Stress scheint allgegenwärtig, was ist deine Einstellung dazu?
Naja, ich spreche da gerne von einer „Stresseinladung“. Diese ist tendenziell etwas, was ich auch ablehnen kann. Stress an sich ist erstmal nicht schlecht. Wenn wir am Anfang der Stressreaktion sind, dann werden wir wacher, also dann wird das Gehirn leistungsfähiger, es investiert Energie, um besser Leistung abrufen zu können. Das Problem: Wenn wir stress haben, können wir schlechter in die Regeneration gehen. Zudem entsteht Stress auch dadurch, dass die Menge an Informationen und Themen so übermächtig sind und wir zum einen kaum gelernt haben uns da richtig abzugrenzen, zum anderen haben wir nicht immer gelernt damit gut umzugehen. Leider gibt es kein Unterrichtsfach „Emotions- und Stressmanagement“ über den Umgang mit internen und externen Stressoren. Das wäre sehr hilfreich.
Vielleicht kannst du ein wenig Inhalte dieses Kurses skizzieren.
Wenn zum Beispiel jemand sagt: "Ich habe Stress auf der Arbeit und danach beginnt der Freizeitstress", was würdest du dieser Person als Coach raten?
Ich würde genauer nachfragen. Da höre ich den inneren Antreiber „sei perfekt“, immer alles schaffen zu müssen; und den Antreiber „mach schnell“, also möglichst schnell vom einen zum anderen und keine Zeit zu verlieren. Da höre ich raus „mache es allen recht“. Das gilt es zu Reflektieren.
Zum Stress auf der Arbeit - Wie kommt er zustande? Ist das der Workload, geht es um Über- oder Unterqualifizierung? Ist es permanent nicht zu schaffen, oder bestehen Unsicherheiten?
Zum Freizeitstress: Was davon kann ich wählen und wie viel kann ich weglassen? Ich als Coach würde der Person raten erstmal zu sortieren. 50% von Coaching sind sortierarbeiten. Ich würde fragen: Ist das jeden Tag so, ist das mal mehr oder weniger? Ist das in allen Bereichen so? Die Aussage „ich habe stress auf der Arbeit“ ist universell: Wer nicht? Ist das zu viel Stress, oder aktivierender Stress? Ist das dysfunktionaler Stress? Da muss man in die genaue Analyse gehen.