02Feb2021 Kollegen privat

    Kalt erwischt

    „Niemals! Nie hätte ich gedacht, dass wir sowas mal machen“, sagt Manuela Hackel. Jetzt trifft sie sich einmal pro Woche mit ihrer R+V-Kollegin Britt Kiefer am Rhein zum Eisschwimmen.

    Von Gesa Fritz

    Vor dem Schwimmen wird die Wassertemperatur geprüft. Eisschwimmen beginnt erst bei vier Grad abwärts.

    Der morgendliche Schnee ist längst weggetaut, als Britt Kiefer das Thermometer ins Wasser legt. „Drei Grad – wie die Außentemperatur“, verkündet sie. Fast ein bisschen warm, möchte man meinen: Eisschwimmen beginnt erst bei vier Grad abwärts. Doch kein Grund zur Sorge – ein paar Meter weiter weg vom Ufer ist das Wasser tiefer und nur noch ein Grad warm. Oder kalt.

    Britt Kiefer und Manuela Hackel stehen am Kai im Schiersteiner Hafen. Ein kleiner Binnenhafen am Rhein bei Wiesbaden. Seit Oktober kommen die R+V-lerinnen einmal pro Woche hierher und schwimmen. „Wir brauchen Action gegen den Corona-Blues“, sagt Manuela Hackel. Eine verrückte Idee aus wärmeren Tagen, die inzwischen zur wöchentlichen Routine geworden ist. Die geschlossenen Hallen- und Freibäder sind auch nicht ganz unschuldig.

    Derweilen packen die beiden Eisschwimmerinnen ihre sieben Sachen aus: Handtuch, Neopren-Handschuhe, Füßlinge und pro Person zwei Badekappen – ein kühler Kopf ist beim Eisschwimmen nicht gefragt. Auf dem Uferweg bleiben zwei Frauen mit ihren Kindern stehen, schauen neugierig und rufen leicht provozierend: „Unser Hund war da vorhin drin schwimmen… Sie doch hoffentlich mit Neoprenanzug?!“ Trocken kommt die Antwort von Britt Kiefer und Manuela Hackel: „Nein, in Badeanzügen.“ Die Spaziergänger bleiben schockiert-fasziniert stehen. Das wollen sie jetzt sehen.
    Zum Eisschwimmen gehört es tatsächlich, im Badeanzug ins Wasser zu gehen, erklären die beiden R+V-lerinnen. Doch zuerst blasen sie noch ihre knall-orangenen Rettungsbojen auf. Inzwischen suchen sich die Schaulustigen bequeme Plätze am Ufer, dick eingemummelt mit Kapuzen und Händen in den Manteltaschen. Auch für sie ist das Eisschwimmen eine Abwechslung im langweiligen Corona-Alltag.

    Erfahrene Wettkampfschwimmerinnen
    Die Schwimmbojen sind aufgeblasen, gleich geht es ins Wasser: Britt Kiefer, Gruppenleiterin Training und Entwicklung Vertrieb (links), und Manuela Hackel, Expertin MediaRouting im Kunden- und Prozessmanagement.

    „Sicherheit steht an erster Stelle“, erklärt derweil Britt Kiefer und Manuela Hackel ergänzt: „Das hier ist Extremsport. Alleine würde ich da nie reingehen.“ Wenn es hart auf hart kommt, kann die eine die andere retten. Beide sind erfahrene Wettkampf-Schwimmerinnen. Ohne Corona wären sie vergangenen Mai bei der Schwimm-EM in Budapest gestartet. Freiwassererfahrung haben sie auch, sie haben schon gemeinsam den Chiemsee durchkrault.

    Sportlicher Ehrgeiz hin oder her – warum steigen die beiden freiwillig in das eiskalte Wasser? „Wir fühlen uns dabei super. Etwas Verrücktes muss man doch machen“, sagt Britt Kiefer. Außerdem halte es fit und gesund, ergänzt Manuela Hackel. Dann kreisen sie kurz Arme und Schultern und steigen ins Wasser – so zügig wie andere ins sommerliche Mittelmeer.

    „Die ersten paar Schwimmzüge kämpfen wir mit der Schnappatmung“, hat Britt Kiefer vorher erklärt. Frieren im Wasser sei kein Thema. „Fies kalt ist es nur im Gesicht.“ Kopfsache eben. Dann kraulen die beiden ins Hafenbecken.

    Nach knapp zehn Minuten steigen sie wieder an Land. Ein älteres Paar bleibt stehen und applaudiert, ein Jogger kommentiert: „Krass!“ Eilig trocknen sie sich ab und schmeißen sich in ihre Klamotten. Jetzt kommt der schlimmste Teil. „Das große Zittern“, sagt Manuela Hackel und lacht. Das Frieren danach finden beide „echt ätzend“ und es lasse erst nach, „wenn die Sitzheizung im Auto angeht“.

    Trotzdem machen sie es eiskalt jeden Sonntag wieder. Denn sie haben ein Ziel vor Augen: Sobald Corona es zulässt, wollen sie bei Eisschwimm-Wettkämpfen mitmachen. Vielleicht im November in Novosibirsk.