Signalmunition gehörten deshalb zwingend mit zur Ausrüstung. „Wir sind unter extremen Bedingungen gefahren, bei Temperaturen bis zu -24 Grad, über zugefrorene Seen, bei Sturm, mit Null Sichtweite. Da lernt man Omas warme Socken schätzen“, erzählt der Vertriebscoach. Auf der anderen Seite habe die Reise aber auch sehr entschleunigend gewirkt, die Weite und Einsamkeit haben allen Teams viel Ruhe und Kraft gegeben.

    Für eine kurzfristige Routenänderung sorgte der Ukrainekrieg, der vier Tage nach dem Start ausbrach, denn eigentlich stand auch Russland auf der Reiseroute. „Wir konnten die Ängste der Menschen im Baltikum hautnah spüren“, berichten die beiden Vertriebler.

     

    Siebert und Fabian in regelmäßigem Kontakt

    Wieder zurück in Deutschland, riss der Kontakt im Team nicht ab. Siebert besucht Fabian auch nach der Fahrt immer wieder, zum Beispiel anlässlich des 19.Geburtstages des Jungen. Die beiden wohnen wenige Kilometer entfernt und haben auch bereits Pläne für den Sommer: gemeinsam Segeln gehen beim Baltic Segelclub Kiel und eine Fahrt mit einem Cabrio.

     

    Rund 1.200 Euro fürs Hospiz, 800 Euro für die Jugendarbeit des Segelclubs, insgesamt rund 100.000 Euro

    „Unsere Rallye brachte großartige Erfahrungen, fantastische Bilder und, vor allem und immer noch, Geld für das Kinderhospiz, nicht zuletzt auch durch die Berichterstattung in der lokalen Presse und im Radio“, fasst Siebert zusammen. Rund 1.200 Euro sind für das Hospiz zusammengekommen, weitere 800 Euro für die Jugendarbeit des Kieler Segelclubs. Insgesamt sammelten die 60 Teams der Rallye circa 100.000 Euro für soziale Projekte. Besonders erfreulich: Zu den Spendern gehören zahlreiche Kolleginnen und Kollegen aus dem beruflichen Umfeld von Rose und Siebert.

    Für den Coach ist die „Reise“ jedoch noch lange nicht zu Ende. Er wird sich zum ehrenamtlichen Hospizbetreuer ausbilden lassen. „Darauf habe ich mein Wort gegeben.“

    Zusätzlich ist für die Arbeit des Hospizes im Rahmen der „Mission Miteinander“ zum 100. Geburtstag der R+V ein Projektvorschlag eingereicht worden, der das Angebot des Hospizes in der Trauerarbeit für Kinder, die gerade ihre Eltern oder andere nahe Angehörige verloren haben, unterstützt. 

    Eindrücke von der Reise

    „Unendliche Weiten“ gibt es nicht nur im Weltraum, sondern auch in Lappland. Rentiere kreuzen ab und an die Straßen, selten sieht man ein anderes Auto. Die Entfernungen, die zu meistern sind, sind unvorstellbar lang und einsam, Wetterextreme wechseln dabei zum Teil dreimal in einer Viertelstunde.

    An der norwegischen Atlantikküste wechseln minütlich immer neue, fantastische Eindrücke: Hochgebirge fällt ins dunkelblaue Meer, alles ist tief verschneit und glitzert. Im Team gab es sprachloses Staunen und offene Begeisterung: „Schau mal DA, wie schön das ist!!!!“, berichtet Siebert.

    Der beeindruckende, katholisch geprägte „Berg der Kreuze“ nahe Riga in Litauen ist nicht nur touristischer Anziehungsort, sondern spendet auch als Ort der individuellen Wallfahrt viel Ruhe.

    Die Reise velief unter extremen Bedingungen, bei Temperaturen von bis zu -24 Grad und Null Sichtweite. Oftmals stürmte es so stark, dass man sich kaum auf den Beinen halten konnte.

    Der 16 Jahre alte Volvo XC 90 – 205 PS, 185.000 Kilometer auf dem Tacho - meisterte die Tour ohne große Probleme.

    Nördlich des Polarkreises, nahe Arvidsjaur wird es einsam und lebensfeindlich: Keine Häuser, kaum noch Bäume, abweisende, spektakuläre Landschaften in isiger Kälte mit herrlichem Lichts und viel Sonne.