02Feb2024 100 Jahre

    Was aus Müll alles werden kann

    Wiesbadener Schüler sammeln mit Begeisterung Müll. Die MissionMiteinander hat das Projekt gefördert.

    VON EVA KUSCHFELDT

    Unzählige Verpackungen, leere Flaschen, alte Kleidung – wenn man einmal darauf achtet, liegen überall achtlos weggeworfene Gegenstände. Zum Glück sind an diesem sonnigen Herbsttag in Wiesbaden die vierten Klassen der Ludwig-Beck-Schule unterwegs, um ihren Bezirk von den Abfällen zu befreien. 

    „Warum schmeißen Menschen Müll auf den Boden?“ Diese Frage aus dem Schülerpublikum können Susanne und Stefan Haas nicht beantworten, als sie sich und ihre Stiftung im großen Musikraum vorstellen. Doch egal, welche Gründe das unvernünftige Verhalten der Erwachsenen hat: Die beiden Erwachsenen halten gemeinsam mit den Kindern dagegen.

    Vor wenigen Jahren hat das Ehepaar die Stiftung PIENSA! für Naturschutz und Naturbildung gegründet. „Wir haben in unserem Sabbatical gelernt, dass man mit langem Atem und Nachdruck viel verändern kann. Das hat uns auf die Idee gebracht, auch hier etwas zu verändern“, erklärt Stiftungsmanagerin und R+V-Mitarbeiterin Susanne Haas. Seit 2018 finanziert das Ehepaar über die Stiftung etwa Stipendien für Freiwillige, die sich im Ausland engagieren und arbeitet mit Kooperationspartnern an zahlreichen Projekten im In- und Ausland.

    Wir haben in unserem Sabbatical gelernt, dass man mit langem Atem und Nachdruck viel verändern kann."
    Susanne Haas
    Stiftungsmanagerin PIENSA! und R+V-Mitarbeiterin

    Susanne und Stefan Haas besuchen mit PIENSA! Schulen.

    Das Ziel: Schüler für Naturschutz sensibilisieren.

    Hier erklärt Susanne Haas den Ablauf der Sammelaktion.

    Schulen in sozialer Bedarfslage unterstützen

    In Wiesbaden konzentrieren sie sich vor allem auf Schüleraktionen und mehr Nachhaltigkeit an Schulen: „Junge Menschen erfahren damit, wie viel sie mit ihrem Tun verändern können“, sagt Stefan Haas. An zwei Wiesbaender Grundschulen war das Ehepaar schon aktiv – finanziell unterstützt von der MissionMiteinander. Die R+V hatte zum 100. Geburtstag im Jahr 2022 insgesamt 1,6 Millionen Euro an soziale und gemeinnützige Projekte vergeben, die sich für eine bessere Zukunft einsetzen. 

    Heute nun sind Susanne und Stefan mit ihrem „SwopShop Weltverändern“ an der Ludwig-Beck-Schule zu Gast. „Sie liegt in Gräselberg und damit in einem Stadtteil mit sozialer Bedarfslage“, erklärt Stefan Haas. „Wir haben absichtlich Schulen gewählt, die sich solche Aktionen und die späteren Exkursionen in die Natur nur selten leisten können.“ 

     

    Recycling für Geschenke

    Ausgerüstet mit Kinderhandschuhen, Greifern, Eimern und Mülltüten treten drei Klassen verschiedene Routen rund um die Schule an –  mit dem Wissen, dass der gesammelte Müll am Ende gegen Ausflüge für die ganze Klasse eingetauscht wird. Motivation genug, auf dem Weg alles einzusammeln, was nicht auf den Boden, die Parkbank oder den Spielplatz gehört – von meterlangen Kartonteilen bis zu winzigen Kippenstummeln. Ein Anwohner freut sich über den Tatendrang der Kinder: „Daran könnten sich die Erwachsenen ein Beispiel nehmen!“
     

    Vorbereitung ist alles: Greifer, Eimer, ...

    ... Handschuhe ...

    ... und natürlich ein Geländeplan sind wichtig.

    Die Kinder sind mit Eifer dabei.

    Besonders im Gebüsch findet sich viel Müll.

    Das wird ein Schlüsselanhänger für meine Mama.“
    Eine junge Sammlerin

    Ins Visier einer Gruppe besonders engagierter Schüler fällt sogar ein ganzer Schrank, der eigentlich in den Sperrmüll gehört – leider passt er nicht in die Mülltüten und bleibt, zumindest ordentlich zur Seite gestellt, neben einem Wohnblock zurück. Eine junge Sammlerin rettet währenddessen mit Begeisterung einen Plastikstern vor der Tonne: „Das wird ein Schlüsselanhänger für meine Mama.“ Denn nicht alles, was andere wegwerfen, muss Abfall sein.

    Müll? Pah! Hieraus wird ein Schlüsselanhänger.
    Müllschätze gesucht

    Im Eimer für „Müllschätze“ soll jede Klasse recycelbare Plastikverpackungen aller Art gesondert sammeln. Sie füllen sich mit leeren Chipstüten, Caprisonne und Schokoriegeln. Die tollen Dinge, die daraus werden können, bekommen alle Sammler zum Schluss als Upcycling-Geschenk: Von Federmappen aus Milka-Verpackungen bis zu Portemonnaies aus Tetrapacks.

    Zum Müllwiegen schleppen die Helfer am Ende der Aktion kiloweise Abfall auf den Pausenhof. Ein Ausflug als Preis ist für alle sicher, eine kleine Siegerehrung gibt es trotzdem. „Hätten wir doch nur den Schrank mitgenommen“, ärgert sich ein Schüler, als die Parallelklasse etwas mehr auf die Waage bringt. Denn auch, wenn am Ende alle gewinnen: Ein bisschen Ehrgeiz beim Müllsammeln schadet nie.

    Wertvolles landet im Müllschätze-Eimer.

    Am Ende wird gewogen: Wer hat am meisten in der Tüte?

    Hier gibt's die Belohnung: Etuis und ähnliches aus Müll.

    Die MissionMiteinander und ihre Projekte

    „SwopShop Weltverändern“ ist eines von 339 Zukunftsprojekten der MissionMiteinander. Die R+V hatte zu ihrem 100. Geburtstag im Jahr 2022 insgesamt 1,6 Millionen Euro für Projekte bereitgestellt, die eine bessere Zukunft schaffen. Die 17.000 R+V-ler konnten für ihr Lieblingsprojekt abstimmen – und je mehr Kolleginnen und Kollegen einem Projekt ihre Stimme gegeben haben, desto höher fiel die finanzielle Unterstützung aus.