20Mär2024 100 Jahre

    Tiny Houses für Wohnungslose

    Die schlechtesten Chancen auf eine Wohnung haben die, die auf der Straße leben. Wie zwei Tiny Houses Menschen ohne Obdach jetzt den Start in ein stabiles Umfeld ermöglichen – auch dank der MissionMiteinander.

    VON EVA KUSCHFELDT

    Aktiv in der Rente: Hans van Dormalen hat seine Idee vom Tiny House für Wohnungslose… (Copyright Foto: Hans van Dormalen)

    Geduld und Beharrlichkeit zahlen sich häufig aus. Im Fall von Hans van Dormalen und Simone Knipping, die sich vor vier Jahren in den Kopf gesetzt hatten, Geld für ein Tiny House als Obdachlosen-Wohnprojekt zu sammeln, sogar ganz besonders. Denn der Plan ging gleich doppelt auf. Mit den Spenden der MissionMiteinander konnten sogar zwei Mini-Häuser finanziert werden. Seit Februar ist es soweit: Die Abnahme durch verschiedene Sachverständige ist erreicht. Die Tiny Houses können bezogen werden. Mit möglichen Bewohnern und mit den zuständigen Experten der Selbsthilfeorganisation für Obdachlose bodo e.V. laufen bereits Gespräche. Der Verein ist eine wichtige Anlaufstelle für Wohnungslose in Dortmund und Bochum. Er organisiert den Einzug in die Tiny Houses und hilft im Anschluss beim Beantragen von Personalausweis, Krankenversicherung oder ähnlichen Dokumenten.

    …gemeinsam mit seiner ehemaligen Mitarbeiterin Simone Knipping doppelt verwirklicht. (Copyright Foto: AWO Dortmund)

    Als ehemaliger Pflegeheimleiter der Arbeiterwohlfahrt (AWO) begegnete Hans van Dormalen Wohnungslosen in seinem Berufsleben immer wieder. Weil ihre Schicksale ihn immer wieder tief berührten, stand für ihn fest: Seinen Ruhestand möchte er den Menschen auf der Straße widmen, ihnen bestenfalls gemeinsam mit seiner ehemaligen Mitarbeiterin Simone Knipping und seinem ehemaligen Arbeitgeber einen Weg aus der Wohnungslosigkeit bieten. Weil er den schwierigen Wohnungsmarkt in seiner Stadt kennt, kam Knipping und ihm die Idee, diesen zu ergänzen – mit einem kleinen, mobilen Haus im Grünen, eigenem Wasser- und Stromanschluss: ein Tiny House auf Rädern eben.

    Sie leben hier in netter Nachbarschaft."
    Cordula von Koenen
    Leiterin der Verbands- und Öffentlichkeitsarbeit der AWO Dortmund
    Die eigenen vier Wände in sozialer Umgebung
    Cordula von Koenen unterstützt das Projekt als Pressesprecherin bei der AWO Dortmund. (Copyright Foto: AWO Dortmund)

    Für die beiden Tiny Houses hat Hans von Dormalen bewusst einen besonderen Ort ausgesucht: Die Gärten der AWO-Pflegeeinrichtungen sind für ihn das ideale Sprungbrett in den hart umkämpften Wohnungsmarkt in Dortmund. „Es wäre wahnsinnig, so ein Haus an die Straße oder auf ein eigenes Grundstück zu stellen“, findet der ehemalige Pflegeheimleiter. Das soziale Umfeld und die Sicherheit hier waren ausschlaggebend für die Standortwahl. Auch die AWO war direkt überzeugt: „Erstens können die Bewohnerinnen und Bewohner bei kleineren Problemen jederzeit über die Pforte Hilfe bekommen“, erklärt Cordula von Koenen, Leiterin der Verbands- und Öffentlichkeitsarbeit der AWO Dortmund. „Und zweitens leben sie hier in netter Nachbarschaft, in unmittelbarer Nähe zu den Bewohnern im Pflegeheim.“

    Aus eins mach zwei – mit viel Geduld und genügend Spenden

    Doch Baustoffe, technische Ausstattung und weitere Baukosten wollen bezahlt werden. Mit dem AWO-Vorstand organisierten van Dormalen und Knipping gemeinsam mehrere Spendenaktionen, die mit Mühe einige tausend Euro einbrachten. Über Umwege erfuhren sie von der gerade gestarteten MissionMiteinander – und bewarben sich direkt. Im Rahmen der Mitarbeiter-Abstimmung kam die benötigte Summe von 50.000 Euro tatsächlich zusammen. Das war für beide eine „Riesenfreude und Überraschung“ – und spornte sie weiter an, findet Simone Knipping: „Der große Zuspruch aus der MissionMiteinander hat uns motiviert, für ein zweites Tiny House weiter zu sammeln.“ Mit Geldern der Freien Wohlfahrtspflege Deutschland kamen schließlich insgesamt 150.000 Euro zusammen, genug, um hochwertige und langlebige Baumaterialien, funktionale Sanitäranlagen, Arbeitskräfte und alle bürokratischen Angelegenheiten wie Baugenehmigung und Co. zu finanzieren.

    Dank der MissionMiteinander bieten die Tiny Houses eine Übernachtungsmöglichkeit in den Gärten der AWO-Pflegeeinrichtungen. (Copyright Foto: AWO Dortmund)

    Zum Hintergrund: Im Zuge der MissionMiteinander vergab die R+V insgesamt 1,6 Millionen Euro an soziale und gemeinnützige Projekte, die sich für eine bessere Zukunft einsetzen. In einer Abstimmung konnten die Mitarbeitenden für ihre Favoriten stimmen und so direkt die Projektförderung mitbestimmen. Anlass war das 100-jährige Jubiläum der R+V.

    Was passiert eigentlich mit den Tiny Houses der R+V?

    Eines der beiden TinyHouses, mit denen die R+V die MissionMiteinander-Projekte besuchte, wurde an das Stadtteilzentrum Schelmengraben abgegeben. Das zweite soll im Mai an ein weiteres Projekt der MissionMiteinander in Würzburg gehen.