26Jul2023 Rein geschäftlich

    Zahnweh auf Mallorca

    Ein Team von 15 Mitarbeitenden reguliert Arztrechnungen von Versicherten, die im Auslandsurlaub krank werden. Ein Job, der viel Erfahrung verlangt.

    Von Frank Senger

    Mit einem häufigen Irrtum räumt Simone Fey-Ruf sofort auf. „Die Sommerferien sind kein besonderer Höhepunkt bei der R+V-Auslandsreise-Krankenversicherung. Wir haben das ganze Jahr über gut zu tun.“ Die Gruppenleiterin im Leistungsmanagement Kranken und ihre 14 Mitarbeitenden bearbeiten alle Rechnungen, die Touristen für eine ärztliche Behandlung im Ausland einreichen. „Direkt nach Ende der Sommerferien verreisen Kinderlose oder Familien mit kleinen Kindern. Im November beginnt die Asiensaison und dann geht auch schon die neue Skisaison los.“

    16.000 Rechnungen aus 120 Ländern

    Folglich trudeln das ganze Jahr über permanent Rechnungen von Ärzten und Kliniken aus aller Welt in Wiesbaden ein. Allein im vergangenen Jahr waren das 16.000 Stück aus 120 Ländern – ausgestellt in 93 verschiedenen Währungen. „Es ist alles dabei, von einer einfachen Magenverstimmung und Zahnbehandlungen bis hin zum komplexen Notfall mit Krankenrücktransport“, berichtet Heike Fritzel, Beraterin Kranken Leistung. Die häufigsten Länder, aus denen Abrechnungen stammen, sind die klassischen Urlaubsziele Spanien, Österreich und Türkei. Es folgen Italien, Griechenland, Ägypten und die USA.

    Der bisher teuerste Schadenfall

    Für den bislang teuersten Schadenfall der R+V-Auslandsreise-KV sorgte 2012 eine Touristin, die sich in Lhasa (Tibet) für zwei Wochen zum Meditieren aufhielt. Auf über 4.000 Metern Höhe trat bei der 60-Jährigen, die keine bedeutenden Vorerkrankungen hatte, plötzlich ein lebensbedrohliches Lungenödem auf. Ein Ambulanzflug nach Hongkong, die dortige Krankenhausbehandlung sowie ein Ambulanzflug nach Dresden kosteten unter dem Strich 816.000 Euro – viel Leistung für einen Beitrag von 11,50 Euro. ​

    Magen-Darm ist häufigste Erkrankung

    Auf der inoffiziellen „Hitliste“ der häufigsten Erkrankungen stehen ganz oben Magen-Darm-Erkrankungen. Große Hitze und mangelnde Hygiene sind hier die Auslöser. Danach folgen Unfälle aller Art, zum Beispiel beim Wandern, Ski- oder Radfahren, Atemwegserkrankungen, Herz-Kreislaufprobleme und Zahnbehandlungen.

    Die Rechnungen dafür kommen in der Regel per Post nach Wiesbaden. „Wir benötigen das Original in Papierform“, erläutert Fritzel. „Nur so können wir Doppel-Einreichungen, beispielsweise an die Krankenkasse oder einen Schutzbriefanbieter, vermeiden. Das geht leider nicht per E-Mail oder über unsere Scan-App, auch wenn das für die Kunden deutlich bequemer wäre.“

    Eine Auslandsreise-Krankenversicherung lohnt sich. Zwei Beispiele:

    Ein Harnwegsinfekt in Spanien kostete mit Untersuchung, Labor und Medikamenten 505 Euro. Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) hatte in diesem Fall 140 Euro übernommen. Den Restbetrag (Eigenanteil) von 365 Euro die Auslandsreise-Krankenversicherung. 

    Deutlich höher kann der Eigenanteil zum Beispiel bei einem Skiunfall in Österreich mit einer Fraktur des Schienbeinkopfes inklusive Pistenrettung, Operation und Rücktransport nach Deutschland sein. Hier können unterm Strich schon mal mehr als 14.000 Euro an Eigenanteil anfallen, den der Betroffene ohne Auslandsreise-KV selbst tragen muss. 

    Viel Erfahrung gefragt

    Für den Job müssen die Mitarbeitenden Allrounder mit großer Erfahrung sein. Zu vielfältig sind die Abrechnungen aus den jeweiligen Ländern. Deshalb gibt es kaum technische Hilfen für die Bearbeitung, sodass auch die medizinischen Berichte oft einzeln übersetzt und ausgewertet werden müssen. „Wir sorgen für eine gute Grundausbildung unserer Mitarbeitenden“, betont Gruppenleiterin Fey-Ruf. „Den größten Teil des erforderlichen Know-hows eignet man sich aber im Laufe der Zeit durch Routine an.“

    Dieser Erfahrungsschatz ist aus mehreren Gründen wichtig. So sehen in jedem Land die Abrechnungen unterschiedlich aus – obwohl viele bereits in Englisch ausgestellt sind. Zudem müssen Fey-Ruf und ihr Team oft schnell mit einem Rat zur Seite stehen. Zwar gibt es als zentrale Anlaufstelle für Auslandsnotfälle beim RSC in Wiesbaden, die rund um die Uhr erreichbare Assistance Notrufzentrale. Hier werden die meisten Notfälle bearbeitet. Aber manchmal klingeln beispielsweise Außendienstkollegen direkt in der Leistungsabteilung durch, wenn etwa einer ihrer Kunden eine medizinische Behandlung benötigt.

    Und nicht zuletzt brauchen die Kollegen ein geschultes Auge für dubiose Abrechnungen. Denn unter den Einreichern sind gelegentlich auch schwarze Schafe und nicht jeder Posten auf der Abrechnung muss auch korrekt sein.


    Nach Corona-Flaute herrscht wieder Hochbetrieb

    Auch wenn es keine spezielle Hochsaison im Jahr für ausländische Arztrechnungen gibt, erwartet Fey-Ruf in diesem Jahr einen kräftig gestiegenen Posteingang: „Wegen der Corona-Pandemie herrschte die Jahre 2020 und 2021 natürlich eine Flaute. 2022 war fast schon wieder ein ganz normales Reisejahr. Und 2023 dürfte richtig viel los sein, das merken wir schon jetzt. Die Bürger sparen wegen Rezession und Inflation an vielen Dingen, aber offensichtlich nicht an Reisen. Für alle Fälle hat das Team aber auch ein stabiles Standbein im Inlandsgeschäft. Denn gerade die Pandemie hat gezeigt, dass man nie sicher sein kann, wie sich die Posteingänge entwickeln.“

    So kann eine Auslandsreise-KV der R+V abgeschlossen werden

    Einen kostengünstigen Schutz gibt es bei der R+V über verschiedene Wege. Das Standard-Produkt, das auch online abgeschlossen werden kann, ist die Dauerpolice - Tarife FernWeh für Einzelpersonen (ARED) / Fernweh Familie (ARFD). Außerdem gibt es die Blockpolice (Tarif JR), die Versicherungsschutz für ein Kalenderjahr bietet. Auch für privat Vollversicherte kann der zusätzliche Abschluss einer Auslandsreise-KV sinnvoll sein, wenn etwa ein Selbstbehalt vereinbart oder eine Beitragsrückerstattung möglich ist. Zudem gibt es Zusatzversicherungen mit integrierter Auslandsreise-KV, beispielweise Tarif EG3R - unter anderem für Mitarbeitende der R+V. Knapp 2,8 Millionen Kunden haben einen Auslandsreise Versicherungsschutz, den Kreditkarten der Volksbanken und Raiffeisenbanken (zum Beispiel GoldCard) beinhalten.

    Bei Notfällen im Ausland

    Mit der R+V-ArztSuche-App können Versicherte schnell an ihrem Urlaubsort einen Arzt im Ausland finden. Zudem gibt es bei Notfällen folgende Kontaktmöglichkeiten bei der R+V: Telefon: +49 (0) 611 533-6290, Fax: +49 (0) 611 533-6400 und E-Mail: gesundheit-weltweit@ruv.de​.