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Regulieren im Katastrophen-Gebiet
Nach der Flut: R+V-Schadenreguliererin Ann-Kathrin Klas unterwegs zu betroffenen Kunden.
Von Brigitte Römstedt und Frank Senger
Als Ann-Kathrin Klas am Samstag die ersten R+V-Kunden in Bad Neuenahr-Ahrweiler besucht, ist die 30-jährige Schadenreguliererin fassungslos: „Das sind ja nicht die ersten Unwetterschäden, die ich besichtige. Aber eine solche Katastrophe hätte ich mir nicht vorstellen können“. Starkregen hat in der Nacht zum Donnerstag das Flüsschen Ahr in einen reißenden Strom verwandelt und das gesamte Ahrtal verwüstet. Diesen Arbeitstag wird Klas ganz sicher nie vergessen.
In der rheinland-pfälzischen Kleinstadt zwischen Koblenz und Bonn bedeckt stinkender Schlamm zentimeterdick die Straßen, Öl-Geruch liegt in der Luft. Vor den Häusern wachsen die Müllberge an. Nachdem der größte Teil des Wassers abgelaufen ist, räumen die Bewohner die überfluteten Zimmer aus. Draußen türmen sich zerstörte Möbel, Elektrogeräte, Teppiche und Matratzen. Dazwischen Erinnerungsstücke, an denen das Herz hängt: Der Kuschel-Teddy, das Lieblingskleid, die geerbte Kommode aus der Gründerzeit.
30.000 Menschen in der Region sind ganz oder teilweise ohne Wasser, Strom oder Gas, auch die Mobilfunknetze brechen zeitweise zusammen. Bei den Kunden, die Ann-Kathrin Klas telefonisch erreichen konnte, hat sie bereits am Donnerstag ihren Besuch angekündigt. Eine feste Uhrzeit hat sie nicht vereinbart: „In dieser Ausnahmesituation kann ich gar nicht abschätzen, wie lange eine Besichtigung dauert. Aber es ist ohnehin jeder zuhause und versucht, irgendwie Ordnung in das Chaos zu bringen.“
Da viele Straßen gesperrt und nur noch für Rettungsfahrzeuge zugänglich sind, parkt Klas außerhalb des am stärksten betroffenen Stadtgebiets. In Gummistiefeln macht sie sich auf den Weg zum ersten Kunden. Dabei muss sie vorsichtig sein, der Schlamm ist glatt wie Schmierseife. Autos, die die Flut aufgespült hat, stehen kreuz und quer, teilweise hochkant an Zäunen oder Mauern. Eine Frau, die sichtlich geschockt inmitten ihres zerstörten Hausrats sitzt, ruft ihr zu: „Alles ist weg, wir haben nichts mehr.“
Doch bei aller Trostlosigkeit gibt es auch Hoffnung. Mit der Unterstützung zahlloser Helfer packen die Bewohner tatkräftig an, räumen zerstörtes Inventar aus, schippen die Schlammmassen aus den Fenstern, retten, was noch zu retten ist. Der erste Kunde, ein Mitarbeiter der örtlichen Volksbank, ist sehr gefasst, empfängt Klas mit einem Lächeln. Er freut sich, dass so schnell Hilfe kommt: „Gut, dass Sie da sind. Soll ich Ihnen gleich alles zeigen?“ Sein Haus steht etwa hundert Meter Luftlinie von der Ahr entfernt, das Wasser hat den Keller und das Erdgeschoss mit der Küche und dem Esszimmer bis zu einer Höhe von 1,50 Meter überflutet. In der Nacht ist er mit seiner Familie in den Wohnräumen im ersten Stock, als ihn nach Mitternacht ein Plätschern weckt: „Unten stand das Wasser schon kniehoch, im Fünf-Minuten-Takt stieg es zwei Treppenstufen weiter.“ Die bange Frage: „Sind wir in Sicherheit? Zum Glück stoppte das Wasser vor den Wohnräumen im ersten Stock.“ Seine kleine Tochter ist auch wach geworden, blickt durch das Fenster auf die Wassermassen, die das Hab und Gut der Menschen mit sich tragen und ruft: „Papa, Flaschenpost!“ Das bleibt ihm in Erinnerung.
Es gibt auch Hoffnung
Bevor Klas mit der Bestandsaufnahme beginnt, hört sie sich alles an, tröstet: „Wir bekommen das wieder hin“. Dann geht sie mit dem jungen Familienvater durch die verwüsteten Räume, macht sich Notizen. Die immer wiederkehrende Frage: „Dürfen wir das zerstörte Inventar entsorgen?“ Klas gibt grünes Licht: Niemand muss in dieser Situation etwas aufheben. Doch später sei eine Bestandsaufnahme notwendig, erklärt die Schadenreguliererin: „Es muss nicht jeder Teller einzeln aufgelistet werden. Aber natürlich müssen wir wissen, was zerstört wurde, damit wir den Schaden ersetzen können. Auch Fotos helfen uns weiter.“ Der Keller, in dem die zerstörte Gasheizung steht, ist noch nicht begehbar. Klas kündigt für Anfang der Woche eine Sanierungsfirma an, die sich um die Schäden am Haus kümmert: „Wir haben das Unternehmen bereits im Vorfeld beauftragt, damit unsere Kunden nicht lange warten müssen. Jetzt sind in der Region kaum noch Handwerker zu bekommen.“
Trösten und Hilfe anbieten
Weiter geht es zu den nächsten Kunden: Auch im Haus eines älteren Ehepaars hat das Wasser das Erdgeschoss überflutet. Im Wohnzimmer sind alle Fenster zersplittert, die aufgeschwemmten Möbel haben die Scheiben zerschlagen. Der 79-jährige Hausherr ist von dumpfen Schlägen wach geworden, als das Wasser die im Hof parkenden Autos in Wellen gegen die Hauswand drückt. „Ich wohne schon mein ganzes Leben hier im Ort, so etwas habe ich noch nie erlebt. Das sieht aus wie nach einem Tsunami.“ Dennoch ist er dankbar: „Anderen geht es viel schlimmer. Vielerorts hat die Flut ganze Häuser zerstört. Viele Menschen wurden von den Fluten mitgerissen oder sind in ihren Wohnungen ertrunken – auch bei uns im Ort. Wir sind froh, dass wir die Katastrophe überlebt haben.“ Er lächelt oft, auch wenn ihm dabei manchmal die Tränen in den Augen stehen. Das beeindruckt auch Ann-Kathrin Klas: „Menschen, die viel verloren haben, sind oft sehr tapfer und gefasst. Das habe ich auch schon nach verheerenden Brandschäden erlebt.“
Obwohl die Verwüstungen und die Not der Kunden die Schadenreguliererin erschüttern, bleibt sie im Gespräch professionell, tröstet, bietet schnelle Hilfe an. Auch zu dieser Familie wird die Sanierungsfirma bereits in den nächsten Tagen kommen. Außerdem verspricht Klas eine rasche Vorauszahlung, damit die Kunden die Kosten für lebensnotwendige Ausgaben decken können. Die Tochter der Hausbesitzer, die ihren Eltern aus Stuttgart zur Hilfe geeilt ist, ist besorgt, dass nach dem Besuch noch Fragen offen sind. Klas verspricht, dass sie jederzeit per Telefon oder Mail erreichbar ist. Das beruhigt.
Die nächste Kundin hat mehr Glück gehabt. Ihr Haus liegt etwas höher, die Wohnung ist unversehrt geblieben, auch das liebevolle restaurierte Fachwerk am oberen Teil des Hauses. Überflutet wurde jedoch die kleine Einliegerwohnung im Souterrain. Dort versinken die Habseligkeiten der Mieterin im dicken Schlamm. Sorgen macht sich die Kundin auch um ihre Autos, die nach der Überflutung nicht mehr anspringen. Klas beruhigt: Diese Schäden übernimmt die Kasko-Versicherung. Auf die Versicherung, bei der ihr stark beschädigtes Geschäft für Raumausstattung versichert ist, wartet die Unternehmerin noch: „Bisher hat sich nur die R+V gemeldet“.
Die Realität ist viel schlimmer
Am Ende des Tages ist Ann-Kathrin Klas völlig erschöpft: „Diese Not hautnah zu erleben, ist seelisch schon sehr belastend. Die Realität ist noch viel dramatischer als es die Bilder vermitteln können, die ich vorher in Zeitungen und im Fernsehen gesehen hatte.“ Aber sie ist auch froh, dass sie helfen kann. „Alle Kunden haben mir erzählt, dass die R+V als erste Versicherung vor Ort war. Das bleibt hängen.“
Auf der Heimfahrt kommt in den Verkehrsnachrichten die Meldung, dass im Ahrtal Menschen mit Megaphonen durch die Straßen fahren und das Gerücht verbreiten, ein Damm sei gebrochen. Anwohner flüchteten daraufhin teilweise panisch aus ihren Häusern. Angesichts des großen Leids der betroffenen Menschen fehlen für solche Aktionen und Falschmeldungen die Worte.
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