Berufserfahrene

    Teilzeit als Frau in einer Männerdomäne? Ein Erfahrungsbericht von unserer Finanzberaterin Belinda

    Belinda Schreibmann absolvierte ihre Ausbildung zur Bankkauffrau 2005 in der Raiffeisenbank Main-Spessart. Es folgte ihre Ausbildung zur Versicherungskauffrau bei der R+V. Heute ist die Finanzberaterin und Mutter eines 5-jährigen Sohnes sehr erfolgreich in Teilbeschäftigung immer noch in der Bank zuhause. Im Interview nimmt sie uns mit in ihren Alltag. Sie berichtet von ihren Herausforderungen in einem männerdominierten Umfeld - von Schlangen an der Männertoilette und Kühlschränken für Eskimos.

    Belinda Schreibmann, Finanzberaterin Versicherungen im Vertriebsweg Bank
    Was macht für dich die Arbeit im Vertrieb aus, was magst du hier besonders gerne – und vor allem: wolltest du das immer schon tun?

    Nein. Nach meiner Ausbildung konnte ich mir keinen Vertriebsjob vorstellen. Ich hatte regelrecht Angst davor und wusste gar nicht, ob ich das überhaupt kann und will. Ich habe mit meinem damaligen Chef offen darüber gesprochen. Er war sehr empathisch und hat mir Mut gemacht. Einem Eskimo einen Kühlschrank verkaufen werde ich jedoch nicht, sagte ich damals zu ihm. Mein Chef hat mich zum Glück darin bestärkt, dass das definitiv kein Ziel der R+V sei. Er wolle keine Verkaufshyäne, sondern eine Person, die sich wirklich um die Kunden und ihre Bedürfnisse kümmert. Und tja, genau das bin ich. So jemanden brauchte die Bank. Sie brauchten und wollten genau mich: Nach meiner Ausbildung. Und auch nach meiner Elternzeit. Diese Menschlichkeit im Team, aber auch im Umgang mit den Kunden ist genau das, was meine Arbeit ausmacht. Auch die direkte Rückmeldung und das Miteinander schätze ich sehr. Erfolgreich bin ich trotz alledem. Sogar überdurchschnittlich.

    Das Jobumfeld im Versicherungsvertrieb ist noch männerdominiert. Wie nimmst du das wahr, und was waren bisher für dich die größten Herausforderungen diesbezüglich in deinem Job?

    Da fällt mir direkt eine Anekdote ein (lacht): Kollegen und ich waren einmal in einem Bus gemeinsam auf dem Weg zu einer Veranstaltung. Als es eine Pause gab, unterhielt ich mich während des Wartens mit einem Kollegen. Auf einmal realisierte ich, dass ich in einer sehr langen Schlange an der Männertoilette anstand. Ich musste lachen, denn sonst stehen doch immer wir Frauen an der Toilette an.

    Und ja, unsere Branche ist noch sehr männerdominiert. Früher war das herausfordernder. Oft bin ich auf wenig Verständnis gestoßen. Der Anteil an Frauen wird nun aber größer. Das brauchen wir auch. Heterogene Teams bringen unterschiedliche Denk- und Herangehensweisen an einen Tisch. Nur so können wir uns mit unseren Kunden auf Augenhöhe gemeinsam weiterentwickeln und noch spezifischer auf die Anforderungen im Markt eingehen. Gleichzeitig gibt es wenig Mütter in diesem Jobumfeld – die Vorbilder fehlen einfach noch, teilweise auch noch die Strukturen (seufzt).

    Wie lässt sich deine Teilbeschäftigung mit den Erwartungen und Wünschen von Kunden und Vertriebspartnern vereinbaren?

    Es ist schon sehr herausfordernd, in dieser reduzierten Teil-Arbeitszeit alles unter einen Hut zu bekommen. Aber ich habe von Anfang an alle eingebunden und klar kommuniziert, wie meine Arbeitszeiten (Ausnahmen eingeschlossen) sind und in dieser gebe ich natürlich alles. Die Akzeptanz ist da. Viele meiner Kunden schätzen es zudem, dass ich Mutter bin, gerade wenn sie in gleicher Situation sind. Oft werde ich direkt gefragt, welche Versicherungen ich für mein Kind, für meine Familie abgeschlossen habe. Diesen Vertrauensvorschuss schätze ich sehr.

    Wie vereinbarst du Job und Familie?

    Die R+V gibt viele Freiheiten und Benefits, wie u.a. 30 Tage Urlaub plus Sonderurlaube. Auch Weihnachten und Silvester sind arbeitsfrei.  Zudem kann ich die Hälfte meiner Arbeitszeit von zuhause arbeiten. Das macht es mir im Hinblick auf die Betreuung meines Sohnes, auch bei Krankheit, einfacher.

    Braucht es deiner Meinung nach mehr Frauen in Teilbeschäftigung im Vertrieb als Vorbilder für andere Frauen?

    Oh ja. Ich wünsche mir immer wieder mehr Verständnis. Und das würde sich automatisch entwickeln, wenn Teilbeschäftigung, bei Frauen und Männern, im Vertrieb selbstverständlicher ist. Wenn die Leistung und der Mensch ausschließlich im Vordergrund stehen. Nicht die Stunden, die im Vertrag stehen. Bei den Strukturen, also Gebietsaufteilungen, Zielvorgaben und Wettbewerbsbedingungen, bin ich zuversichtlich, dass diese noch besser werden.

    Welche Tipps hast du für Frauen, die im Vertrieb gerne Karriere machen möchten?

    Auf jeden Fall authentisch und menschlich sein und von Anfang an für die eigene Situation einstehen. Sich eine Mentorin oder einen Mentor zu suchen oder sich mit anderen Frauen zu vernetzen, schafft ebenfalls Verständnis und Power.

    Vielen Dank, Belinda, für diesen offenen und authentischen Austausch. Wir wünschen dir weiterhin alles Gute!

     

    Belinda mit ihrer Kollegin Juliane Scheuner von der Raiffeisenbank Main-Spessart eG

    Teamwork mit Jürgen Brand von der Raiffeisenbank Main-Spessart

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    von Sonja Thonfeld