28Nov2019 Rein geschäftlich

    Ein Tag im Leben eines Schadenregulierers

    Matthias Stieber kommt immer dann zum Einsatz, wenn Kunden ihren Versicherer am dringendsten brauchen: im Schadenfall.

    Von Joscha Seelmann-Eggebert (Text), Anne Hirsch und Niklas Brehm (Video)

    Anwohner haben ein Kinderspielhaus nach dem Sturm notdürftig repariert. Der Ort Langen wurde vom Gewitter Mitte August besonders stark getroffen. Fotos: JSE

    „Jetzt fahren wir in das Katastrophengebiet“, sagt Matthias Stieber, ohne seine Miene zu verziehen. Und ohne zu übertreiben: Als der schwarze R+V-Kombi auf eine Landstraße abbiegt und an einem Waldstück nahe Frankfurt vorbeifährt, sieht man – vieles, nur keinen Wald mehr. Seit einem verheerenden Unwetter klafft an dieser Stelle eine riesige Lücke.

    Am Straßenrand türmen sich Äste. Bei der Weiterfahrt folgen entwurzelte Bäume, umgekippte Strommasten, durchsiebte Rollläden, kaputte Fensterscheiben – eine sogenannte Supergewitterzelle mit Fallböen hat im Kreis Offenbach Mitte August in wenigen Minuten Schäden in Millionenhöhe angerichtet. Selbst den erfahrenen R+V-Außenregulierer, der Tag für Tag die unterschiedlichsten Schäden sieht und begutachtet, macht dieses Ausmaß fassungslos: „Der Wind kam einfach von oben und hat wie eine riesige Fliegenklatsche zugeschlagen. So etwas habe ich hier noch nicht erlebt.“


    Und Stieber muss es wissen: Er kennt in der Gegend jeden Stein. Als er am Tag des Sturms auf die Wetter-App seines Smartphones schaute, war ihm klar: Das wird eine arbeitsreiche Woche. „Ich habe meinem Gruppenleiter geschrieben und gesagt: ‚Du kannst schon mal die Schadenmeldungen sammeln, ich fahre dann bündelweise zu den Kunden‘“, berichtet Stieber. Denn das Gewitter fiel genau in sein Einsatzgebiet.

    Wie Matthias Stieber sind rund 85 Regulierer deutschlandweit verteilt für die R+V im Einsatz. Jeder betreut ein eigenes Gebiet. Das von Matthias Stieber reicht von Frankfurt bis hinunter nach Darmstadt in Südhessen.

    Kollegialität und Kundenservice haben oberste Priorität: Nach dem Unwetter unterstützen 14 Kollegen aus anderen Regionen Stieber in seinem Gebiet. Denn allein wäre es nicht zu schaffen, das große Aufkommen zu bewältigen.

    Drei bis vier Termine am Tag
    Aufmerksamer Zuhörer: Matthias Stieber (rechts) lässt sich von einem R+V-Kunden das Ausmaß der Sturmschäden in dessen Garten schildern.

    E-Mails lesen, mit Kunden telefonieren, Termine durchgehen – der typische Arbeitstag eines Außenregulierers beginnt bereits zu Hause. Doch einen nicht unwesentlichen Teil des Tages verbringt der gelernte Versicherungskaufmann im Auto.

    Die erste Begutachtung führt ihn in ein Wohngebiet in Langen. Die Häuser sind umsäumt von großen Bäumen und dichten Sträuchern. Viele der alten Bäume wurden vom Wind umgeknickt wie Streichhölzer. Einer krachte auf einen Balkon im ersten Stock eines Mehrfamilienhauses. Die Bewohnerin kam mit dem Schrecken davon und ist erleichtert, dass nun alles reibungslos klappt. Doch das ist nicht immer der Fall: „Manche der Betroffenen sind aufgelöst, da muss man schon mal seelischen Beistand leisten“, erklärt Stieber.

    Weiter geht es ins benachbarte Rodgau. Dort sind in einem Garten zwölf Tannen umgefallen, haben eine Garage, den Gartenzaun und Dachziegel beschädigt. Ein kleiner Schuppen ist komplett mit Ästen bedeckt, die Treppe des Swimmingpools hat es aus der Verankerung gerissen. Stieber hört sich alles geduldig an, kalkuliert die Summe parallel im Kopf und kann dem Kunden schon vor Ort die ungefähre Höhe der Erstattung für den Schaden nennen.

    Nach der Begutachtung macht Stieber die Dokumentation der Schäden am liebsten schon im Auto – das spart Zeit.

    Der letzte Fall des Tages führt ihn zwei Straßen weiter. Hier hat vor allem der Hagel zahlreiche Hausfassaden, Fenster und Rollläden in Mitleidenschaft gezogen. Der Besitzer eines Einfamilienhauses atmet nach Stiebers Besuch auf, weil die R+V für die Kosten der Reparaturen aufkommt.

    Nach der Besichtigung beginnt die Arbeit
    Nach der Begutachtung macht Stieber die Dokumentation der Schäden am liebsten schon im Auto – das spart Zeit.

    Nach den Besichtigungen beginnt für Stieber die eigentliche Arbeit: Fotos hochladen und den Schadenbericht erstellen. Die erste Dokumentation macht er am liebsten schon im Auto, wenn es geht. „Dann habe ich hinterher zu Hause nicht mehr so viel zu tun“, sagt er mit der Tastatur auf dem Schoß, während er die Armlehne als Mousepad nutzt. Ein (nicht ganz) gewöhnlicher Tag im Leben eines R+V-Außenregulierers.